Christian Walker
Hintergrund

Vanlife mit Hund: Freiheit oder Stress auf vier Rädern?

Darina Schweizer
31.7.2025
Bilder: Christian Walker

Wer sich für das Camperleben entscheidet, sehnt sich nach Freiheit. Doch was, wenn ein Hund mitreist? Bedeutet das automatisch Einschränkungen? Um das herauszufinden, habe ich das Youtube-Pärchen Patricia und Simon besucht.

Ari ist hibbelig. Als ich das Wohnzimmer von Patricias* Eltern im Kanton Aargau betrete, rutscht der Rüde unruhig im Hundebett hin und her und beobachtet mich mit wachsamem Blick. Was für andere Hunde Alltag ist, ist für ihn ungewohnt: ein fester Wohnsitz. Normalerweise ist er mit seinen Besitzern im Camper unterwegs – und Gäste bleiben meist draussen am Campingtisch.

«Wir sind nur ein paar Tage hier, um Familie und Freunde zu sehen und Wäsche zu waschen. Dann geht es schon wieder weiter», erzählt Simon (45). Seit vier Jahren reisen seine frisch vermählte Ehefrau Patricia (26) und er mit ihrem Camper quer durch Europa. 24 Länder haben sie schon besucht und darüber als Patnsim auf Social Media berichtet. Mit dabei von Anfang an: Ari.

Ari in seinem rollenden Zuhause: dem Camper.
Ari in seinem rollenden Zuhause: dem Camper.

Vom Strassenhund zum Weltenbummler

Der vierjährige Mischling war einst ein rumänischer Strassenhund. Als Welpe wurde er eingefangen und an eine Familie in Deutschland vermittelt – doch dort ging es ihm nicht gut. Der Tierschutz griff ein und brachte ihn in eine Schweizer Auffangstation. Patricia entdeckte Aris Inserat, als sie 2021 gerade für ihren Abschluss als Pflegefachfrau lernte. «Es war sofort klar: Er ist es», erinnert sie sich mit strahlenden Augen.

Um herauszufinden, ob Ari reisetauglich ist und sich das Camperleben finanzieren lässt, fuhr das Paar – direkt nach Patricias Diplomfeier – testweise mit dem Camper zum südlichsten und nördlichsten Punkt Europas. Simon arbeitete von unterwegs aus als Relationship Marketing Manager, Patricia als Ernährungsberaterin und Autorin für Campingreiseführer. Nach einem Jahr war klar: Der Plan geht auf und auch Ari fühlt sich pudelwohl im rollenden Daheim.

Zwischen den Fahrersitzen oder in seiner Höhle unter dem Bett hält sich Ari am liebsten auf.
Zwischen den Fahrersitzen oder in seiner Höhle unter dem Bett hält sich Ari am liebsten auf.

Rückzugsort und kurze Etappen

Zeit, das Vanlife-Gefühl hautnah mitzuerleben: Wir machen mit dem Camper einen kleinen Ausflug in den Aargauer Wald. Je näher wir dem weissen Gefährt mit aufgedruckter Kompassrose kommen, desto grösser wird Aris Freude. Seine Rute beginnt freudig zu wedeln, der zurückhaltende Rüde blüht richtig auf. Patricia öffnet die Tür und sofort schiesst er ins Innere. Unter dem Bett hat er einen ganz besonderen Platz: seine eigene kleine Höhle. Zufrieden rollt er sich darin zusammen.

«Wenn man mit Hund unterwegs ist, ist das etwas vom Wichtigsten», sagt Simon. «Er muss einen Rückzugsort im Camper haben, wo er nicht ständig rumgeschubst wird.» Als er den Motor startet, guckt Ari nur kurz auf. «Wie lange seid ihr jeweils unterwegs?», frage ich, während wir einen kleinen Waldweg entlang tuckern. «Nicht länger als eine Stunde pro Tag», sagt Patricia. «Ausser, eine längere Reise ist unausweichlich. Dann machen wir alle zwei Stunden eine Pause und gönnen Ari danach zwei Tage Ruhe.»

Die Kompassrose steht für die ersten Reisen von PatnSim in den Süden und Norden Europas.
Die Kompassrose steht für die ersten Reisen von PatnSim in den Süden und Norden Europas.

Rituale auf Reisen – und ein vierbeiniger Forscher

An diesem Tag ist unser Ziel nur ein Katzensprung entfernt. Bereits biegen wir auf eine Waldlichtung ein. Simon stellt den Motor aus und meint: «Ach ja, Routinen sind auch wichtig.» Er ruft Ari zu sich und leint ihn an, bevor die beiden nach draussen treten. Dann ziehen sie eine kleine Runde, um die Umgebung zu erkunden. «Das machen wir immer, wenn wir irgendwo ankommen», sagt Patricia lächelnd. «Viele Orte erkennt Ari auf unseren Reisen sofort wieder.»

Kein Wunder: Der neugierige Rüde erkundet alles, was unter seinen Pfoten liegt. Ob türkischer, spanischer oder montenegrinischer Boden: Ari buddelt für sein Leben gerne. Patricia und Simon nennen ihn deshalb manchmal auch «Forscher». Das trifft zu, finde ich. Als ich Aris strubbeligen Kopf betrachte, muss ich unweigerlich an den Physiker und Professor Daniel Faraday aus der Serie «Lost» denken.

Die Expedition ist fürs Erste beendet: Ari und Simon sind wieder da – und zum Glück keinem Bären begegnet, wie in Osteuropa. Dort hätte Simon einen Stock und Bärenspray mitgenommen. «Man sollte in einigen Ländern schon vorsichtig sein und den Hund anleinen sowie draussen kein Futter stehen lassen», sagt Simon. Apropos Futter: Frisst Ari immer die landestypischen Spezialitäten? «Nein. Wir haben eine Marke entdeckt, die man überall findet: Acana.»

Acana Senior (Senior, 1 Stk., 11400 g)
Hundefutter
CHF68.90 CHF6.04/1kg

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Zwischen Abenteuer und Alarmbereitschaft

Nicht immer sind wilde Tiere wie Bären eine Gefahr. Auf einer Reise durch Rumänien wurde Ari vor einem Jahr von einem Herdenschutzhund angegriffen. «Den Tag über war das Tier angeleint und wirkte friedlich. Was wir nicht wussten: In der Nacht werden Herdenschutzhunde losgelassen, um Bären zu vertreiben. Genau dann, als wir unseren Abendspaziergang machten», erzählt Simon. Ari trug eine Wunde am Bein davon, die ein Tierarzt am nächsten Morgen nähen konnte. «Zum Glück haben wir auch immer eine Hundeapotheke von unserem Tierarzt mit an Bord», sagt Patricia.

Noch ein weiteres Mal traf das Paar auf einen rumänischen Herdenschutzhund. Dieser riss auf brutale Weise ein Reh. «Für uns kommt Rumänien deswegen in nächster Zeit nicht mehr in Frage, auch wenn es ein wunderbares Land ist», sagt Patricia. Mit Strassenhunden hingegen hätten sie bisher kaum Probleme gehabt. Auch in der Türkei, Albanien, Bulgarien und Ungarn seien die Vierbeiner friedlich gewesen.

Beim Reisen sei es dennoch wichtig, den Hund gegen Tollwut impfen zu lassen und wachsam zu bleiben. «Im Zweifelsfall wechseln wir beim Spazieren die Strassenseite», sagt Simon. «Das ist auch auf Stellplätzen unser Motto: Wenn wir kein gutes Bauchgefühl haben, verlassen wir ihn wieder.»

Viel Auslauf und fast nie allein

Als ich mich von Patricia und Simon verabschiede und wir uns ein paar Schritte vom Camper entfernen, bin ich gespannt, wie sich der Rüde verhält. Allein ist er äusserst selten, und wenn, dann nur in kühlen Gefilden bei geöffneter Dachluke. «Wir reisen Ari zuliebe im Sommer meist in den Norden und im Winter in den Süden. Immer dorthin, wo das Klima gemässigt ist», erzählt Patricia.

Langsam bewegen wir uns vom Camper weg. Als ich zurückschaue, muss ich laut auflachen. Ari hat sich auf den Beifahrersitz gesetzt und überprüft mit forschendem Blick die Umgebung. «Er ist ein super Wachhund», meint Simon. «Und vermutlich einiges happier als so manche Wohnungshunde.» Patricia nickt zustimmend. «Ja. So viel Auslauf, Abwechslung und Zeit mit Menschen haben wohl die wenigsten Hunde.»

Ari bewacht sein Reich vom Beifahrersitz aus.
Ari bewacht sein Reich vom Beifahrersitz aus.

Nicht jeder Hund ist ein Vanlifer

Trotzdem, merkt Simon an, sei nicht jeder Hund fürs Camperleben gemacht. Und auch nicht jede Rasse. Listenhunde – die von Behörden aufgrund vermeintlich erhöhten Aggressionspotenzials eingeschränkt oder verboten sind – dürfen beispielsweise nicht überall einreisen. «Das alles muss man bedenken. Am besten testet man das Campen mit Hund in den Ferien aus und entscheidet dem Tier zuliebe», sagt er.

Ari ist der geborene Vanlifer. In seinem rollenden Forschungsmobil bricht er Tag für Tag zu neuen Expeditionen auf – und ein Ende seiner Forschungsreise ist nicht in Sicht. Schon warten die nächsten Abenteuer an der französischen Küste und in der Toskana auf ihn …

Die drei «Reisefüdlis» Patricia, Simon und Ari sind schon wieder unterwegs.
Die drei «Reisefüdlis» Patricia, Simon und Ari sind schon wieder unterwegs.

*Um Patricias und Simons Privatsphäre zu wahren, nennen wir sie in diesem Text nur beim Vornamen.

Bist auch du schon mit Tieren gereist? Erzähle davon in einem Kommentar.

Titelbild: Christian Walker

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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.


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