Hintergrund

Cupping: Kaffee degustieren wie die Profis

Simon Balissat
14.4.2021
Bilder: Thomas Kunz

Ziel des Cupping ist es, die Qualität und das Aromaprofil von Kaffee zu beurteilen. Der Vorgang ist streng genormt und überlässt nichts dem Zufall. Ich habe unseren Kaffee von Bauer Rafael Vinhal verköstigt und war etwas überfordert.

schlürf

Rast Kaffee hat für Galaxus Kaffee geröstet, den wir jetzt bewerten sollen. Der über 100-jährige Familienbetrieb beschäftigt sich schon seit Anfang der Nullerjahre mit Spezialitätenkaffees, lange bevor Hipster mit Lederschürzen, Tattoos und Bart sich nach einem Wochenendkurs «Barista» nannten.

Rastlos

Vom Geruch euphorisiert, versuche ich, die Geschmäcker einzuordnen und in der dafür vorgesehenen Tabelle Buch zu führen. Die Ausprägung der Eigenschaften wie «blumig», «fruchtig» oder «Körper» soll ich auf einer Skala von «Nicht vorhanden» bis «sehr stark» beurteilen. Ich bin masslos überfordert.

«Fang du doch gleich mit deiner Einschätzung an», sagt Bea Rast und meint mich. Unsicher lese ich meine Einschätzungen ab. «Säure… sehr schwach?». Ein anerkennendes Nicken aus der Runde. «Bitterkeit… mittel?». Wieder ein Nicken. So schlecht scheinen meine sensorischen Fähigkeiten also nicht zu sein. «Blumig. Mittel.» Kein Nicken mehr. «Fruchtig. Schwach.» Verwirrte Gesichter. Meine ersten Einschätzungen waren also doch bloss Glückstreffer.

Ich rattere den Rest runter und übergebe an Röster Adrian. «Also ich hatte viel Frucht. Tropical Fruit, würde ich sagen.» Seine Frau Beatrice Rast pflichtet ihm bei, bemerkt aber zusätzlich eine bittere Note. «Das ist mir zu bitter, muss ich sagen. Kannst du da noch was machen?» Jetzt beginnt das Fachsimpeln über Röstkurven, Röstdauer, Temperatur und Geschmacksentwicklung.

Zwischen grünem Gras und würziger Note

Café politique

Vergleichsbasis Cupping

  • 11 Gramm gröber gemahlenes Kaffeepulver mit 200 ml 93 °C warmem Wasser aufgiessen.
  • Nach vier Minuten die entstandene Kruste «brechen» und am Kaffee riechen.
  • Den entstandenen Schaum entfernen.
  • Nach weiteren vier Minuten den Kaffee mit einem Löffel schlürfen und so verkosten. Dafür gibt es spezielle Cupping Löffel, ein Suppenlöffel tut es zur Not auch.

Gloria Pedroza von NKG Quality Service hat dazu ein verständliches Video für Rast produziert.

Es ist erstaunlich, wie krass sich die Eigenschaften zwischen Cupping und den anderen Zubereitungsarten unterscheiden. Gewisse Geschmäcker entfalten sich bei Espresso oder Filterkaffee erst recht, während andere komplett untergehen. Die Arbeit des Rösters ist es, die Balance dieser Geschmäcker zu beeinflussen. Aber wo keine blumigen Noten vorhanden sind, kann der beste Röster auch keine blumigen Noten herzaubern.

Wir sind mittlerweile beim letzten Gang, dem Espresso, angekommen. Meine überstrapazierten Geschmacksnerven können nur noch schwer zwischen bitter und sauer unterscheiden. Ich schmecke Röstaromen, wo keine sind, vermische blumige mit fruchtigen Geschmäckern. Eine Hilfe bin ich hier niemandem. Schliesslich muss ich die Segel streichen und die Degustation den Profis überlassen. Vorsichtshalber habe ich mich gleich zu einem Sensorik-Kurs angemeldet.

Den degustierten Kaffee kannst du jetzt bei uns bestellen und dir selbst ein Bild davon machen, wie er schmeckt.

Helle Röstung für Filterkaffee

Mittlere Röstung für Vollautomaten

Dunkle Röstung für Espresso

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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