Meinung

Luxus-Label und wie sie jegliche Exklusivität verjubeln

Ich war in Paris beim Window-Shopping an einer der exklusivsten Fashion-Meilen Europas. Die sogenannten High-Fashion-Brands geben dort allerdings ein teils ziemlich unglamouröses Bild ab. Eine ganz persönliche Polemik.

Vorsicht, kann Spuren von Sarkasmus enthalten!

Ich war über Auffahrt in Paris. Jaja, musst gar nichts sagen. Selbst Schuld, wer über Auffahrt nach Paris fährt. Erst recht, wenn da gerade die French Open UND der Champions League Final über die Bühne gehen. Aber darum solls hier gar nicht gehen. Sondern um Mode. Oder genauer: um gewisse Mode-Brands. Denn Paris ist schliesslich die Fashion-Hochburg in Europa – zumindest ausserhalb Italiens, gell. Jedenfalls bin ich mehrere Male über die Rue du Faubourg Saint-Honoré spaziert – DIE Mode-Einkaufsstrasse von Paris. Alles was Rang und Namen hat, ist dort vertreten: Gucci, Versace, Dolce & Gabbana, Hermès, Dior, Burberry – you name it.

Vor einigen dieser Geschäfte sind zu fast jeder Tageszeit Menschen Schlange gestanden, um von gestrengen Türstehern in die ach so exklusiven Räumlichkeiten der Fashion-Elite eingelassen zu werden. Dabei waren besagte Räumlichkeiten durchaus nicht überlaufen. Auffällig war dabei auch: Die Menschen in diesen Schlagen waren durchs Band jung (womit ich so 20 bis höchstens 30 meine).

Während ich diese Beobachtungen gemacht, darüber nachgedacht und mit meiner Frau besprochen habe, sind wir zu einer absoluten und garantiert richtigen Erkenntnis gekommen: Brands, vor deren Stores durch künstliche Verknappung Schlangen entstehen, haben jegliche Glaubwürdigkeit und Exklusivität verloren, obwohl sie ja damit genau diese Exklusivität betonen wollen. Oder eben gerade, weil sie auf exklusiv machen. Und by the way: Nein, ich könnte es mir nicht leisten, in irgendeinem dieser Läden etwas zu kaufen, aber das ist voll okay so.

Nix mehr mit exklusiv oder High-Fashion

Wenn du es als «Luxus-Brand» nötig hast, künstliche Verknappung zu erzeugen, bist du doch ganz einfach so sehr im Mainstream angekommen und halt nicht mehr exklusiv genug, als dass deine Klientel noch so etwas wie eine Aura von Exklusivität ausstrahlen würde. Wenn überspitzt gesprochen Teenager glauben, ums Verrecken ein Teil von dir haben zu müssen, kannst du die wirkliche Elite als Kunden vergessen. Die würden sich nämlich garantiert niemals dazu herablassen, vor deinem Shop in einer Schlange mit dem gemeinen Pöbel auf die Gnade eines Türstehers zu warten. Aber: Ich habe dann auch wirklich so gar kein Verständnis für die Leute, die das Spiel mitspielen und sich in die Schlange stellen.

Und wenn ich schon dabei bin: Wenn du es als Brand für nötig befindest, deinen Namen oder dein Logo überlebensgross auf Taschen, T-Shirts oder Jacken zu drucken, damit auch der Hinterste und die Letzte sieht, dass du getragen wirst, hast du in meinen Augen jegliche Anziehungskraft der maximalen Durchschnittlichkeit geopfert – Preisschild hin oder her.

Ach ja, wenn du als (sogenannter) High-Fashion-Brand weisse Tshirts mit deinem Namen drauf für fast 600 Franken verkaufst (damit sich auch Teenager vielleicht wenigstens ein Teil von dir vom Sack-, Weihnachts- und Geburtstagsgeld oder dem Lehrlingslohn absparen können), finde ich dich schon ein bisschen armselig.

Zur minimalen Verteidigung dieser Absurditäten der Brands muss ich allerdings schon auch sagen: Wenns funktioniert und die Leute die Spielchen mitmachen, die 600-Franken-Shirts kaufen und sich im Hochpreis-Mainstream wohlfühlen, haben sie’s auch nicht besser verdient.

Titelbild: unsplash.com/melanie_sophie

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Weltenbummler, Wandersportler, Wok-Weltmeister (nicht im Eiskanal), Wortjongleur und Foto-Enthusiast.


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