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Rinderhackfleisch aus dem Labor: ETH-Team gelingt ein Durchbruch

Debora Pape
4.8.2025

Das Züchten von künstlichem Rindfleisch ist mit einigen Hürden verbunden. Bislang war künstliches Rinderhack im Kühlregal eine ferne Zukunftsfantasie, doch das könnte sich bald ändern.

An der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich forscht ein Team um Professor Ori Bar-Nur an Rindfleisch aus der Petrischale. Dabei sind viele Hürden zu nehmen, doch die Forscherinnen und Forscher machen offenbar gute Fortschritte, wie die ETH in einer Mitteilung schreibt. Dem Team sei es gelungen, im Labor dicke Rindermuskelfasern zu züchten, die natürlichem Rindermuskelgewebe molekular und funktional deutlich mehr ähneln als bisherige Ergebnisse. Vorherige Versuche führten demnach zu dünnen Fasern, denen zudem einige Proteine fehlten.

Der Geschmack und die Konsistenz des Laborfleischs sollen ebenfalls natürlich gewachsenem Rindfleisch ähneln. Bislang hat das Team jedoch nur wenige Gramm des Fleischs hergestellt. Das Züchten größerer Mengen sei Gegenstand der laufenden Forschung, sagt die Doktorandin Christine Trautmann. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer neuen Studie. Dort werden die molekularen Herstellungsprozesse genau beschrieben.

Bessere Ergebnisse durch die Zugabe dreier Moleküle

Laut Mitteilung der ETH Zürich forscht Professor Bar-Nur seit Jahren an der Therapie von Muskelabbau-Erkrankungen. Dabei entdeckte er bereits vor sieben Jahren, dass drei bestimmte Moleküle das Wachstum von Muskelzellen außerhalb des Körpers positiv beeinflussen. Damit werden sogenannte Muskelvorläuferzellen dazu gebracht, sich funktional in unterschiedliche Richtungen zu entwickeln. Das ist notwendig, damit im weiteren Prozess möglichst natürliche Fasern entstehen. Sobald diese Differenzierung abgeschlossen ist, können die Fremdmoleküle wieder entfernt werden.

Dass auch künstliche Rindermuskelfasern durch die Zugabe dieser drei Moleküle profitieren, war eine zufällige zusätzliche Entdeckung. Sollte das künstlich erzeugte Fleisch in Zukunft auf den Markt gelangen, enthalte es ausschließlich Muskelzellen und sei auf molekularer Ebene von natürlich gewachsenem Rindfleisch kaum zu unterscheiden, schreibt die ETH weiter.

Warum wird an Laborfleisch geforscht?

Laut der Pressemeldung arbeiten weltweit zahlreiche Teams daran, Fleisch ohne Stall, Tiertransporte und Schlachthof zu produzieren. Forscherinnen und Forscher sehen demnach gute Chancen, Kundengruppen zu bedienen, die bezüglich der Fleischproduktion ethische Bedenken haben. In Singapur ist beispielsweise Pouletfleisch aus dem Labor bereits auf dem Markt – allerdings enthält es aus Kostengründen pflanzliche Proteine.

Die ETH-Wissenschaftler sehen ihre Forschung zudem als Beitrag auf dem Weg hin zu einer umwelt- und klimafreundlicheren Fleischproduktion. In dieser Hinsicht gebe es jedoch noch viel Forschungsbedarf, da auch die Laborfleischproduktion aktuell noch energieintensiv sei.

Vor der Marktreife stehen noch einige Probleme

Aktuell ist das Herstellen größerer Mengen künstlichen Rindfleischs mit hohen Kosten verbunden. Für das Zellwachstum wird ein Nährmedium benötigt, das aktuell noch sehr teuer ist. Ein Ziel aktueller Laborfleisch-Forschungen sei daher, hierfür kostengünstigere Lösungen zu finden.

Außerdem nutzt das Team der ETH dabei nach Angaben der Studie zu geringen Teilen ein Rinderserum, das ungeborenen Kälbern entnommen wird. Die Tiere sterben bei der Entnahme. Die Studie gibt weiterhin an, dass die Verwendung von Tierserum unvorteilhaft sei und Alternativen dafür gesucht werden. Der Laborfleischproduzent Mosa Meat verkündet bereits 2022 in einer Studie, ohne tierisches Serum zu arbeiten.

Nicht zuletzt muss das künstliche Rindfleisch vor dem Verkauf erst zugelassen werden. In der Schweiz und Deutschland ist Laborfleisch nicht grundsätzlich verboten, aufgrund des langwierigen Zulassungsprozesses ist jedoch auch noch kein Laborfleischprodukt zugelassen. Im Mittelpunkt steht, dass das Fleisch gesundheitlich unbedenklich ist.

Titelbild: Shutterstock/New Africa

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Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.


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