Meinung

Puddle Pants – oder wenn die Hose ein Doppelleben als Wischmopp führt

Extra lange Hosen mausern sich gerade zum Fashion-Favoriten. Ich kann über die Dinger nur den Kopf schütteln und sinnieren, wie ich den Strassendreck aus ihnen rauskriege.

Ich mag hässliche Mode, ich mag alberne Mode, ich mag kontroverse Mode – bei unhygienischer Mode ziehe ich jedoch den Schlussstrich. Wer mich kennt, weiss: Ich hatte schon Desinfektionsmittel in der Tasche und öffnete Türklinken mit dem Ellenbogen, bevor die Welt von Sars-CoV-2 wusste. Aber diesen Trend kann doch unmöglich nur ich eklig finden – oder etwa doch?!

Ich spreche von sogenannten Puddle Pants, die gerade dabei sind, der grösste Hosentrend des Jahres zu werden. Dabei handelt es sich um überlange, locker geschnittene Hosen, die sich per Definition auf dem Schuh, in der Praxis aber vor allem auf dem Boden, zu einer Art Pfütze drapieren.

Der weisse Saum wurde schon in Mitleidenschaft gezogen.
Der weisse Saum wurde schon in Mitleidenschaft gezogen.
Quelle: Instagram: @thecarolinelin
Immerhin sieht man bei Schwarz den Dreck kaum.
Immerhin sieht man bei Schwarz den Dreck kaum.
Quelle: Instagram: @amandadjerf

Ein Strassenfeger in Hosenform

Für manche mag das wie eine schlecht sitzende Hose wirken, rein optisch gefallen mir Puddle Pants jedoch: Der baggy Fit sieht lässig aus, die gestreckte Silhouette wirkt elegant. Womit ich mich nicht anfreunden kann, ist ein Kleidungsstück, das ein Doppelleben als Wischmopp führt. Überraschenderweise ist ein Saum, der ein Sammelsurium an Strassendreck beherbergt, jedoch für zahlreiche Leute kein Totschlagargument. Die meisten Influencerinnen, denen ich folge, schleifen unbekümmert ihre teils sichtbar verschmutzten Hosenenden über den Asphalt und Modemagazine berichten überschwänglich darüber.

Die «Vogue» etwa spricht von einem «perfekten Hosen-Allrounder» – und ich möchte schreien. Was ich nämlich ebenso hasse wie mangelnde Hygiene, ist, wenn mir etwas Unpraktisches als etwas Praktisches angedreht wird. Auf dem Laufsteg, der Bühne, an einem Shooting oder zu Hause spricht nichts gegen die Mopp-Hosen, doch praktische Alltagskleidung für draussen sieht anders aus. Es sei denn, du bist ein Promi und trägst deine Sachen nur einmal oder du hast jemanden, der deine Wäsche macht.

Ich hingegen möchte meine Kleidung mit geringem Aufwand so lange wie möglich schön halten und nicht den Textiltod in Form von Flecken und ausgefransten Säumen heraufbeschwören. Letztere sind übrigens wahre Stolperfallen, wie Kollegin Pia erzählt. Sie ist erst kürzlich auf die Fäden der ausgefransten Puddle Pants ihrer Freundin getreten.

Destroyed-Look dankt Puddle Pants.
Destroyed-Look dankt Puddle Pants.
Quelle: Instagram: @filispina
Lange weiss bleibt diese Hose wohl nicht.
Lange weiss bleibt diese Hose wohl nicht.
Quelle: Instagram: @mvb

Der Sauberkeits-Struggle wird ignoriert

Im Internet finde ich keine Waschtipps für Puddle Pants, denn niemand spricht über das Hygiene-Problem des Trends. Muss ich den Strassendreck jedes Mal vor dem Waschgang mit Fleckenentferner von Hand abschrubben? Und falls ich diesen Schritt auslasse, möchte ich wirklich, dass das Zeug in meiner Trommel landet? Ich würde meine Schuhe ja auch nicht mit meinen Kleidern waschen. Brauche ich also eine separate Puddle-Pant-Ladung? Wie verschwenderisch. Und werden die Keime im herkömmlichen Waschgang überhaupt zuverlässig ausgespült? Die Waschempfehlung für die meisten Hosen ist lediglich 30 Grad. Bleibt mir also schlussendlich nur die professionelle Reinigung? Fragen über Fragen.

Natürlich gibt es Styling-Tipps für einen gemässigteren Look, aber das dünkt mich widersprüchlich. Wenn die Hose den Boden dank hoher Schuhe oder umgeschlagenen Saum kaum berührt, entsteht keine Stoffpfütze, ergo ist es auch keine Puddle Pant mehr, sondern einfach eine herkömmliche Baggy- oder Wide-Leg-Hose.

Solange mir also niemand einen ebenso hygienischen wie praktischen Weg zeigen kann, um Puddle Pants zu tragen und zu pflegen, lasse ich Mist, Müll und Modder dort, wo er hingehört: bestenfalls in den Eimer oder die Kanalisation, schlimmstenfalls auf die Strasse – garantiert nicht an meine Kleidung.

Auftaktbild: Instagram: @vivid

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Hat grenzenlose Begeisterung für Schulterpolster, Stratocasters und Sashimi, aber nur begrenzt Nerven für schlechte Impressionen ihres Ostschweizer Dialekts.


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