

Jolanda lernt kochen. Ein Selbstversuch, Teil 5

Wie im letzten Text angekündigt, lerne ich nicht nur kochen, sondern auch backen. Um die Serie von Fleisch- und Fisch-lastigen Küchen-Fingerübungen einmal mit etwas Süssem zu unterbrechen, wird heute am Dessert getüftelt und ein erster Versuch unternommen, Macarons herzustellen.
Wie ich von allen Seiten gehört und auf diversen Backblogs nachgelesen habe, stellen Macarons an die Bäckerin ganz besondere Anforderungen. Da darf nichts dem Zufall überlassen werden! Stimmen die Mengen der Zutaten nicht aufs Gramm genau, nimmt man zu grosse Eier oder den falschen Zucker, kommt es ganz schnell zum Macaron-Fiasko. Um meine noch junge und fragile Beziehung zur Küche nicht allzu arg auf die Probe zu stellen, hole ich mir Hilfe ins Haus: Meine ehemalige Arbeitskollegin Daniela, ein echtes Backtalent. Mit Unterstützung des Fast-Profis wird es schon klappen!
Da diesmal gute Planung alles ist, gehe ich durchdachter ans Werk als sonst: Die Zutaten kaufe ich bereits Tage vor dem grossen Event, um die vom Rezept verlangten mindestens fünf Tage alten Eier beiseite zu legen. Schon am Vorabend mache ich mich daran, die knapp hundert Gramm Mandeln, die für ungefähr vierzig Macarons erforderlich sind, zu sieben, damit sie fein genug sind für eine makellose Macarons-Schalen-Oberfläche.

Dennoch gibt’s beim Eintreffen von Daniela gleich die erste Schelte. So habe ich statt geschälten Mandeln eine gewöhnliche Tüte ungeschälter, gemahlener Mandeln gekauft. Wie ich nun erfahre, sind ungeschälte Mandeln bei hellen Macarons problematisch, weil die dunkleren Mandelstücke die Macaron-Oberfläche unschön fleckig aussehen lassen. Da wir aber Schokoladenmacarons backen wollen, drückt mein strenger Coach nochmal ein Auge zu, um mich kurz darauf erneut zurechtzuweisen, weil ich die (ohnehin schon zweifelhaften) Mandeln zu wenig fein gesiebt habe. Die Strafaufgabe folgt sogleich: Ich muss das gesamte Mandelpulver noch einmal sieben. Da meine unterdurchschnittlich ausgestattete Küche über kein feinmaschiges Sieb verfügt, muss ich den ganzen Kram tatsächlich durch ein winziges Teesieb hindurchpressen. Zwischenfazit: Gute Vorbereitung lohnt sich – genauso wie eine vernünftige Küchenausstattung.
Während das Teesieb und ich Gramm für Gramm des kostbaren Mandelpulvers erarbeiten, kümmert sich Daniela um die Füllung, genannt Ganache. Da hat sie den wesentlich leichteren Job erwischt als ich. Sahne aufkochen, über die Schokoladenstücke giessen, schmelzen lassen, mit dem Schwingbesen bearbeiten und bis auf weiteres ab in den Kühlschrank damit. Das Herstellen des Schalenteigs ist da wesentlich diffiziler! Mit peinlicher Genauigkeit mischen wir die exakt abgewogenen Mandeln, den Puderzucker (ebenfalls gesiebt) und das Kakaopulver zusammen. Meiner Küchenwaage wird bei diesem Unterfangen also besondere Prominenz zuteil. Auch bei den Eiern nehmen wir es ganz genau. Exakt 72 Gramm Eiweiss müssen zu Schnee geschlagen werden. Hier erhält mein Mixer erneut die Gelegenheit, sich zu beweisen. Hatte er mich bei seinem Auftritt mit Pürierstab bei meinem letzten Kochversuch mit wilder Spritzerei enttäuscht, macht er seine Sache diesmal, mit den Quirlstäben bestückt, wesentlich besser und überrascht uns in Sekundenschnelle mit zementhartem Eischnee. Diesen mischen wir nun mit den abgewogenen Pulvern zu einem Teig und bilden mit Hilfe eines Spritzsacks winzige Teigkreise auf einem Blech.

Diese lassen wir kurz antrocknen, um sie danach exakt 13 Minuten zu backen. Während die Schalen abkühlen, rühren wir die Ganache auf und füllen sie ebenfalls in einen Spritzsack. Danach suchen wir für jede Schale einen Partner und verbinden die beiden mit der Füllung.

Wer nun gleich mit Naschen loslegen möchte, wird bitter enttäuscht. Frisch schmecken die Macarons gar nicht so besonders – die Aromen müssen sich erst durch Ruhen im Kühlschrank entfalten und miteinander verbinden. Hinsichtlich Optik bin ich allerdings überwältigt: Die Macarons sehen hervorragend aus! Dass ich zu sowas fähig bin, ist für mich mehr als überraschend, und die gelungene Bastelei erfüllt mich mit einer kindischen Freude. Die Schalenoberfläche ist glatt, die Konsistenz der Füllung perfekt. Fairerweise muss ich zugeben, dass ich ohne Danielas beherztes Eingreifen wohl nicht ein einziges Macaron zustande gebracht hätte. So hätte ich mit meinem Improvisationstalent zu wenig Eiweiss verwendet, die Mandeln nicht richtig gesiebt und wohl auch die Geduld nicht gehabt, die frisch gebackenen Schalen vor der Verarbeitung erst auskühlen zu lassen.
Nun folgen quälende Stunden des Herumstreifens vor dem Kühlschrank. Wann endlich sind die Macarons bereit zur Degustation? Schliesslich reisst uns der Geduldsfaden und wir schlagen zu. Die Macarons sind auch geschmacklich mehr als überzeugend – eine wahre Schokoladen-Explosion. So hat sich die Plackerei immerhin gelohnt!
Und das Fazit: Erneut – das Rezept hat immer recht! Und spätestens jetzt sollte das sogar mir klar sein. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass man mit genügend Geduld und Sorgfältigkeit in der Küche wahre Wunder vollbringen kann. Ob ich die allerdings auch ohne strenge Aufsicht beim Finale aufbringen kann? Das wird sich zeigen!


Ich gehe den Dingen gern auf den Grund, dies durchaus auch mal mit Taucherbrille und Schnorchel. Die Natur ist mein Zuhause, unabhängig von Regen, Temperatur oder Tageszeit. Ich bin gern auf Achse, manchmal auch bewusst neben der Spur.