
Hintergrund
Ausprobiert! Eine Woche (fast) ohne Smartphone
von Anna Sandner
Dein Gedächtnis sortiert gnadenlos aus – zum Glück! Mit diesen 5 Tricks bleibt das Wichtige hängen und du findest endlich wieder, was du suchst.
Hand aufs Herz: Hast du heute schon vergessen, wo deine Schlüssel liegen? Oder warum du eigentlich ins Wohnzimmer gegangen bist? Willkommen im Club! Ich suche mindestens fünf Mal am Tag nach meinem Handy und das noch nicht einmal immer mit Erfolg. Aber Ruhe bewahren und Durchatmen: Das ist ganz normal.
Jeden Morgen überrollt uns schon beim ersten Augenaufschlag eine wahre Flutwelle an Informationen – und es geht den ganzen Tag so weiter. Kein Wunder also, dass wir nicht alles behalten können. Unser Gehirn ist nämlich kein Computer-Server mit schier unendlichem Speicherplatz, sondern eher ein cleverer Filter. Unser Gedächtnis ist darauf ausgelegt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, damit unsere Festplatte nicht in Nullkommanichts voll läuft. Die Kunst liegt also nicht darin, alles zu behalten, sondern das Richtige.
Hier kommen fünf Tricks, mit denen du deinem Gehirn im richtigen Moment auf die Sprünge helfen kannst:
Dein Gehirn liebt Geschichten und Zusammenhänge. Wenn du dir etwas merken willst, verknüpfe es mit etwas, das dir wichtig ist oder dich interessiert. Namen lassen sich zum Beispiel besser merken, wenn du sie mit einer bekannten Figur oder einer lustigen Eselsbrücke verbindest. Aus «Alex» wird vielleicht «Alexander der Große» auf einem Elefanten. Setze die Person gedanklich auf einen Elefanten und lass sie über die Alpen reiten – schon bleibt das Bild und damit der Name hängen. Je persönlicher und bildhafter, desto besser.
Stell dir vor, du sollst dir die Zahlenfolge 149217891945 merken. Klingt unmöglich? Ja, ohne Trick wäre ich da auch direkt raus. Wenn du die Nummern aber in «1492 – 1789 – 1945» aufteilst, wird’s plötzlich machbar. Genau das ist «Chunking»: Informationen in sinnvolle Häppchen packen. Das klappt mit Telefonnummern, Einkaufslisten oder sogar mit Bankverbindungen. So muss sich das Gehirn nicht zehn einzelne Infos merken, sondern nur drei überschaubare Portionen.
Multitasking ist zwar trendy, aber leider der Endgegner fürs Erinnern. Wer beim Lernen gleichzeitig Nachrichten checkt, merkt sich am Ende – Überraschung – nichts so richtig. Unser Gehirn braucht gezielten Fokus wie ein Türsteher an der Clubtür: Nur das, was wirklich wichtig ist, kommt rein. Also lieber mal das Handy weglegen und sich bewusst auf eine Sache konzentrieren. Das steigert die Chance, dass die Info auch wirklich im Langzeitgedächtnis landet.
Das ist dir bestimmt auch schon passiert: Kurz vor der Prüfung wird gebüffelt, danach ist alles weg. Sehr ärgerlich. Besser klappt’s mit dem sogenannten «Spacing-Effekt»: Wiederhole das, was du dir merken willst, in regelmäßigen Abständen. Das Prinzip dahinter: Lerninhalte werden nicht einmal geballt wiederholt, sondern in immer größer werdenden Abständen abgefragt. So wiederholst du die Informationen genau dann, wenn dein Gehirn kurz davor ist, sie wieder zu vergessen – das fördert die dauerhafte Speicherung besonders effektiv. Apps wie Anki oder klassische Karteikarten helfen dabei, das Wissen clever zu verteilen.
Erinnerst du dich noch an deinen ersten Kuss oder an das beste Konzert deines Lebens? Klar! Emotionen sind wie Superkleber fürs Gedächtnis. Wenn du dir etwas merken willst, verbinde es mit einem Gefühl: Freude, Überraschung, vielleicht sogar ein bisschen Nervenkitzel. So bleibt die Info nicht nur länger hängen, sondern taucht auch schneller wieder auf, wenn du sie brauchst.
Und falls trotz aller Tricks mal wieder etwas im Gedächtnisloch verschwindet, kannst du ganz entspannt bleiben: Vergessen ist nämlich nicht nur normal, sondern sogar gesund. Gezieltes Vergessen schützt dein Gehirn vor Überlastung und hilft, das wirklich Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Also: Manchmal ist Loslassen die beste Gedächtnisstrategie.
Wie erinnern und vergessen wir?
Deutsch, Ilka Quindeau, Alexander von Plato, Bernhard Strauss, Agnès Arp, Hariet Kirschner, Carsta Langner, Christiane Kuller, Sabine Schmolinsky, Sascha Benjamin Fink, Marie Busch, Hans Joachim Markowitsch, Grit Wesser, 2024
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.