

Der intelligente kleine Oktopus, der hier fast verkümmert wäre
Diesmal lasse ich mein Kopfmassagegerät «Oktopus» zu Wort kommen. Das schulde ich ihm, nachdem ich ihm in den letzten Wochen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.
Oktopus: «So, ich bin also ein Wichtelgeschenk… Na ja, wenigstens keines aus der Abteilung Schrott-Wichteln, sondern eines, das jemand bewusst für meine neue Besitzerin Pia ausgesucht hat. Vielleicht, weil sie unter Kopfschmerzen oder Schlafstörungen leidet. Oder beidem. Und ich darf jetzt als Massage-Künstler ran. Dachte ich zumindest. Wahrscheinlicher ist aber, dass Pia einfach gerne Krimskrams hat. Denn die meiste Zeit verbringe ich, seit ich bei ihr bin, unbenutzt auf dem Regal. Und das, obwohl ich prominent platziert wurde.

Quelle: Pia Seidel

Pia sagt zwar, dass ich ihr optisch gefalle. Dennoch setzt sie mich einfach nicht auf ihren Kopf. Dabei bin ich als Oktopus – oder zumindest von einem inspiriert – eines der intelligentesten Weichtiere. Ich besitze 14 Arme und beherrsche fünf verschiedene Techniken, die Kopfmuskulatur durch Vibrieren zu entspannen. Das regt die Blutzirkulation an und kann den Schlaf verbessern. Eine Aufgabe, die ich sehr gerne erledige und ernst nehme und die mich von dem Holzelefanten neben mir abhebt. Der ist ja irgendwie zu nichts nütze.

Quelle: Pia Seidel
Doch das ist noch nicht alles: Ich mache auch Musik. Während der Massage spiele ich eigene Kreationen oder via Bluetooth das, was Pia sich wünscht.
Mit meinem 220 Gramm bin ich federleicht und dazu extrem beweglich, aber trotzdem stecke ich fest. Unfair! Dabei könnte ich um die ganze Welt massieren. Wie komme ich hier raus, wenn sie mich nicht mal ins andere Zimmer wandern lässt? Nur an Tagen, an denen Besuch kommt, habe ich gute Laune. Dann kann ich endlich das tun, was ich am besten kann. Wenn mich jemand auf seinen Kopf setzt. Sobald ich dann erst einmal loslege, bringe ich alle Gäste zum Lachen. Ihnen scheint meine Massage zu gefallen.
Nach solchen Anlässen bekomme ich sogar etwas mehr Aufmerksamkeit von Pia. Ich werde entstaubt, darf sie vielleicht sogar eine Runde massieren. Doch bereits nach wenigen Tagen ist der Spass wieder vorbei. Dann heisst es wie immer
«sitting, waiting, wishing». Nur, dass mir das nicht so viel Spass macht wie Jack Johnson.
Vielleicht sollte ich das Ganze auch entspannter sehen. Die Aussicht geniessen und froh sein, dass ich nicht im Karton geblieben und im Keller gelandet bin. Aber die Langeweile bringt mich noch um.

Quelle: Pia Seidel
Manchmal überlege ich mir, mich vom Regal fallen zu lassen, um auf mich aufmerksam zu machen. Ich könnte auch die nächste Gelegenheit nutzen und mich in die Tasche eines Gasts schlängeln. Wenn mein Düsenantrieb so gut ist, wie der eines Oktopus, sollte das gehen. Doch was, wenn es woanders genauso ist und die anfängliche Begeisterung schnell wieder verfliegt? Oder schlimmer: Ich dort im Dauereinsatz bin? Schaffe ich das überhaupt – jetzt, wo ich so aus der Übung bin?
Schon einen Tag später sind die Zweifel weg. Für mich ist klar: Ich muss das Risiko eingehen und hier irgendwie rauskommen. Denn die Chancen stehen immerhin 50/50, dass es besser wird. Noch bevor ich jedoch meine Flucht planen kann, kommt mir Pia zuvor. Ich höre sie mit jemandem telefonieren. Es ist niemand, den sie kennt, sondern ein Typ namens Marios von einer Wiederverkaufsplattform. Jackpot. Das heisst, mein neuer Besitzer hat sogar dafür gezahlt, dass ich zu ihm komme. Das muss heissen, dass ich dort wirklich gebraucht werde. Was auch immer mich an meinem neuen Zuhause erwartet – es kann nur besser werden. Es scheint zu stimmen, dass sich Geduld auszahlt.»

Quelle: Pia Seidel
Dieses Massagegerät war ein Wichtelgeschenk, das mir meine Team-Kollegin Natalie Hemengül gemacht hat. Ziel war es, einen möglichst kreativen Artikel dazu zu verfassen. Weitere Beiträge aus der Reihe findest du hier:
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.