Wenn ein neues Wesen das Licht der Welt erblickt, spielen die Gefühle Achterbahn.
Hintergrund

Geburtsbeginn: Schau, du siehst langsam den Kopf!

Die Geburt ist eines der intensivsten, emotionalsten und eindrücklichsten Erlebnisse im Leben einer Frau. Egal, ob sie positiv oder negativ behaftet ist, es ist ein Einschnitt ins Leben und stellt es auf den Kopf. So auch bei Fabienne und Peter. Ich, Norina Wartmann, bin Hebamme und erzähle euch die Geschichte von diesem Paar. Sie erwarten demnächst ihr erstes Kind und die Gefühle spielen Achterbahn.

In meinem ersten Bericht «Juhuii, wir sind schwanger oder Hilfe unsere Welt steht Kopf?» habe ich euch mit Fabienne und Peter bekannt gemacht. Das Paar hat sich für eine Geburt im Spital entschieden. Ich bin ihre Beleghebamme und begleite sie bei diesem tollen Abenteuer bereits seit Schwangerschaftsbeginn. Letztes Mal im Bericht «Oh, meine Fruchtblase ist geplatzt!» stand die Geburt von ihrem ersten Kind kurz bevor. Und jetzt ist es soweit, es geht los!

Zur Vorgeschichte:

Die Ruhe vor dem Sturm

Fabienne konnte etwas schlafen und Peter ist zurück. Aus dem geplanten Skiurlaub wurde leider nichts. So ist das nun mal mit Kindern, die stellen die Welt bereits auf den Kopf bevor sie sie erblicken. Ich kontrolliere die Herztöne des Babys und nehme Fabienne Blut ab, um ihre Entzündungswerte zu kontrollieren. Seit dem Blasensprung sind nun 12 Stunden vergangen.

«Um 16 Uhr habe ich noch einen Termin beim Osteopathen. Ich würde gerne hingehen, da es mir sehr gut tut. Ist das in Ordnung?», fragt Fabienne.
Gegen einen Termin beim Osteopathen spricht nichts. Im Gegenteil, sie bewirken oft Wunder. Vor allem auch wenn Kreuzschmerzen vorhanden sind. Sie können aber auch das Becken richten, um das Kind in eine optimale Position für die Geburt zu bringen.

Am Telefon sagt mir Fabienne, dass die Osteopathie ihr gut getan hat und sie seither mehr Kontraktionen hat. Ausserdem nimmt sie teelöffelweise Rizinusöl zu sich, um die Wehentätigkeit zu fördern.

Es ist halb 3 Uhr morgens, als das Telefon klingelt. Es ist Peter. Fabienne habe nun regelmässige Wehen, welche auch länger anhalten würden und sie würden sich auf den Weg ins Spital machen. Da ich ihre Beleghebamme bin, mache auch ich mich auf den Weg.

Wann ins Spital?

Im Spital angekommen

Umgang mit Schmerzen

Ich muss Fabienne versprechen, dass sie eine PDA bekommt, falls es nach der Infusion nicht weitergeht. Sie flucht, während Peter mit seinen Gefühlen kämpft, aber sich dennoch liebevoll um Fabienne kümmert und darauf achtet, dass sie in den Wehenpausen alles locker lässt und entspannt. Wir tönen, lassen los und nutzen die wertvollen Pausen um Kraft zu tanken.

Umgang mit Wehen /Schmerzen

Eine Stunde später

Seit der Ankunft im Spital sind nun sechs Stunden vergangen. Der Muttermund ist vollständig geöffnet und Fabienne spürt wie das Kind tiefer rutscht, spürt einen Druck auf den Enddarm und schiebt das Baby nach Gefühl Richtung Becken mit. Peter kann seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Fabienne schaut ihn an und sagt ganz klar: «Die jetzigen Wehen sind im Fall viel weniger schlimm, als die vorher! Es geht mir gut! Jetzt kann ich endlich etwas tun.»

Die Rolle der Männer bei der Geburt

Für einen Mann ist es oft schwer ihrer Frau bei der Geburt zu zuschauen, zu sehen wie sie an ihre Grenzen kommt und nichts tun zu können. Doch auch wenn der Mann nicht aktiv etwas machen kann, ist es wichtig, dass er da ist. Denn er kann motivieren, mitatmen, massieren, darauf achten, dass die Frau immer wieder etwas trinkt. Einfach da sein und in dem Moment alles akzeptieren was ihre Frau braucht und ihr dies geben. Sei dies Nähe und Berührung oder aber Distanz.

Wenn das Kind sich Zeit lässt

Wenn der Muttermund vollständig geöffnet ist, dauert es in der Regel beim ersten Kind nochmals zwei bis drei Stunden bis das Kind seinen Weg durch den Geburtskanal gefunden hat. Es ist Millimeterarbeit.
Fabienne nimmt verschiedene Positionen ein. Geht in die tiefe Hocke, auf die Seite, in den Vierfüssler, steht auf. Das Kind bahnt sich langsam seinen Weg durch den Kanal.

Vom Bauch mitten ins Herz

Alles ist gut überstanden. Die kleine Familie ist wohlauf und geniesst die Zeit zu dritt. Alle sind erleichtert.
Trotz der kurzen Trennung von deiner Mama saugst du kräftig an der Brust und lässt sie so schnell nicht wieder los.
Happy Birthday kleiner, grosser, langer Mann!

Im nächsten Teil erfährst du von der Stillberaterin Chantal Häusler, wie es Peter und Fabienne nach der Geburt geht.
Wie sie ankommen im «Elternsein» und was man tun kann, wenn man etwas wenig Milch hat und das Kind nur langsam zunimmt.


*Bonding steht für die erste Bindung zwischen den Eltern und dem Neugeborenen. Bei diesem ersten Kontakt lernen sich alle kennen und wachsen zusammen. Viel Hautkontakt fördert die Mutter-Vater-Kind-Beziehung. Der Kontakt erleichtert das Stillen und gibt dem Neugeborenen Sicherheit und Geborgenheit, in der neuen, unbekannten Welt.

Titelbild: Wenn ein neues Wesen das Licht der Welt erblickt, spielen die Gefühle Achterbahn.

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Hebamme seit 10 Jahren und dies mit absoluter Leidenschaft. Es liegt mir am Herzen, dass Frauen in Würde, selbstbestimmt, geschützt und in ihrem eigenen Rhythmus ihr Kind gebären dürfen. Einen Raum zu schaffen, indem Eltern ihre Kinder ungestört und liebevoll auf dieser Welt begrüssen dürfen, ist eines meiner grössten Anliegen. Dafür braucht es viel Flexibilität. Geburten sind nicht planbar und genauso wenig ist es mein Leben. Das Telefon klingelt und ich bin dann mal weg... für wie lange, weiss keiner so genau. Selbst Mutter von zwei wundervollen Kindern, verheiratet mit einem verständnisvollen Mann und umgeben von vielen liebevollen Menschen. Ohne dieses fantastische Umfeld und verlässliche Hilfe, wäre mein Leben ein anderes. <br><a href="http://hebammen-begleitung.ch/" target="_blank">www.hebammen-begleitung.ch</a> 


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