Hintergrund

Von der Planung zum fertigen MTB-Trail: Schweizer Know-how für Tourismusdestinationen weltweit – zwei Trailbauspezialisten erläutern die Hintergründe

Seit 2003 unterstützt Allegra Tourismus diverse Mountainbike-Destinationen bei ihrer Entwicklung – heute ist das Unternehmen aus dem Engadin weltweit tätig. Dabei berät es seine Kunden nicht nur bei der Planung der gesamten Infrastruktur, den Dienstleistungen und der Positionierung im Markt, sondern kümmert sich auch um den Bau und den Unterhalt von Trails und Wanderwegen.

Biken als Firmen-DNA

Domenico Bergamin, arbeiten bei euch eigentlich ausschliesslich Biker?
Wenn eine Person zum Stellenprofil passt, würde ich sie auch einstellen, wenn sie keine Biker:in ist. Ich glaube jedoch nicht, dass sich jemand bei uns bewerben würde ohne Bezug zum MTB. Ich glaube, das ergibt sich von alleine. In unserem Unternehmen biken alle Mitarbeitenden. Egal, ob Anfänger:innen oder Fortgeschrittene.

Das kann durchaus fatal enden.
Absolut. Mit dem E-Bike kommen viele Leute an Orte, wo sie mit reiner Muskelkraft nie hinkämen. Dann fehlt es oft auch an der entsprechenden Technik. Das sieht man vereinzelt bei Touristen, die selten bis nie velofahren, sich in den Ferien ein Bike mieten und dann hilflos am Berg stranden.

Entflechtung als Antwort auf den Dichtestress?

Der Druck auf den Alpenraum nimmt zu. Immer mehr Menschen drängen in die Berge und suchen dort Erholung oder Abenteuer. Je nachdem. Der Dichtestress auf Wanderwegen und Mountainbike-Trails steigt. Wie lassen sich Konflikte zwischen den einzelnen Nutzergruppen vermeiden?

Es gehe darum, bereits im Planungsstadium möglichst exakt zu bestimmen, welche Bedürfnisse die einzelnen Nutzergruppen hätten. Oft sei es durchaus machbar, auf die friedliche Koexistenz zu setzen. Sollte es jedoch Wege geben, auf denen die Massierung sehr hoch sei und sich beispielsweise Biker und Wanderer stark in die Quere kämen, würde die Entflechtung zum Zug kommen.

Von Zürich nach Schruns

Szenenwechsel. Einige Wochen nach meinem Besuch beim Geschäftsführer von Allegra Tourismus in Zürich bin ich in Österreich. Dort baut das Unternehmen für einen neuen Kunden einige Trails. Dabei handelt es sich um reine MTB-Strecken, sogenannte Single-Flow-Trails. Der ideale Moment, um mir vor Ort einen Eindruck über die Arbeit zu verschaffen. Auf der Baustelle oberhalb Schruns im Montafon treffe ich den zuständigen Bauleiter von Allegra, Colin Leutenegger.

Colin Leutenegger, wir sitzen hier auf einem Abschnitt eines Trails, den ihr neu gebaut habt und der in Kürze eröffnet wird. Was sind die Herausforderungen, die du und deine Crew hier im Montafon zu meistern habt?
Die grösste Challenge ist sicherlich das Gelände, da wir oft in sehr steilen Bereichen arbeiten müssen. Grundsätzlich besteht der Trailbau aber ausschliesslich aus Challenges (er schmunzelt).

Macht es für dich als Bauleiter einen Unterschied, ob du in der Schweiz oder hier in Österreich einen Trail baust?
Da wir nebst unserem Hauptsitz in Pontresina auch eine Niederlassung in Innsbruck haben, sind uns die lokalen Gegebenheiten bestens bekannt. Ebenso die etwas andere Gesetzeslage. Und Kunden wollen in der Regel dasselbe.

Nämlich?
In der Regel wollen sie an ihrem Berg eine neue touristische Attraktion. Bergbahnen haben ein Interesse daran, dass die Leute ein Ticket kaufen, ihre Infrastruktur nutzen und dadurch Arbeitsplätze entstehen.

Gibt es dennoch Unterschiede?
Das Spezielle an der Silvretta Montafon Holding GmbH als Kunde ist, dass ihnen nebst den Bergbahnen auch viele Restaurants und Hotels sowie die Bikevermietung im Tal gehören. Dadurch entsteht durch die neuen Trails, im Vergleich zu reinen Bergbahnbetreibern wie etwa in Lenzerheide, eine grössere Wertschöpfung. Hotelübernachtungen, Bikemiete und die Gastronomie machen ein Vielfaches des Bergbahntickets aus.

Jahrelange Planung, kurze Bauzeit

Insgesamt baut Colin Leutenegger mit seinem Team hier am Berg auf rund sieben Kilometern Länge drei Trails mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Vom einfachen Flowtrail für Anfänger:innen bis zum schwierigen Singletrail mit Sprüngen für geübte Biker:innen ist alles dabei. Mitte August sind die Trails fertiggestellt und werden eröffnet. Für den Unterhalt und den Betrieb der Trails ist anschliessend der Kunde verantwortlich.

Ein interessantes Detail: In der Schweiz kostet der Bau eines Meters Trail zwischen 50 und 100 Franken, je nach Gelände, in dem gebaut wird.

Apropos bauen: Ich habe der Trailcrew bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut und dabei auch Schaufel und Rechen in die Hand genommen. Was dabei herausgekommen ist, erzähle ich dir in Kürze. Wenn du nichts verpassen willst, folge hier meinem Autorenprofil und bleibe auf dem Laufenden.

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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