Hintergrund

Schneeräumen auf 2000 Meter über Meer

Der Gotthardpass ist wieder offen. Viele Auto- und Motorradfahrer freuen sich schon seit Monaten darauf. Das tun auch die Männer, die die Strasse vom Schnee befreien. Die Gründe sind aber ganz verschieden.

«Schau dir mal unser Schuhwerk an und dann deines», werde ich morgens um 7 Uhr auf dem Werkhof in Airolo aufgefordert. An den Füssen der Männer in orange sehe ich robuste Wanderschuhe und Gamaschen. Ich traue mich gar nicht, an mir herunterzusehen, denn ich weiss, dass mein Blick auf leichte Vans treffen wird. Die Scham steht mir ins Gesicht geschrieben. Ich bin zwar seit 4 Uhr wach, mein Gehirn jedoch definitiv nicht. Selber schuld, Zeit zum Jammern bleibt keine.

Voller Einsatz für die Passöffnung

Ein Paralleluniversum zwischen Uri und Tessin

Mit Markieren und Fräsen ist die Arbeit auf dem Gotthard aber noch längst nicht getan. «Wir befreien die Strasse von Eis, reinigen sie, setzen die Leitplanken und entfernen lockeres Geröll», erklärt Werner. Das Schönste an seinem Job hat aber mit keiner dieser Aufgaben zu tun. «Ich schätze den Teamzusammenhalt, die Ruhe und die Nähe zur Natur.» Wer sich dem Berg nicht verbunden fühlt, hält es laut Werner in diesem Beruf nicht lange aus.

Ungeduld von allen Seiten

Klarkommen muss er auch mit der stetigen Frage nach dem Wann. «Dauernd rufen Leute an und fragen nach einem genauen Öffnungsdatum.» Eine definitive Antwort oder gar ein Versprechen bekommen sie von Werner nie. «Ich trage die Verantwortung, wenn etwas passiert, weil wir den Pass zu früh freigeben», sagt er. Lieber höre er sich das ständige Gemecker an, als dieses Risiko einzugehen. «Der Termin wird nun einmal nicht von uns bestimmt, sondern vom Wetter.»

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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