
Produkttest
Hyundai Kona EV im Test: Das surrende Grinsen
von Dominik Bärlocher
Der Porsche Taycan wird der Öffentlichkeit gezeigt. Ein paar Minuten im Cockpit zeigen, wie sich Porsche die Zukunft des Autos vorstellt. Und was ist mit dem Steuerrad schiefgelaufen?
Die Auto Zürich zeigt dieses Wochenende nicht nur Neuwagen, Oldtimer und allerlei Zubehör (inklusive, aus irgendeinem Grund, Fernseher aus dem Hause Samsung und LG). Ein Highlight steht am Stand der deutschen Sportautomarke Porsche: Der Porsche Taycan.
Der Taycan ist Porsches Antwort auf Tesla, den Hyundai Kona und wie sie alle heissen. Mit dem Taycan tritt Porsche an im Rennen um die Zukunft des Autos. Erste Lorbeeren sind irgendwo zwischen beeindruckend und seltsam. Der erste Rekord, der von Porsche für den Taycan beansprucht wird, ist «Schnellste Runde eines viertürigen Elektrofahrzeugs». Ein Rekord, den Porsche wohl auf dem Nürburgring für den Taycan erfunden hat. Das ist marketingtechnisch nur wenig vom ultraspezifischen «Schnellste Runde eines roten Elektrofahrzeugs am Dienstagnachmittag» entfernt. Trotzdem: Der Taycan ist schnell und beeindruckend. Aber wie viel davon ist Hype? Wie viel Wahrheit?
An der Auto Zürich hast du erstmals die Möglichkeit, im Cockpit des Elektro-Sportwagens Platz zu nehmen, das Steuer zu fühlen und die neuen Armaturen anzusehen. Nur fahren geht nicht. Schade. Aber verständlich.
Wenn du dich in den Taycan setzt, dann verfliegt eine Illusion: Dass der Taycan aussen und innen ein Porsche ist. Aussen ja. Denn keiner wird je abstreiten können, dass der Porsche Taycan in der Tat ein Porsche ist. Das Design, selbst mit den neuen «Säbelzähnen» unter den Scheinwerfern, fühlt sich an wie die logische Weiterentwicklung der klassischen Porsche-Ideen an. Ganz grosse Arbeit.
Ich setze mich hin.
Ich fasse das Steuerrad an.
Oh Gott.
Alcantara.
Ein kleiner Einschub hier: Ich, als Person, mag Alcantara nicht. Überhaupt nicht. Ich mag die synthetische Mikrofaser nicht. Nicht in Autos, nicht an Microsofts Surface Laptops. Aber ich bin mir bewusst, dass ich hier in der Minderheit bin. Denn wenn ich nicht die Minderheit wäre, dann hätten Autohersteller und Microsoft längst damit aufgehört, Alcantara zu benutzen. Mich schaudert nur schon der Gedanke an plüschige Technologie. Ende des Einschubs.
Der Rest des Steuerrades ist aber angenehm minimalistisch gehalten. Denn viele moderne Autos klatschen unendlich viele Knöpfe auf das Steuer. Tempomat, Sprachassistent, Telefonkontrolle, Stereoanlage und Steuerkreuz für den Onboard Computer. Das ergibt durchaus Sinn. Zumindest theoretisch. Du sollst während der Fahrt nicht an der Mittelkonsole rumwerkeln, sondern die Augen auf der Strasse richten. An und für sich ist an dieser Logik nichts falsch, aber wenn da ein Dutzend sich identisch anfühlende Knöpfe sind, dann zerschellt das Konzept an sich selbst. Der Taycan aber hat viele dieser Controls in das Tablet in der Mittelkonsole verlegt. Das macht das Steuer erstaunlich schlank und angenehm. Schön.
Der Porsche Taycan ist ein Automat. Natürlich ist er das, denn ich bin mir sicher, dass der Computer im Taycan besser schalten wird als es ein normaler Mensch je können wird. Rennfahrer ausgenommen. Vielleicht. Aber trotzdem musst du als Fahrer irgendwo mindestens von D in N oder R schalten können. Ein Schaltknüppel suchst du vergebens, denn die Mittelkonsole ist beinahe komplett von einem Tablet ersetzt worden. Da scheinen auch keine Knöpfe zu sein, wie im Hyundai Kona EV, die das Schalten regeln.
Gut, Schaltknüppel und schalten bei EVs sind so eine Sache. Bis auf den Porsche Taycan haben alle EVs auf dem Markt nur einen Gang vorwärts und einen rückwärts. Da musst du nicht viel schalten. Porsche aber hat im Taycan einen zweiten Gang eingebaut, inspiriert von Lösungen aus dem Rennsport. Macht das echt bei der alltäglichen Fahrt einen Unterschied? Kann ich beim neuen Zweigangetriebe manuell schalten? Oder sind das nur zwei Fahrmodi?
Das Tablet in der Mitte erinnert stark an Tesla. Alles, was du mit dem Fahrzeug anstellen kannst, ist da zentralisiert. Klimaanlage, Türen öffnen, Tankdeckel öffnen und schliessen und allerlei anderes. Die ersten Funktionen scheinen recht einfach erreichbar und benutzbar zu sein. Ist etwas schwierig zu sagen, wenn der Schlüssel, der alle Funktionen freischaltet, zu weit vom Fahrzeug am Stand an der Messe Zürich entfernt und das Auto scheinbar in einem Demo-Modus ist, der das Aufstarten des Fahrzeugs verhindert. Okay, ist auch vernünftig so, denn sonst wäre ich der erste, der mit dem Gedanken spielen würde, einen Meter vor und zurück zu fahren.
Mehr Sorgen macht das kleinere Display gleich über dem Haupt-Tablet, das ein Magnet für Fingerabdrücke ist. Denn dort sind Informationen zum Fahrzeug ersichtlich. Und das Navigationssystem? Wenn das Display nicht konfigurierbar ist und das Display gedrittelt bleibt und die Navigation weiterhin da versorgt ist, dann bist du unter Umständen mit einem grösseren, externen Navi besser bedient.
Aber es ist echt noch zu früh, um hier etwas zu kritisieren.
Ein absolutes Highlight aber ist die Uhr auf dem Armaturenbrett. Denn der Sekundenzeiger ist altmodisch und tickt pro Minute einmal im Kreis. Irgendwie macht der Zeiger inmitten all der futuristischen Displays einen netten klassischen Kontrast.
Ein kleines Detail aber hat mich in der kurzen Zeit, die ich mit dem Taycan im Zürcher Hallenstadion hatte, besonders amüsiert. Der Tankdeckel. EVs wie der Kona oder JAC haben einen Hebel im Innern, mit dem du die Steckdosen freigeben kannst. Du drückst den Knopf und da springt ein Deckel recht abrupt und plump auf. Beim Taycan aber hat Porsche sich da etwas überlegt.
Du drückst entweder auf dem Tablet einen Knopf oder streichst über das schwarze Deko-Element aussen neben dem Tankdeckel. Dann fährt der Deckel langsam und kontrolliert auf.
Ist das unnütz? Ja. Ist es komplett over-engineered? Natürlich. Aber es sieht gut aus und macht Spass. Spannend auch ist die Tatsache, dass der Porsche Taycan zwei Tankdeckel hat. Beide sind gleich vor dem Fahrgastraum. Auf der Beifahrerseite versteckt sich ein CCS Charger und auf der Fahrerseite ein Type 2 Charger. Seltsam. Spannend. Was passiert, wenn beide angeschlossen sind? Lädt der Taycan schneller?
Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden. Auf der Strasse. Hinter dem Steuer.
Wenn du selbst im Porsche Taycan Platz nehmen möchtest, die Auto Zürich ist noch bis und mit Sonntag, 3. November 2019, geöffnet.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.