Von innerer Ruhe und Donut-Fantasien
Tag acht meines Selbstversuchs. Gar nicht so einfach, die Sache mit dem Stillsitzen und Nichtstun. Mit etwas Übung und den folgenden Tipps vom Profi fällt mir das Meditieren aber schon viel leichter.
Der Gummizug meiner Leggings drückt in mein Bauchfett, während die Etikette mich in den Rücken piekst. «Ignorieren!», befiehlt die Stimme in meinem Kopf. Einatmen. Ausatmen. Ein. Aus. Ich kann es nicht lassen und fummle dennoch hektisch an meiner Beinbekleidung herum. Dann versuche ich, mich erneut auf Carina Itens ruhige Stimme zu konzentrieren und ihren Anweisungen zu lauschen. 21 Tage lang nehme ich situationsbedingt via Zoom aus meinem Wohnzimmer an ihrem Onlinekurs für Morgenmeditation teil. An meinen neuen Rhythmus habe ich mich schon fast gewöhnt: Aufstehen, duschen, meditieren und dann ab zur Arbeit am Küchentisch.
In meinem ersten Beitrag erfährst du übrigens, weshalb ich mich für diese diesen Selbstversuch entschieden habe:
Der Anfang mit Hoffnung auf kein Ende
21 Tage, so lange dauert es laut Carina, bis sich mein Körper an eine neue Routine gewöhnt hat. Meine stressigen Morgenstunden betrachte ich als die grösste Baustelle in meinem Alltag. Ich wünsche mir einen ruhigen und fokussierten Start in den Tag. Ob Meditation dabei hilft?
Vor Kursstart fülle ich einen Fragebogen aus. Carina will unter anderem von mir wissen, welche Erfahrungen ich in dem Bereich bereits gemacht habe, was ich mir davon erhoffe, wie viel Zeit ich dafür aufbringen will und, ob ich körperliche Beschwerden habe, die mich in meinem Vorhaben einschränken könnten. Auf diese Weise kann sie mich, ergänzend zum offenen Kurs, mit Tipps und Empfehlungen unterstützen, die auf meine spezifischen Bedürfnisse eingehen.
Im Kurs lernen wir jeden Tag eine etwas andere Form der Meditation kennen. So entscheidet am Schluss jede*r für sich, welche Positionen und Techniken am besten funktionieren. Zusätzlich erhalte ich wöchentlich eine Mindfulness-Aufgabe. In der ersten ist das ein Spaziergang in der Natur, alleine versteht sich.
Der Rahmen
Ich erfahre von Tag zu Tag mehr über mich: Atemmeditationen mag ich. Body-Scan-Übungen hingegen langweilen mich, weil ich es partout nicht hinbekomme, meine einzelnen Körperteile zu spüren. Auch mein Setting verändert sich von Mal zu Mal leicht. Mittlerweile habe ich mir eine sonnendurchflutete Ecke eingerichtet, die nur für die Meditation gedacht ist. Anfangs sass ich noch auf meinem bequemen Sofa. Das kannst du natürlich tun, dennoch wollte ich Carinas Empfehlung befolgen, einen Bereich für die morgendliche Routine zu nutzen, der ausschliesslich diesem Zweck dient.
Lage
Meditieren kannst du im Liegen, Sitzen oder sogar im Stehen und Gehen. Für mich funktioniert der Schneidersitz am besten. «Achtet dabei darauf, dass eure Beine sich nicht überkreuzen, damit es keine Druckstellen gibt. Am besten winkelt ihr dazu eure Unterschenkel leicht versetzt an, sodass beide komplett den Boden berühren», erklärt Carina Iten uns Teilnehmern per Videochat. Das Becken soll leicht erhöht sein, damit die Beine nicht einschlafen. Aus diesem Grund habe ich mir ein Yogakissen zugelegt, auf dem ich sitze. «Wer Knieprobleme hat, sollte ganz auf den Schneider- oder Fersensitz verzichten und sich einfach auf einen Stuhl setzen. Die Füsse stehen flach auf dem Boden», empfiehlt Carina.
Wer von Anfang an eine gute Sitzposition einnimmt, bewegt sich während der Meditation nicht und ist dadurch weniger abgelenkt. Bequeme Kleidung ist ebenfalls von Vorteil. Wenn nichts drückt und kratzt, fällt das Fokussieren leichter. Verschiedene Handgesten, genannt Mudras, sind Teil der Körperhaltung. Ich lerne, dass jede eine andere Bedeutung hat. Für den Anfang reicht es jedoch, wenn du deine Handflächen auf deine Knie legst. Wer mehr Übung hat, kann mit verschiedenen Handpositionen experimentieren.
Klänge & Objekte
Ich arbeite auch am Ambiente. Die ersten Male lasse ich im Hintergrund parallel zu Carinas Stimme eine Meditationsmusik laufen, die ich von ihr erhalten habe. Mit der Zeit schleicht sich der Wunsch nach Abwechslung ein. Auf Spotify und Youtube werde ich fündig. «Für den Anfang empfehle ich, auf Lieder mit Gesang zu verzichten, da sie schnell ablenken. Naturklänge wie Vogelgezwitscher oder Wasserplätschern eigenen sich ebenfalls sehr gut», erklärt Carina.
Tools und Dekoelemente wie Duftdiffusoren, ätherische Öle, Kerzen, Kristalle und Bilder können dich zusätzlich unterstützen. Ich selbst habe die Duftkerzen von Woodwick für mich entdeckt. Ihr spezieller Docht imitiert knisternde Kaminfeuegeräusche. Das entspannt mich. Auch kommen meine vielen Kristalle nun endlich zum Einsatz. Vergiss aber nicht, dass du nichts davon brauchst, um zu meditieren.
Festhalten
Auf jede Morgenmeditation folgt eine kleine Schreibübung. In einem Journal – ich nutze dafür mein stark vernachlässigtes Tagebuch – halte ich meine Erfahrungen fest. Dort notiere ich täglich meine Gefühle sowie mein körperliches Wohlbefinden vor, während und nach der Meditation. Auch Gedanken, die mir währenddessen gekommen sind und Ablenkungen gehören hier rein. So kann ich später meine Fortschritte und Denkmuster herausarbeiten.
Für jedes Problem eine Lösung
Beim Meditieren ist es nicht anders als beim Sport. Meine Tagesform erleichtert oder erschwert mir die Übungen. An manchen Tagen bin ich sehr müde. Um zu verhindern, dass ich einschlafe, empfiehlt mir Carina eine aufrechte Sitzposition und eine Dusche vor dem Meditieren. Je kälter, desto besser. Auch das Gesicht mit kaltem Wasser zu waschen, hilft. «Ich trinke nach dem Aufstehen gleich ein Glas Wasser mit Zitrone. So fülle ich meinen Wasserspeicher wieder auf. Die Zitrone belebt. Du kannst auch etwas Leichtes essen. Auf diese Weise lenkt dich dein knurrender Magen nicht ab», verrät Carina.
Andere Methoden, um wach zu werden, sind Körperübungen und leichtes Klopfen mit deinen Fingerknöcheln auf die Brust. Als Wachmacher hat sich für mich eine Dusche gefolgt von einem Glas frisch gepresstem Orangensaft, für dessen Gewinnung ich mich körperlich betätigen muss, bewährt. Falls du trotz allem nicht mit der morgendlichen Meditation warm wirst, bist du vielleicht eher der Typ für eine Abendmeditation.
Wer nicht alleine wohnt, wird früher oder später mit störenden Geräuschen und Lärm konfrontiert. Laut Carina ist hier eine offene Kommunikation unumgänglich. Mach deinen Mitbewohnern klar, in welchem Zeitrahmen du froh um ihre Rücksichtnahme wärst. «Das ist besonders am Anfang wichtig. Mit der Zeit wirst du nämlich lernen, deinen Fokus voll und ganz nach Innen zu richten und äussere Störfaktoren auszublenden, denn genau darum geht es bei der Meditation. Als visuelles Hilfsmittel kannst du dir hierfür eine Seifenblase vorstellen, die deinen Kopf umhüllt», sagt die Expertin.
Die Länge der Meditation kann zu Beginn eine Hürde sein. «Am Anfang ist es für viele schwierig, sich lange zu konzentrieren. Wir fangen deshalb mit zehn Minuten pro Tag an und steigern uns über die Wochen. Ausserdem hat nicht jeder gleich viel Zeit», erklärt Carina. «Wichtig ist, dass du nicht gleich aufgibst, wenn Kopf oder Körper nicht so wollen, wie du willst. Lokalisiere Probleme und Störfaktoren und suche dann eine Lösung, die für dich passt.» Genau das werde ich die restlichen dreizehn Tage weiterhin tun. Die Leggings mit dem engen Gummibund kommt als Meditations-Outfit auf jeden Fall nicht mehr infrage.
So geht's weiter:
Nach 21 Tagen ziehe ich mein Fazit: Hat sich der Selbstversuch gelohnt oder falle ich wieder in alte Gewohnheitsmuster zurück? In meinem Nächsten Beitrag wird aufgelöst.
Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich.