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von Anna Sandner

Junge Erwachsene lernen aus Kurzvideos weniger, als wenn sie die gleichen Inhalte lesen. Und nicht nur das: Die Kurzvideos versetzen sie in einen anderen Denkmodus.
In der aktuellen Diskussion um Social-Media-Verbote für Kinder geht es meist um Risiken wie Cybermobbing, Sucht und psychische Folgen wie Stress und Einsamkeit. Nun häufen sich Hinweise darauf, dass Kurzvideos im Tiktok-Stil auch schlicht doof machen: Nur wenige Minuten Tiktok gucken – schon verflacht das Denken. Einen solchen Effekt hat Thorsten Otto vom Institut für Pädagogische Psychologie der TU Braunschweig in der Fachzeitschrift «Computers & Education» beschrieben.
Für sein Online-Experiment hatte der Psychologe 123 Versuchspersonen, im Schnitt 25 Jahre alt, zufällig in vier Gruppen eingeteilt. Eine Hälfte bekam zunächst drei Minuten lang unterhaltsame Kurzvideos vorgespielt, die andere nicht. Danach wurden die beiden Gruppen weiter aufgeteilt: Dem einen Teil wurde ein kurzes Lernvideo im Tiktok-Stil zum Thema deutsche Sprache vorgesetzt, dem anderen Teil ein Text gleichen Inhalts, ebenfalls auf dem Bildschirm. Darin ging es unter anderem um die richtige Mehrzahl von «Wort» – je nach Kontext mal «Worte», mal «Wörter». Zum Schluss beantworteten sämtliche Versuchspersonen Fragen zu den Inhalten und absolvierten weitere Tests zu ihrem Denkmodus: Wollten sie etwas wirklich verstehen – oder nur passiv zuhören? Und wie tief dachten sie über die gestellten Aufgaben nach?
Die schlechtesten Ergebnisse im Wissenstest erzielte die Gruppe, die sowohl die Unterhaltungsfilmchen als auch die Lernvideos gesehen hatte. Aber auch einzeln wirkten sich die Kurzfilme ungünstig aus. Wer die Informationen per Video anstatt in Textform erhalten hatte, konnte sich weniger merken. Vorher Unterhaltungsvideos zu gucken, minderte zwar nicht messbar den Lernerfolg, doch im Test zeigte sich eine Tendenz zum oberflächlichen Denken.
Thorsten Otto vermutet, dass die schnellen Kurzvideos die Dopaminausschüttung im Gehirn stimulieren und damit ein passives, oberflächliches Denken fördern. Und das könne bei häufigem Konsum zum Dauermodus werden, spekuliert er. Auch andere Studien hätten bereits gezeigt, dass intensive Mediennutzung und schlechte Denkleistungen zusammenhängen. Zum Beispiel legten Experimente nahe, dass das Anschauen von Kurzvideos das Gedächtnis und das analytische Denken bei Studierenden beeinträchtigt.
«Das bedeutet nicht, dass Kurzvideos grundsätzlich für den Unterricht ungeeignet sind», schreibt Otto. Man müsse sie allerdings anders gestalten, etwa das Tempo drosseln und darauf achten, dass die Zuschauenden nicht in eine passive Konsumhaltung geraten. Ausserdem könnten sie sich dafür eignen, Interesse und Aufmerksamkeit zu wecken für ein Thema, das danach im Unterricht weiterbehandelt wird.
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