Hintergrund

Kawasaki will Motorräder elektrifizieren – aber die ganze Branche hat ein grosses Problem

Dominik Bärlocher
22.10.2021
Bilder: Patrick Rudolf

Bis 2035 will Kawasaki nur noch Elektromotorräder bauen. Okay, nicht ganz. Die Hauptmärkte werden weiterhin mit Benzinern versorgt. Die Gründe sind sowohl finanzieller Natur wie auch durch die Infrastruktur begründet.

Aber auch Kawasaki traut sich nicht ganz, den Schritt in die Zukunft zu machen. Selbst wenn da ein Fantasie-Bike in einem Video aufgetaucht ist, das dem BatPod aus «The Dark Knight» gleicht und allen Bike-Fans das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, will Kawasaki nur in den USA, Kanada, Europa, Australien und Japan zu 100 Prozent elektrisch werden. Die anderen Märkte – vor allem Asien – werden nach wie vor mit Benzinern versorgt.

Der Grund, weshalb Kawasaki – genau wie der Rest der grossen Motorradhersteller – nicht vollständig auf Elektrobikes setzt, hat mehrere Gründe. Es gibt technologische Limiten, die überwunden werden müssen. Sozioökonomische Gründe vermiesen die Umstellung. Und die Fahrerinnen und Fahrer sind das Problem.

Problemfall Indien und Co.

Doch gerade bei Motorrädern trifft der Umweltschutz auf die Realität. Europa ist zwar ein grosser Markt für Zweiräder, das grosse Geld mit Motorrädern wird anderswo gemacht. Die grössten Märkte für Motorräder sind:

  1. China
  2. Indien
  3. Indonesien
  4. Vietnam

Offensichtlich glaubt Kawasaki nicht so recht daran, dass in China oder Indien bald genügend Lademöglichkeiten stehen. Oder wenn, dann nicht in einem Zeitraum, der wirtschaftlich überbrückt werden könnte. Daher behält sich der japanische Hersteller der Ninja-, Z-, und H2-Serien vor, in Schlüsselmärkten nach wie vor auf Benzin zu setzen.

Problemfall Elektro-Ninja

Dass Kawasaki an elektrischen Motorrädern arbeitet, ist seit mindestens zwei Jahren klar. Damals sind Pläne bekannt geworden, nach denen eine elektrische Kawasaki Ninja in Arbeit sei.

Die Specs stammen aber aus dem Jahr 2019. Seither ist viel geschehen, und über einen Prototyp, der entweder serienreif oder nahe der Serienreife ist, ist nichts bekannt. Das macht das Ankündigung aus dem Hause Kawasaki umso überraschender.

Kein Gegrummel bei Rollern

Nicht zuletzt sind da noch die Fahrerinnnen und Fahrer in den Sätteln, die in Europa eine Hürde darstellen. Elektromotorräder sind zwar interessant für die Szene. Wenn ich mit der Energica Eva Ribelle durch die Stadt Zürich kurve, muss ich den Leuten Rede und Antwort stehen. Ein Mann hält mich bei der Ausfahrt aus der Tiefgarage auf der Harley-Davidson LiveWire auf. Er will wissen: «Kann die was?»

Doch am Wochenende sind die Energicas und die LiveWires kaum präsent. Im Ace Café tuckern die Harleys, die Ninjas heulen. Dasselbe bei Chevy's Road Stop, der Bikersbase und all den anderen Hangouts. Da fallen Sätze wie «Ach, der Elektroschrott kommt mir nicht in die Garage», «Ein Motorrad braucht den Sound eines Motors» und «Ich will doch nicht nach einer Stunde zwei Stunden lang anhalten müssen, um den Akku zu laden».

Was all die Rollerfahrer und die paar Biker mit Elektroerfahrung wissen: Elektromotoren bringen dir auf zwei Rädern enorm viel Spass. Lineare Beschleunigung ist verdammt cool, die mehr oder weniger unendlichen Newtonmeter Zug werden nie langweilig, und der Strom ist viel billiger als Benzin.

Was ich aber zugeben muss: Das Tuckern fehlt mir dann schon.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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