Ann-Kathrin Schäfer
Hintergrund

Zelt, Hund, Kinder: unser chaotisch schönes Camping-Debüt

Ein aufblasbares Zelt, zwei Kinder, ein Hund – und wir Eltern: erstmals zusammen auf Campingkurs am Murtensee. Was kann da schon schiefgehen?

Die zwei, die keinerlei Zweifel haben, ob das mit dem Zelten eine gute Idee ist, sind die Kinder. Am Tag der Abreise sitzen sie schon längst vor der ersten Tasche im Auto. «Wollt ihr nicht noch mal aussteigen?», frage ich. «Nein!», rufen sie im Chor zurück.

Unsere Camping-erfahrene Nachbarin lehnt sich zum Abschied ans Autofenster: «Nehmt’s entspannt, auch wenn mal was nicht wie geplant läuft!»

Dann fahren wir los, raus aus unserem Dorf und alle Anspannung fällt von mir ab. Die Kinder plappern, wir Eltern grinsen wieder, der Hund hat sich im Kofferraum auf seiner orthopädischen Matte zusammengerollt. So fängt unser Campingtrip an.

Schon fahren wir an Bern-Bethlehem vorbei. Nur noch 32 Minuten bis zum Ziel. Die Schilder werden zu Teilen Französisch: Neuchâtel, Lausanne, Genève. Feriengefühl kommt auf. Und dann heisst es: «Lac de Morat! Bienvenue / Willkommen! Murten / Morat!» Wir fahren über die unsichtbare Linie des Röstigrabens in den Kanton Waadt, lachend und glücklich.

Oh la la, la Suisse Romande!

«Oh wie schön die Häuser hier aussehen», sagen wir. «Schaut mal, die Dächer sind hier anders gebaut!» Oh, wie schön ist die Westschweiz. «Vielleicht sollten wir herziehen», sage ich und mein Mann brummt. Das sage ich auch jedes Mal, wenn wir durchs Tessin fahren.

Also los, Zelt ausladen, Hund am Baum auf der Reisedecke anbinden. Die Kinder sind euphorisch: «Wir haben das grösste Zelt aller Zeiten!», rufen sie und: «Andere haben auch ein cooles Zelt. Aber wir haben das coolste Zelt!»

Vom Zeltplatz schräg gegenüber ruft ein Mann seiner Frau zu: «Du hast ernsthaft nur ein Kinderbuch eingepackt? Nur ein einziges? Das glaube ich jetzt nicht!» Dass andere Menschen auch Probleme haben, kriegt man auf einem Campingplatz gut mit. Die Zeltwände sind dünn und die Nachbarn nah.

Ich stelle den Timer – gespannt, wie schnell wir unser aufblasbares Zelt namens «Air Seconds» wohl aufstellen werden! Anderthalb Stunden später schalte ich den Timer entnervt ab. Nichts mit Sekundenschnelle. Irgendwie kommt aber auch immer was dazwischen, jemand muss auf Toilette, die Schlappen werden im Gepäck nicht gefunden und so weiter.

Abends laufe ich mit den Kindern Richtung sanitäre Anlagen, mit Kulturbeutel und Handtuch. Vorbei an den grossen Waschbecken, wo die Campinggäste dicht an dicht den Abwasch erledigen, gefühlt rund um die Uhr. Unter ihnen mein Mann, als Einziger ohne Abwaschschüssel. Dass diese beim nächsten Mal mit muss, darauf weist auch Kollege Martin in seinen Camping-Tipps hin:

Abrupte Abreise

In der zweiten Nacht schlafe ich erstaunlich gut. Ich bin so müde von der durchwachten ersten Nacht, dass ich die Autos, die hinter der Hecke selten, dafür direkt neben unseren Köpfen vorbeifahren, fast nicht mehr höre. Schnarchen scheint in Hörweite erstaunlicherweise niemand, nicht mal unser Hund. Ich habe mich auch schon fast daran gewöhnt, nachts durchs taufeuchte Gras zum WC zu tigern.

Zum Glück ist mein Partner da, der den ganzen Vormittag zusammenpackt. Ich liege nutzlos und leidend eingerollt mit dem Hund auf der Hundedecke. Die Kinder graben neben mir ein tiefes Loch. «Das wird vor der Abfahrt wieder gefüllt», mahne ich. «Jaja», sagen sie und schaufeln ein bisschen Erde mit ihrem Bagger zurück. Ich fülle es dann noch ein bisschen mehr mit der Schaufel. «Wow Mama, du kannst das ja gut!», staunen sie.

Ihr Vater stöhnt, weil das Zelt nicht mehr ins Auto passt. Wir hatten es entgegen aller Tipps nicht schon probehalber im Garten aufgebaut, sondern erstmals hier auf dem Campingplatz. Dass das Zelt sich nicht mehr so klein machen lassen würde wie neu verpackt, daran hatten wir nicht gedacht, als wir vor zwei Tagen alles, was ging, ins Auto stopften.

Ein Campingnachbar kommt vorbei: «Diese aufblasbaren Zelte sieht man ja immer häufiger! Würdet ihr so eins empfehlen?» Er zeigt auf seins schräg gegenüber: ähnlich gross wie unseres, aber mit Stangen aufgebaut. Würden wir? Unsers ist schwer und sperrig. Der Abbau ging schneller als der Aufbau, mit mehr Übung sicher noch schneller, vermuten wir.

Und dann kriegen wir das Auto mit Gewalt doch noch zu. Wir fahren heim. Mit Ibuprofen, Stau und mehr Bildschirmzeit diesmal, und seufzen: «Heute wären wir eigentlich richtig angekommen.» Sogar die Sonne kommt heraus. Nächstes Mal bleiben wir länger und hoffentlich gesund. Trotz aller Aber: Das Abenteuer Zelten wollen wir wieder wagen. Wahrscheinlich.

Wie erlebst du das Campen mit Kind und Kegel? Erzähl mir gern davon in den Kommentaren.

Titelbild: Ann-Kathrin Schäfer

25 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Eigentlich bin ich Journalistin, in den letzten Jahren aber auch vermehrt als Sandkuchenbäckerin, Familienhund-Trainerin und Bagger-Expertin tätig. Mir geht das Herz auf, wenn meine Kinder vor Freude Tränen lachen und abends selig nebeneinander einschlafen. Dank ihnen finde ich täglich Inspiration zum Schreiben – und kenne nun auch den Unterschied zwischen Radlader, Asphaltfertiger und Planierraupe. 


Outdoor
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Garten
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Heute ist alles besser! 7 Gründe, warum Familienferien mit dem Auto immer angenehmer werden

    von Michael Restin

  • Hintergrund

    «Mama, wann säen wir endlich die Tomaten?»

    von Ann-Kathrin Schäfer

  • Hintergrund

    Vanlife mit Hund: Freiheit oder Stress auf vier Rädern?

    von Darina Schweizer