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Neue Woche, neues Bauchgrummeln: 5 Tipps bei Sunday Blues

Du fühlst dich belastet, traurig oder hast Angst? Ist gerade zufällig Sonntag? Gut möglich, dass du unter Sunday Blues leidest. Aber keine Sorge: Dagegen gibt es was.

«In meinem Leben habe ich unvorstellbar viele Katastrophen erlitten. Die meisten davon sind nie eingetreten.» Der Satz stammt angeblich von Autor Mark Twain, doch zum Katastrophisieren neigte nicht nur Mark Twain, sondern auch du und ich: Aller Wahrscheinlichkeit nach pünktlich am Sonntagnachmittag. Wenn sich plötzlich ungute Gefühle breit machen wie Unwohlsein, Angst und Sorge vor den Aufgaben der nächsten Woche. Dieses Gefühl nennt die Fachwelt «Sunday Blues» (in englischsprachigen Ländern eher: Monday anxiety).

«Der Sunday Blues ist eine Art Erwartungsangst», sagt Arbeitspsychologin und Coach Christine Hoffmann. «Wir verstehen darunter eine Sorge vor Dingen, die noch nicht eingetreten sind – und wahrscheinlich nicht eintreten werden.» Die Psychologin klärt auf, was hinter dem Sunday Blues steckt, wie du mit dem Gefühl umgehen kannst und warum du nicht gleich deinen Job kündigen musst, um den Sunday Blues loszuwerden.

Was steckt dahinter?

Der Sonntag ist wahrscheinlich nicht dein Lieblingstag. Nachmittags überkommen dich Gefühle der Traurigkeit, der Gereiztheit, von Angst und Unruhe. Du hast Sunday Blues. Das Gefühl kann ein Indikator für Überlastung und für geringe Arbeitsfreude sein. Oft ist es aber einer polarisierenden Betrachtung der Woche geschuldet, sagt die Expertin. «Das Wochenende steht für Erholung und Spaß, während die Arbeitstage für Stress stehen. Am Sonntagnachmittag spüren wir den Übergang zum Ernst des Lebens sehr stark: Der Sonntag wird zum Symbol für fünf Tage Unerwünschtes.»

Verstärkend empfindest du die Gestaltung deines Sonntags oft als unbefriedigend. Freitagabend und Samstag sind gefüllt mit schönen Aktivitäten, während der Sonntag für Erholung reserviert ist. Du bleibst lange im Bett und den ganzen Tag zuhause. «Diese Tätigkeiten sind weniger freudvoll und sinnerfüllt, als das, was ich samstags mache», sagt die Psychologin. «Zudem habe ich viel Zeit zu grübeln, wenn ich den ganzen Tag über zuhause bleibe. Mein Gehirn begibt sich auf Wanderschaft und sucht sich Bedrohungen, die mich eventuell kommende Woche erwarten.»

Wie lange bleibt das Gefühl und wie zeigt es sich?

Der Sunday Blues tritt in vielen Formen auf. Häufig zeigt er sich in unangenehmen Gefühlen wie Angst oder Panik, die sich bei manchen Menschen sogar in körperlichen Symptomen manifestieren können. «Unser Körper ist ein guter Feedbackgeber. Manche bekommen Kopfschmerzen, andere Verspannungen und wieder andere einen unruhigen Magen», weiß Hoffmann.

Üblicherweise ist der Sunday Blues spätestens am Montagnachmittag wieder vorbei. Das erklärt sich aus der wöchentlichen Stimmungskurve: Demnach erreichst du Freitagnachmittag ein Stimmungshoch: Die Woche ist geschafft und die To-Dos erledigt. Die gute Laune trägt dich durch das Wochenende, bis deine Stimmung Sonntagnachmittag zu sinken beginnt und Montagvormittag schließlich ihren Tiefpunkt erreicht. Von Dienstag bis Donnerstag ist deine Stimmung – zumindest laut Statistik – relativ konstant. Das unterstreicht eine Studie der Norwegian University of Science and Technology. Die Autoren analysierten die Stimmung von Userinnen und Usern anhand ihrer Social Media Einträge und kamen zu dem Schluss: «Ab Donnerstagnachmittag sind wir besonders freundlich, ab Sonntagnachmittag besonders unfreundlich zu uns selbst.»

Kündigung oder professionelle Hilfe: Ist das nötig?

Wenn du in den letzten Absätzen besonders häufig zustimmend genickt hast, ist das noch kein Grund, dein Kündigungsschreiben aufzusetzen. Generell kannst du vieles mit einer entsprechenden Arbeitshaltung, deiner Wochenplanung und der Sonntagsgestaltung zum Positiven wenden. Die Arbeitspsychologin rät: «Eine Arbeit, die keine Freude macht, sollte niemand aushalten. Aber wenn es dir Montag bis Samstag gut geht, rührt der Sunday Blues vermutlich daher, dass du deinen Sonntag unbefriedigend gestaltest.»

Aber: Der Sunday Blues kann auch ein Symptom der geringen Lebensfreude und Unzufriedenheit mit der Arbeit sein, sagt die Expertin. Das Gefühl sagt dir folgendes: Du bringst der Woche an Werktagen wenig Freude entgegen – und vielleicht bist du in einem anderen Arbeitskontext glücklicher? «In dem Fall kann ein Coaching dabei helfen zu erkennen, ob du etwas an deiner Einstellung oder an deinem Kontext verändern musst.»

Tipps gegen den Sunday Blues

Bevor du etwas an deiner Arbeitssituation veränderst, richte den Blick erst einmal nach innen: Welche Rituale helfen dir dabei, Freude in den Arbeitsalltag zu integrieren und wie kannst du deine Woche gestalten, um dich darauf zu freuen, statt dich davor zu fürchten?

Psychologin Christine Hoffmann hat fünf Tipps, wie du mit Sunday Blues umgehen oder ihn sogar überwinden kannst.

1. Empathie für dich selbst

«Die Gefühle annehmen und sich selbst liebevoll zuwenden, ist der erste Schritt, erfolgreich mit Sunday Blues umzugehen», rät Hoffmann. Wenn du dich selbst fertig machst, wird das Gefühl des Sunday Blues in der Regel noch schlimmer. Stattdessen kannst du dich fragen, was dir in dem Moment guttun würde und wie du gut für dich sorgen kannst. «Die unangenehmen Gefühle zu akzeptieren, ermöglicht Veränderung.»

2. Was löst der Sunday Blues in mir aus?

Wenn du weißt, was deine Stimmung trübt und woher das Gefühl der Überwältigung am Sonntagnachmittag kommt, kannst du besser damit umgehen, weiß die Psychologin. «Ich rate Betroffenen, ihre Gefühle aufzuschreiben: In dem Moment, in dem wir Probleme benennen, können wir Lösungen für sie finden.» Wenn also alle Entspannungsversuche am Sonntagnachmittag scheitern, kannst du bereits To-Do Listen für die kommende Woche anlegen und priorisieren, was davon wirklich wichtig ist. «Das Aufschreiben macht die Woche klarer und leichter zu bewältigen. Und eventuell sehe ich, welche Termine unwichtig sind und sich verschieben lassen.»

3. Bewegung und Szenenwechsel

Ein Szenenwechsel und Bewegung an der frischen Luft können Wunder bewirken bei Sunday Blues. Das liegt nicht zuletzt am Stresshormon Cortisol. «Gegen einen erhöhten Cortisol-Spiegel helfen drei einfache Dinge: Bewegung, tief atmen und Wasser trinken. Wenn ich mich bewege, mache ich im Grunde alles davon.» Durch die Bewegung kannst du Abstand zu deinen Problemen gewinnen und auch sonntags einer erfüllenden Aktivität nachgehen. Etwa in Form einer Verabredung mit Freundinnen oder Freunden zum gemeinsamen Joggen oder Spazierengehen mitten im Sonntagnachmittags-Tief. «Man bewegt sich und kann davon erzählen, was man Schönes erlebt hat und worauf man sich kommende Woche freut.»

4. Eine ausgewogene Woche kultivieren

Um die Woche nicht weiter in Stress und Freizeit zwischen Werktagen und Wochenende zu zerteilen, hilft es, die Woche ausgewogener zu gestalten. «Dazu gehört, bewusst Momente unter der Woche einzuplanen, die einem Freude bereiten», rät Hoffmann. Ein gemeinsames Abendessen mit einer Freundin oder einem Freund am Anfang oder zur Mitte der Woche kann da schon einen großen Unterschied machen.

Mit derlei Lichtblicken unter der Woche startest du mit mehr Ausgewogenheit und Vorfreude in die kommende Woche. Und, auch wichtig: «Man kommt aus dem polarisierenden Denken raus, besondere Aktivitäten seien nur dem Wochenende vorbehalten. So verändert sich der Sunday Blues auf jeden Fall.»

5. Den Sonntag re-framen

Wer Wege aus dem Sunday Blues finden will, sollte auch am Sonntag ansetzen. Wenn du grundsätzlich zufrieden mit deiner Arbeit bist, liegt das Problem wahrscheinlich nicht an dem dämmernden Montag, sondern an der Art und Weise, wie dein Sonntag gestaltet ist. Fülle ihn mit neuen Dingen, die dir guttun und besonders schön für dich sind. Die Expertin rät, diese Aktivitäten genau auf die Tageszeiten zu legen, an denen das Gefühl des Sunday Blues besonders stark wird. «Jeder von uns kann die Entscheidung treffen, den Sonntag zum Lieblingstag zu machen.»

Titelbild: shutterstock

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Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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