Produkttest

Sind Hifi-Kopfhörer die besseren Gamer-Headsets?

Wieso kaufen wir Kopfhörer von Herstellern, die auf Peripherie spezialisiert sind, statt von renommierten Audiospezialisten? Ich mach den Vergleich zwischen dem Astro-A50-Headset und den Studiokopfhörern Beyerdynamic DT880 Pro – mit Fokus auf Surround Sound.

Da es mir explizit um den Vergleich mit Hifi-Kopfhörern geht, fokussiere ich mich im Test auf den DT 880 Pro (250 Ohm).

Die Wahl der richtigen Kopfhörer

Was die Spezifikationen nicht verraten, ist, wie die Lautsprecher (Treiber) genau aufgebaut sind. Hier gibt es weit mehr Unterschiede als die Grösse (40 mm, 50 mm etc.) und da ist dann auch mein Latein erschöpft. Aber darum mache ich ja auch den Hörtest.

Wo sich Gaming-Kopfhörer von Hifi-Kopfhörer ausserdem Unterscheiden ist bei den Funktionen: Makro-Tasten, Fernbedienung, RGB-Beleuchtung, Abmischung von Game- und Chat-Sound etc. suchst du vergeblich. Wenn das Geld, das durch das Weglassen dieser Features gespart wird, in die Qualität der Lautsprecher fliesst, ist mir dieser Tausch recht.

Eine wichtige Frage ist auch: offen oder geschlossen. Kopfhörer mit offener Bauweise werden gerne in Studios eingesetzt und sollen den natürlichsten Klang liefern. Dafür hörst du aber auch jedes Geräusch von aussen. Wenn du dich damit im Zug abkapseln willst – Fehlanzeige. Geschlossene Systeme dichten den Bereich zwischen Ohr- und Treiber besser ab und sorgen damit für einen stärkeren Bass. Dafür ist auch der Anpressdruck auf den Kopf grösser.

Der DT 880 Pro ist halboffen, was ein Kompromiss aus beidem ist. Allerdings kann ich mir gar nicht vorstellen, wie Kopfhörer noch offener sein können. Habe ich die Dinger auf, höre ich jedes Wort um mich herum. Keine Spur von Isolation gegen Aussen. Vom Tragekomfort sind sie ausgezeichnet, da sie relativ wenig Druck auf den Kopf ausüben. Die Velours-Polster streicheln sich fast so geschmeidig wie ein flauschige Katze.

Kopfhörerverstärker oder lieber Onboard-Sound?

Die einfachste Methode ist es, den Kopfhörer direkt am Mainboard anzuschliessen. Was früher als absolutes No Go war, ist heute Gang und Gäbe. Die Soundchips sind deutlich besser geworden und klingen nicht mehr wie aus einer Mülltonne. Falls deine Kopfhörer wie meine Astro A50 per USB oder Toslink angeschlossen werden, übernimmt aber sowieso der Chip im Kopfhörer die Audioverarbeitung.

Schliesst du die Kopfhörer hingegen analog per 3.5-mm-Kabel an, dann kommt die Onboard-Soundkarte zum Einsatz. Je nachdem, wie viel Ohm die Kopfhörer besitzen, ist hier bereits Schluss mit Lustig. Selbst die besten Mainboards haben zu schwache Audioverstärker verbaut, um anspruchsvolle Kopfhörer mit hoher Impedanz anzusteuern. Der Sound ist dann sehr leise.

Soundcheck: DAC vs. Onboard-Sound

Zuerst vergleiche ich aber den DAC mit meinem Mainboard, um zu testen, ob der Verstärker wirklich was bringt. Ich besitze ein Gigabyte Z270X-Gaming 5, das auf den Audiochip Sound Blaster X-Fi MB5 setzt.

Testsetup

  • Beyerdynamic DT 880 Pro
  • Alle Soundeffekte deaktiviert
  • Stereomodus
  • Neutraler Equalizer
  • Gleiche Musik-Auswahl (Google Music 320kbits)
  • Gleiche Spiele-Auswahl («Overwatch», «Apex Legends», «The Division 2», «Battlefield 5», «Doom»)
  • 7.1-Testaudio von «Soma»

Auch bei der «Soma»-Demo, wo sich der Spieler durch schummrige Gänge bewegt und aus allen Ecken unheimliche Geräuschen kommen, klingt der Sound mit dem DAC räumlicher und knackiger.

Mit seinen 250 Ohm ist der Beyerdynamic DT 880 Pro nicht der ideale Kopfhörer für den Vergleich mit einer Onboard-Karte. Dafür ist der Sound zu leise. Dennoch ist der Unterschied zum Sound BlasterX G6 klar bemerkbar. Ich muss aber auch sagen, dass der Onboard-Chip einen guten Job macht. Wer nie den Direktvergleich macht, wird auch kaum was auszusetzen haben.

Soundcheck: Beyerdynamic 880 Pro vs. Astro A50

Testsetup

Ohne zusätzliche Audio-Effekte (DTS:X etc.) klingt der DT 880 Pro quer durchs Feld klarer und präziser. Der Klang vom Astro A50 ist leicht verklärt und Richtungswechseln sind weniger fliessend vom einem Ohr zum andern. In «Apex Legends» ist der Qualitätsunterschied besonders auffällig. Dort klingt der DT 880 Pro, als ob er mit einer höheren Bitrate gefüttert wird.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist die halboffene Bauweise. Der Sound klingt damit tatsächlich sehr luftig – fast zu sehr. Da ich auf kräftige Bässe stehe, vermisse ich den Wumms, wenn ich in «Apex Legends» eine Wingman abfeuere oder in «The Division 2» mit einer Shotgun die Strasse aufmische. Zeit, am DAC rumzuschrauben.

Da ich den Astro A50 fast ausschliesslich mit aktivierten Raumklangfunktion DTS Headphone:X 2.0 betreibe, mache ich einen zweiten Vergleich mit Audio-Effekten. Beim Sound BlasterX G6 stelle ich in der Sound-Blaster-Connect-Software Surround auf 40/100, Crystalizer auf 50/100 und den Bass auf 50/100. Ausserdem aktiviere ich den 7.1-Modus.

Das gleiche Bild ergibt sich bei den Testspielen. Der DT 800 Pro liefert ein komplexeres und klareres Klangbild ab als der Astro A50. Dort rumst es zwar dank der geschlossenen Bauweise und DTS:X mehr, aber ich merke klar, wie ich mehr Begeisterung verspüre bei den Kopfhörern von Beyerdynamic. Das Klangbild ist grösser und vielfältiger, während sich beim Astro A50 Geräusche teilweise überlagern.

Da mir Beyerdynamic mit dem MMX 300 noch ein Gamer-Headset mitgeschickt hat, hab ich auch dort reingehört. Es verfügt ebenfalls über geschlossene Bauweise und liefert für mich persönlich die beste Mischung aus Klang und Bass von den dreien.

Soundcheck: Surround Sound

Genauso wie beim Klang des Headsets kommt es auch beim Surround auf die persönliche Präferenz an. Mein Favorit wäre Hesuvi, wenn die Einrichtung und die Bedienung nicht etwas umständlich wären. Die Software bietet definitiv am meisten Einstellungsmöglichkeiten. Ich bleibe bei Sound Blaster Connect, da ich mir damit zusätzliche Programme spare und das Resultat in etwa gleich gut ist.

Mikrofon

Fazit: Wenn du es mal gehört hast, gibt es kein zurück

Für mich ist die Sache klar. Hifi-Kopfhörer sind die besseren Gamer-Headsets. Das Beyerdynamic 880 Pro klingt eindeutig besser als meine treuen Astro A50. Es ist, als ob ich vorher einen Schleier über den Ohren gehabt hätte. Besonders in Verbindung mit dem DAC von Creative drehen die Kopfhörer so richtig auf. Auf Surround Sound muss man auch nicht verzichten, weil die Software dafür ohnehin mit allen Kopfhörern verwendet werden kann.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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