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So geht richtig Pinkeln: Tipps von der Expertin

Ist Pipi verkneifen ungesund? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um aufs Klo zu gehen? Besser im Stehen oder im Sitzen? In diesem Interview lernst du, wie du Wasser lässt, ohne deine Gesundheit zu gefährden.

Vor ein paar Jahren besuchte ich ein Toilettentraining. Es ist, wonach es klingt. Lernen, wie man richtig aufs Klo geht. Gross aufs Klo geht. Gross war auch die Erkenntnis, dass ich so gut wie nichts über diese Körperfunktion wusste. Schlimmer noch. Ich machte am stillen Örtchen einiges falsch. Das Gelernte hielt ich damals in einem Beitrag fest:

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um auf die Toilette zu gehen?
Wenn die Blase gut gefüllt ist. Konkret sind das zwischen 300 bis 550 Milliliter Urin. Das macht bei einem empfohlenen Wasserkonsum von eineinhalb bis zwei Litern am Tag drei bis fünf Toilettengänge. Einmal nachts aufstehen ist ebenfalls noch okay.

Entspricht das dem Zeitpunkt, ab dem die ersten Signale ans Grosshirn gehen?
Nein, die ersten Signale können schon bei 100 bis 200 Millilitern wahrgenommen werden. Diese werden über die Rezeptoren in der Blasenwand gemeldet.

Also sollte ich die ersten Signale einfach ignorieren?
Richtig. Die Blase ist ein Gewöhnungsorgan. Wenn du immer auf das erste Signal hörst, verwöhnst du sie und musst in immer kürzeren Abständen auf die Toilette. Mit der Zeit kann die Blase dann nicht mehr genügend Urin halten und es kommt zu einer antrainierten Dranginkontinenz. Überlege dir deshalb gut, ob du tatsächlich einen Harndrang verspürst oder ob du vorsorglich gehst.

Aber wie merke ich dann, wann ich bei dieser empfohlenen Urin-Marke angekommen bin?
Das ist gar nicht so einfach und setzt ein gutes Körperbewusstsein voraus. Wer das trainieren möchte, dem empfehle ich einen Miktionskalender zu führen. Das ist eine Art Tagebuch, in dem du deine Blasentätigkeit, das Trink- und das Toilettenverhalten protokollierst. So lernst du deine Blase und das Bedürfnis sie zu entleeren, besser kennen.

Wie viel Urin kann eine volle Blase überhaupt halten?
In der Literatur ist ein Fassungsvermögen von 800 Millilitern noch im Rahmen. Danach wird’s kritisch. Aber das ist lediglich ein Richtwert. Jede Blase ist anders.

Ich habe gehört, dass das Anhalten des Urinstrahls während des Wasserlassens eine gute Beckenbodenübung sein soll.
Der sogenannte Pipi-Stopp wurde jahrelang als Beckenbodentraining empfohlen. Das ist jedoch eine veraltete Therapieform. Inzwischen ist bekannt, dass diese Übung schädlich sein kann, weil sie der Aufgabe der Blase widerspricht.

Inwiefern das?
Die Blasenentleerung wird von unserem vegetativen Nervensystem ausgelöst. Wird dieser Vorgang immer wieder gestört, irritiert das die Blase. Zudem ist der kleine Harnröhrenverschlussmuskel darauf eingestellt loszulassen. Soll er immer wieder entgegen diesem Bedürfnis arbeiten, kann das zu Blasenentleerungsstörungen führen.

Welche Rolle spielt der Beckenboden dann bei der Entleerung der Blase?
Der Beckenboden ist unser Kontinenzmuskel. Er ist in einer Grundspannung, damit kein ungewollter Urin, Stuhl oder Wind abgeht. Der Beckenbodenmuskel hilft, indem er sich bei der Entleerung ganz entspannt, loslässt, damit der Urin fliessen kann. Am Schluss der Miktion spannt er sich wieder an, damit kein Urin ungewollt hinaus fliesst.

Moment! Ich dachte immer, es sei ein Mythos, dass das Geräusch von fliessendem Wasser den Harndrang fördert ...
Kein Mythos. Es ist tatsächlich so und wird auch von Urologen und Urologinnen empfohlen.

Das heisst?
Dass Organe wie Gebärmutter, Blase, Harnröhre oder Darm nach unten rutschen. Beim Pressen wird der Kehlkopf verschlossen, das Zwerchfell spannt sich an und wird nach unten verlagert. Dies führt zu einer Verlagerung der Organe im Bauchraum nach unten. Der Beckenboden und die ganze Aufhängung der Organe werden stark belastet und überdehnt. Durch das jahrelange Pressen werden die Organe immer wieder nach unten gedrückt.

Und dein letzter und vierter Tipp?
Nach der Entleerung den Beckenboden anspannen. Wenn die Blase oder der Darm entleert ist, spannt sich der Beckenboden spontan an. An der Stelle kannst du eine tägliche Übung einbauen: Nach jedem WC-Gang spannst du deinen Beckenboden einmal kräftig an, hältst ihn ein paar Sekunden und lässt dann bewusst los. Dann kehrt der Beckenboden in seine Grundspannung zurück.

Titelbild: Giorgio Trovato via Unsplash

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 


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