
Produkttest
Ich kapituliere nach 15 Stunden Bauzeit
von Ramon Schneider
Trotz etlicher Misserfolge wage ich mich erneut in die Welt des Modellbaus. Dieses Mal im Fokus: der fliegende Ford Anglia von Ugears. Die Frage bleibt: Wird es ein Triumph oder landet auch dieser im Mülleimer?
Mit Holzfahrzeugen habe ich also noch eine Rechnung offen. Zeit, diese zu begleichen.
Um meine Chancen auf Erfolg ein wenig zu erhöhen, nehme ich diesmal ein etwas kleineres Set: den fliegenden Ford Anglia aus Harry Potter vom ukrainischen Hersteller Ugears. Er hat 246 Einzelteile und sollte damit halb so herausfordernd sein wie der Jeep. Wie bei Harry Potter soll auch das Modellauto sein Eigenleben haben und die Insassen samt Gepäck herausschleudern können. Mal schauen, ob ich das hinkriege.
Als gebranntes Kind kommen negative Erinnerungen hoch, als ich die lasergeschnittenen Holzbögen vor mir liegen habe. Mit dem Heraustrennen der ersten Einzelteile wird dieses Gefühl noch verstärkt. Doch ich versuche positiv zu bleiben und meine Voreingenommenheit so gut es geht zu verdrängen.
Bei den ersten Bauschritten verhalte ich mich bockig. Mich nerven die kleinen Holzdinger und ich sehe mein nächstes Scheitern bereits kommen. Nach einer halben Stunde legt sich jedoch meine anfängliche Befangenheit. Die Qualität des Holzes ist um einiges besser, als ich erwartet habe. Klar, es bricht hin und wieder eine kleine Ecke ab, doch so schlimm wie beim Jeep kommt es nicht.
Die Zeit während dem Zusammenbau verfliegt. Ich realisiere erst nach einer Weile, wie reibungslos sich die einzelnen Holzelemente zusammensetzen lassen. Motivation kommt auf. Vielleicht klappt es diesmal. Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Also lieber weitermachen und nicht darüber nachdenken.
Nach dreieinhalb Stunden dann die Erleichterung: Ich bin auf der letzten Seite der Anleitung. Das verwunschene Muggelauto der Weasleys steht komplett vor mir. Es fehlen nur noch die Gepäckstücke mit eingebranntem Hogwarts-Logo. Ich lasse mir Zeit und geniesse es, die letzten Einzelteile ineinanderzuklemmen. Dann, der grosse Moment: Ich hab’s geschafft. Ich hab’s tatsächlich geschafft. Zum ersten Mal habe ich ein Modellbauset zu Ende gebaut.
Der Ford Anglia steht vor mir. Die Türen, die Motorhaube und der Kofferraum lassen sich öffnen. Ich kriege das Grinsen fast nicht mehr aus meinem Gesicht. Und das Beste: Die Funktion, dass das Auto das Gepäck hinausschleudert, funktioniert ebenfalls.
Der Modellbau und ich hatten unsere Differenzen. Mehrere Fehlschläge haben mich daran zweifeln lassen, dass ich mit diesem Hobby jemals auf einen grünen Zweig kommen werde. Der fliegende Ford Anglia von Ugears hat mir aber bewiesen, dass ich kein hoffnungsloser Fall bin. Zum ersten Mal habe ich einen Bausatz zu Ende bauen können. Danke, Ugears, für diesen unerwarteten Erfolg! Er beweist, dass ich mich weiterhin im Modellbau versuchen sollte. Und das werde ich auch.
Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.
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Alle anzeigenDer Modellbau und ich haben eine lange Historie von Fehlschlägen. Leider will ich nicht daraus lernen und versuche es immer wieder aufs Neue. Zum Beispiel vor ein paar Monaten, als ich mich mit dem Set eines Früchteshops gnadenlos überschätzte. Doch angefangen hat alles vor fünf Jahren mit einem Jeep aus Holz, den ich nach 15 Stunden im Mülleimer entsorgte.
Ich bin überglücklich. Ugears habe ich meinen ersten richtigen Erfolg im Modellbau zu verdanken. Zudem muss ich meinen Hut vor dem ukrainischen Hersteller ziehen. Trotz Krieg produziert er seine Modellbausätze noch immer in Kiew und unterstützt sein Land, so gut es geht. Seit Beginn der russischen Invasion haben die Gründer von Ugears bereits 1 Million Euro für Hilfsmittel, militärische Ausrüstung und Fahrzeuge gespendet.