

Kryptonite Keeper 785: Wenn das Veloschloss ZU sicher ist

Veloschlösser müssen einen einzigen Zweck erfüllen. Sie sollen Fahrräder vor Dieben schützen. Was aber, wenn es dich vor dir selber schützt?
Knapp einen Monat nach dem ich meinen neuen Job in Zürich anfing, wurde mir schon mein Fahrrad geklaut. Dabei war es mit einem fetten Schloss gesichert. Einfach mitgenommen haben sie es, die Schurken. Ich hätte es wohl an einen Zaun ketten sollen.
Da ich ein geklautes Velo pro Monat weder mir, noch meiner Versicherung zumuten kann, musste etwas Gröberes her. Für mein nächstes Fahrrad kaufte ich deshalb ein noch massiveres Schloss. Das Kryptonite Keeper 785. Mit dem Namen ist es sogar vor Superman sicher. Laut diversen Bewertungen gilt es als besonders diebstahlsicher und dank der langen Kette kann man es auch gut irgendwo befestigen.

Ich hätte es ahnen müssen
Von Anfang an fiel mir auf, dass das Schloss etwas streng zu öffnen ist. Der Schlüssel hat auch eine sehr auffällige Form. Wohl Voraussetzung, dass das Schloss besonders sicher ist. Daher dachte ich mir nicht viel dabei. Schon nach einigen Wochen wurde das Öffnen und Schliessen noch strenger. Zu viel Würgen wollte ich nicht, da ich Angst hatte, den Schlüssel zu verdrehen. Trotzdem kam es, wie es kommen musste: Das Schloss streikte komplett. Ich konnte den Schlüssel noch knapp 45 Grad drehen, mehr ging nicht. WD 40 half nicht, reinigendes Öl half auch nichts. Der Schlüssel rutschte lediglich besser ins Schloss, aber aufschliessen liess es sich immer noch nicht. Es half alles nichts: Das Schloss musste weg. Hätte ich zuvor den Kommentar eines Users gelesen, der das gleiche Problem hatte, wäre ich gewarnt gewesen.

Seitens Kryptonite ist das Problem mit dem Keeper 785 nur bedingt bekannt. «Mit Sicherheit können wir sagen, dass es kein generelles Problem mit diesem Schloss gibt – ansonsten würden wir es nicht mehr verkaufen», heisst es von unserem Kryptonite-Distributor Element Sports. Kaputte Zylinder seien schon mal vorgekommen, in diesem Fall wird das Schloss aber umgehend ausgetauscht.
Eisensäge vs. gehärteter Stahl

Glücklicherweise verweigerte sich mir das Schloss vor unserem Büro und nicht am Bahnhof, so dass ich beim Kollegen kurz die Eisensäge ausleihen konnte. Fünf Minuten später war ich leicht am Schwitzen und die Säge hatte alle ihre Zähne verloren. Und das Kryptonite Keeper? Eine kleine Schramme. Mist. Da musste gröberes Geschütz her. Mein nächster Gedanke war ein Bolzenschneider. Leider befinden sich keine Einbrecher unter uns oder sie wollen sich nicht outen, so dass mir nur noch der Velomech blieb.

Der nächste Mechaniker in unserer Nähe ist Velotto, wo man mir gleich am Telefon mitteilte: «Einen Bolzenschneider haben wir keinen, aber das Teil bringen wir schon auf.» Also machte ich mich halb schleppend, halb stossend auf zum Velotto. Wenigstens hatte ich das Fahrrad nicht an einer der fetten Eisenstangen angekettet. So blieb das Velo halbwegs mobil. Ob ich den TCS hätte rufen können?
Wir brauchen mehr Power

Beim Velotto erwartete mich bereits ein freundlicher Mitarbeiter, der mein Velo nach Sichtung meines Schlüssels, an den Schnellspanner klemmte und den Winkelschleifer zückte. Als ich ihm erzählte, dass ich mich bereits vergeblich mit einer Eisensäge abgemüht hatte, konnte er nur müde lächeln: «Das ist gehärteter Stahl, da hast du keine Chance mit einer Eisensäge». Hmm, hätte ich als gelernter Automatiker wohl wissen sollen. Hoffentlich erfährt das nie mein ehemaliger Lehrmeister. Dabei heisst es doch immer: Probieren geht über studieren.

Zehn Sekunden später sprühten jedenfalls die Funken, dass es nur so eine Freude war. Ganz so fix wie erwartet, ging es dann aber doch nicht. Selbst das über 1500 Watt starke Gerät hatte mit dem Kryptonite zu kämpfen. «Ist wirklich ein robustes Schloss», musste der Mech eingestehen, obwohl er kein Fan von Kryptonite-Schlössern sei. Nach ein paar Minuten war der Widerstand schliesslich gebrochen und mein Velo war wieder frei. Ich sah es ihm an, dass es innerlich Luftsprünge machte wie ein junges Reh.
Lieber eine Nummer kleiner

Der Spass kostete mich gerade mal 12 Franken. Ein faires Lösegeld, finde ich. Da ich mein Velo aber nicht ungeschützt der Zürcher Velomafia überlassen wollte, musste ein neues Schloss her. Obwohl ich einen ordentlichen Funkenregen zu schätzen weiss, hatte ich doch keine Lust mehr auf die Einwegschlossvariante. Künftig beschützt ein Abus uGrip meinen Drahtesel. Eindeutig weniger massig, aber vom werten Velomech gabs trotzdem ein zuversichtliches: «Yep, das kann auch was». Mal sehen, wie lange es hält.
Mein neuer Beschützer
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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.