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Helm auf, Hirn aus?

Sobald ein Helm auf dem Kopf sitzt, brennt im menschlichen Hirn eine Sicherung durch. Es wägt weniger ab. Eine Studie zeigt, dass gut geschützt die Hirnaktivität bei Entscheidungsprozessen sinkt – sogar bei Glücksspielen am Computer.

Der Helmträger gilt grundsätzlich als vernunftgesteuertes Wesen. Statt sich beim Velofahren todesverachtend den Wind durchs Haar wehen zu lassen, quetscht er sich eine Styroporschale auf die Fontanelle und zurrt sie mit einem Band unter dem Kinn fest. Alles für das Gefühl, im Ernstfall lieber auf der sicheren Seite zu sein. Und es ist ja auch so, dass ein Helm lebensrettend sein kann. Es ist aber auch so, dass sich das Hirn des besseren Schutzes bewusst ist – und den Draufgänger in dir zum Vorschein bringt.

  • Ratgeber

    Was rund um den Velohelm wichtig ist

    von Michael Restin

«Besserer Schutz? Na dann: Vollgas!»

In der Psychologie ist das Phänomen als Risikokompensation bekannt. Nach dem Motto: «Besserer Schutz? Na dann: Vollgas!» haben schon einige Innovationen zu mehr Unfällen geführt. Als Autos mit dem nützlichen Antiblockiersystem (ABS) auf den Markt kamen, waren die Fahrer damit schon bald überdurchschnittlich häufig in Crashs verwickelt. Als sich Skihelme auf den Pisten ausbreiteten, nahmen deutlich weniger Erwachsene an Anfängerkursen teil. Dafür wurden auffällig viele verletzte Helmträger von den Pisten gekratzt. So dämlich das alles ist, kann ich es doch ganz gut nachvollziehen. Ich würde auch eher mit Helm auf dem Kopf und Bungee-Seil an den Beinen in die Tiefe springen als ohne.

Velohelm-Spiesser vs. Baseball-Cap-Träger

Wie sehr sich unser Hirn von einem einfachen Velohelm einlullen lässt, hat mich trotzdem überrascht. Die Schutzausrüstung muss gar nichts mit der Tätigkeit zu tun haben. Für eine Studie durften Probanden mit und ohne Kopfschutz am Computer spielen. Beim «Balloon Analogue Risk Task», den sie vor sich hatten, ging es nur darum, am Bildschirm einen Ballon per Knopfdruck aufzublasen. Je praller er wird, desto mehr Punkte gibt's. Platzt er, gibt's natürlich nichts. Und siehe da: Die Velohelm-Spiesser waren deutlich risikofreudiger als die lässigen Baseball-Cap-Träger in der Kontrollgruppe.

Hirn im Mir-kann-nichts-passieren-Modus

Die Psychologin Barbara Schmidt von der Universität Jena hat mit ihrem Team nun untersucht, was dabei in behelmten Köpfen vor sich geht. Ihre 40 Probanden sollten zwar nicht Ballons aufpumpen, mussten sich aber bei einem Glücksspiel am Computer zwischen einer risikoreichen und einer sicheren Variante entscheiden. Dabei wurden per EEG die Hirnströme gemessen. Die Hälfte der Gruppe bekam unter einem Vorwand einen Velohelm aufgesetzt und war schlagartig im Mir-kann-nichts-passieren-Modus.

Sie entschieden sich zwar nicht wie in der Vorgängerstudie generell risikofreudiger, aber in den Hirnarealen, die für das Abwägen während Entscheidungsprozessen verantwortlich sind, war bei ihnen deutlich weniger los. Die Helmträger fühlten sich ohne jeden rationalen Grund sicherer, denn bei der Aufgabe spielte es keine Rolle, ob sie in Badehose und Flip-Flops oder in Ritterrüstung vor dem Bildschirm sassen. Mal wieder ein Beispiel dafür, dass wir uns viel weniger im Griff haben als wir selbst gerne glauben. Was folgerst du daraus? Bevor du dich für eine Antwort entscheidest: Nimm bitte den Helm ab. Danke.

Wie hältst du es mit dem Helm?

  • Ich schütze meinen Kopf und trage einen Helm.
    63%
  • Ich schütze mein Hirn vor sich selbst und trage keinen Helm.
    19%
  • Ich fordere ein Helmverbot für Entscheidungsträger.
    26%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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