Hintergrund

«Wenn ihr das macht, verhaften wir euch»

Michael Restin
8.4.2019
Bilder: Alessandro Aellig

Erst hat er Zürich mit der Skate-Szene überrumpelt. Später standen die Städte Schlange, um Teil der Bewegung zu werden. Mit dem «Monday Night Skate» hat Jürg Hauser vor bald 20 Jahren etwas weit Grösseres ins Rollen gebracht als ursprünglich gedacht.

Back to the 90s!

Ende der 90er gehörtest du zur Skater-Szene, die sich jeden Montagabend am Bürkliplatz getroffen hat. Wie lief das ab?
Jürg Hauser: Wir waren vielleicht 15 Leute, alles wirklich gute Skater, und sind damals einfach los durch die Stadt. Wenn einer «rechts!», «links!» oder «die Treppe runter!» gerufen hat, dann haben wir das gemacht. Es war wild, aber gut.

Das ist einfach gesagt. Aber ihr habt es auch einfach getan und ohne Abmachungen mit der Stadt losgelegt.
An solche Sachen denkst du in diesem Moment ehrlich gesagt nicht. Du gehst einfach los, die Strassen gehören doch uns. Wobei wir am Anfang viel auf dem Trottoir gefahren sind. Aber wir wurden immer mehr und kamen nicht mehr so unbeobachtet durch die Stadt.

(Holt einen Zettel aus der Tasche und liest vor:)
«Besucherrekord mit über 160 Skatern!»

Das war 1999. Da waren wir noch illegal unterwegs und die Polizei hat gesagt: Das geht nicht. Ihr müsst eine Bewilligung haben.

Und? Gab es die?
Wir wollten natürlich viel fahren, eigentlich jeden Montag. Und die Stadt hat uns maximal vier Termine pro Jahr angeboten. Den ganzen Winter durch hatten wir Sitzungen, haben diskutiert und Lösungen gesucht. Aber am 1. Mai 2000 fand der erste Night Skate der Saison wieder inoffiziell statt, weil wir uns mit der Stadt nicht gefunden hatten. Die Ansage war: «Wenn ihr das macht, verhaften wir euch.»

Eine reizvolle Ausgangslage...
Natürlich! Und wir waren vorbereitet. Wir hatten Fotografen und alles. Wenn sie wirklich gekommen wären und 100 Skater eingesperrt hätten, wäre das die beste Publicity gewesen. Stell dir vor! Dann wären wir überall in der Presse gewesen. Wir hatten fast gehofft, dass es passiert. Aber ist es natürlich nicht.

Die Stadt hat das einfach mit sich machen lassen?
Sie konnten uns sowieso nicht kontrollieren. Deshalb haben wir schon darauf spekuliert, dass es ihnen lieber ist, wenn sie wissen, wer es macht und ihr Ansprechpartner ist. Zwei Wochen später hatten wir die Bewilligung.

War das der Moment, in dem du gedacht hast: «Das wird richtig gross»?
Wir haben gedacht, mit unseren 160 Teilnehmern sind wir schon gross. Und dass ein paar Hundert cool wären. Aber dass es dann so gross wird… nein. Das war nicht absehbar und wirklich dem Zeitgeist zu verdanken, dass sich das so ergeben hat.

Ein Glas-halb-voll-Typ

Durchstarten statt durchschnaufen

Es ist aber auch ein schönes Statement, wenn die Autos auf der Strasse mal das Nachsehen haben.
Das war für viele ein Grund zu kommen. Die Strassen gehören uns! Wir durften wirklich praktisch überall durch, wo wir wollten. Ausser auf Autobahnen.

Zumindest zum 20. Jubiläum müsst ihr Gründer das schaffen.
(lacht) Stimmt! Du bringst mich auf Ideen! 2020 müssten wir wirklich etwas machen.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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