Villeneuve übernimmt James Bond: Hoffnung für ein Franchise am Abgrund

Luca Fontana

26.6.2025

James Bond bekommt einen neuen Regisseur – und was für einen: Denis Villeneuve übernimmt das traditionsreichste Franchise der Kinogeschichte. Ein Hoffnungsschimmer für alle, die 007 schon verloren glaubten.

Jetzt ist es offiziell: Denis Villeneuve wird den nächsten James-Bond-Film inszenieren. Das hat Amazon MGM Studios gestern Abend bestätigt – und damit nicht weniger als ein filmisches Erdbeben ausgelöst. Denn mit Villeneuve übernimmt einer der aktuell wohl besten und visuell ambitioniertesten Regisseure das traditionsreichste Agenten-Franchise der Kinogeschichte.

Doch was bedeutet das für die Zukunft von 007? Und vor allem: für dessen Seele?

Wer? Was? Wo? Wann?

Der französisch-kanadische Filmemacher, bekannt für Werke wie «Dune», «Arrival» oder «Blade Runner 2049», wird gemeinsam mit seiner langjährigen Partnerin Tanya Lapointe (als Executive Producerin) den nächsten Bond-Film umsetzen. Produziert wird das Ganze von Amy Pascal («Spider-Man: No Way Home») und David Heyman, der unter anderem hinter den «Harry Potter»-Filmen und «Paddington» steckt. Ein konkreter Titel oder Starttermin steht noch aus.

Villeneuve selbst zeigt sich in der offiziellen Mitteilung begeistert und beinahe ehrfürchtig: «Ich bin ein lebenslanger Bond-Fan. Für mich ist das heiliger Boden», so der Regisseur. «Ich will die Tradition ehren und gleichzeitig neue Missionen ermöglichen. Es ist eine riesige Verantwortung – aber auch eine gewaltige Ehre.»

Zugegeben, das klingt nach Pressemitteilung von der Stange.

Mehr als ein Regiewechsel: Warum das ein Wendepunkt für Bond ist

Zynische Spitze zum Trotz: Dass Villeneuve den nächsten Bond macht, ist für mich nicht nur eine künstlerische Entscheidung. Es ist ein Signal. Ein Hoffnungsschimmer. Und ehrlich gesagt: auch eine kleine Überraschung.

Denn noch vor wenigen Monaten zeichnete sich ein ganz anderes Bild ab. Nach der Übernahme von MGM durch Amazon im Jahr 2021 wurde die Familie Broccoli – jahrzehntelang die kreative Instanz hinter Bond – mehr und mehr aus dem Sichtfeld gedrängt. Ende vergangenen Februar wurde es dann offiziell: Barbara Broccoli und Michael G. Wilson zogen sich aus der aktiven Gestaltung zurück. Amazon übernahm die kreative Kontrolle über 007. Eine Nachricht mit fadem Beigeschmack.

Damals schrieb ich: «James Bond droht, zum seelenlosen Franchise zu werden.» Meine Angst: Ein Konzern, dessen Heimat nicht das Kino, sondern der Online-Handel ist, könnte Bond auf Prime-taugliches Fast-Food-Niveau herunterkochen. Spin-offs, Prequels, Algorithmen-getriebene Inhalte – und am Ende vielleicht sogar ein «James Bond Cinematic Universe».

Disney lässt grüssen.

Hoffnung statt Hochglanz-Fassade?

Mit Denis Villeneuve scheint nun aber jemand an Bord, der genau das verhindern könnte. Denn dieser Mann macht keine Fliessbandfilme. Villeneuve steht für elegantes, entschleunigtes, visuell kraftvolles Kino mit Substanz. Sogar dann, wenn er mit Milliarden-Franchises wie «Dune» oder «Blade Runner» hantiert. Er versteht es, Mythos und Moderne zu verbinden, ohne beidem seine Würde zu nehmen. Genau das, was Bond jetzt bräuchte.

Natürlich ist auch Villeneuve kein Garant dafür, dass Bond sich nicht doch irgendwann in Spin-offs oder Serien aufspaltet. Siehe «Dune: Prophecy», eine Spin-Off-Serie, bei der Villeneuve weder Regie führte noch am Drehbuch beteiligt war – und das spürt man. Denn sowohl bei Kritikerinnen als auch beim Publikum fand «Prophecy» nur wenig Anklang.

Aber: Villeneuve ist und bleibt trotzdem eine kreative Gegenkraft. Eine Instanz, die Qualität über Quantität stellt. Und vielleicht genau der Regisseur, den Bond jetzt braucht, um nicht Marvel-artig zu verwässern, sondern wieder als Ereignis ins Kino zurückzukehren.

Und wer wird der neue Bond?

Noch ist nicht bekannt, wer in die ikonische Rolle des Martini-schlürfenden Superagenten schlüpfen wird. Kandidaten gibt es viele – von Aaron Taylor-Johnson bis Henry Cavill. Doch wer auch immer es wird: Villeneuve wird dieser Figur seinen eigenen Stempel aufdrücken. Einen eleganten, erwachsenen, vielleicht sogar existenziellen Bond?

Klar ist: Die Richtung stimmt. Und wer weiss, vielleicht war Amazon dieses eine Mal doch klüger, als ich gedacht hatte.

Luca Fontana

Senior Editor

Luca.Fontana@digitecgalaxus.ch

Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» mehr

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