Produkttest

Gaming-Komponenten im (schönen) Schuhkarton: Das Osmi 3.1 im Test

Kevin Hofer
11.8.2020

Das Osmi 3.1 von HG Computers ist mit 8,6 Litern Volumen etwa so gross wie ein Schuhkarton. Es soll gemäss Hersteller sogar als Gaming-PC dienen. Das funktioniert ganz gut, wenn du nicht High-End-Komponenten verbauen willst.

Schick sieht es aus, das Osmi 3.1. Seine weisse Schale mit abgerundeten Ecken gefällt mir sehr gut. Ins Auge sticht der schwarze Standfuss, der das Gehäuse optisch schweben lässt. Mit 180×180×255 Millimetern und 1,88 Kilogramm ist das Osmi nicht nur kompakt, sondern auch ein Leichtgewicht.

Ein erster Augenschein

Das Osmi 3.1 wirkt sehr gut verarbeitet. Es hat nirgends Spalten oder sonstige Öffnungen, die nicht dem Design oder Airflow geschuldet sind. Nach dem Lösen von vier Schrauben auf der Rückseite lässt sich die weisse Aussenhülle abheben. Schönes Detail: HG Computers verwendet für die Aussenhülle Innensechskant-Schrauben. Das wirkt auf mich edler als eine Kreuzschlitzschraube.

Ist die Aussenhülle mal weg, sehe ich das ganze Innere auf einen Blick. Oben wird das Gehäuse über ein schwarzes Gitter entlüftet. Die Abstände des Gitters sind mit 10×10 Millimetern relativ gross. Es kann also viel Staub ins Gehäuse eindringen, zumal es keinen Staubfilter hat. Doch auch hier zeigt sich die Liebe zum Detail: Die Löcher orientieren sich bei der Form am Gehäuse, sprich die Ecken der Quadrate sind abgerundet.

Auf der Unterseite lässt sich ein Gehäuselüfter anbringen. Dieser saugt durch die 1,3 Millimeter grosse Aussparung zwischen Standfuss und Gehäuseunterseite frische Luft ins Gehäuse. Der Lüfter muss 140 Millimeter gross sein; einen kleineren kannst du ohne zu bohren nicht anbringen. Auch auf der Unterseite fehlt ein Staubfilter.

Das Mini-ITX-Mainboard wird seitlich montiert, am Boden ist ein Dual-PCI-Slot für kompakte Grafikkarten ausgestanzt. Die dürfen bis zu 170 Millimeter lang sein. Ein Riser-Kabel ist für die Installation nicht notwendig. Die Platzierung der Grafikkarte ist jedoch nicht optimal, wie der Test zeigen wird.

Das Gebastel mit dem Lüfter

Die Oberseite entferne ich ebenfalls. Meine Überlegung: Wenn ich nur noch die drei Innenseiten des Gehäuses habe, ist die Montage der PC-Komponenten einfacher, weil ich überall gut dazu komme. Eine Fehlüberlegung, wie ich später feststelle, da die Ober- und Unterseite von Innen angeschraubt werden.

Der Rest ist relativ einfach

Ich mache mich daran, folgende Komponenten im Gehäuse zu verbauen:

Im Grossen und Ganzen klappt das Zusammenbauen gut, wenn man den Aufbau des Gehäuses verstanden hat. Das Osmi 3.1 ist sehr gut verarbeitet, hat keine Ecken und Kanten an denen ich mich schneiden kann und alles ist gut durchdacht.

Test-Setup und -Methode

Das Osmi 3.1 ist mit keinem bisher von mir getesteten Gehäuse vergleichbar. Bisher habe ich nebst dem H1 von NZXT ausschliesslich Midi-Tower getestet. Dennoch verwende ich eine ähnliche Methode wie bei den sonstigen Gehäuse-Reviews.

Das Wichtigste an einem Gehäuse ist der Airflow. Das heisst: Wie effizient wird frische Luft ins Gehäuse befördert und auch wieder raus? Um das zu testen, unterziehe ich die verbauten Komponenten im Gehäuse den Stresstests HeavyLoad (für die CPU) und FurMark (für die GPU).

Die Ergebnisse

Beim Zusammenbauen des Gehäuses ist mir vor allem etwas ins Auge gestochen: Der Intake-Lüfter unten ist zwar eine super Idee, die Grafikkarte darüber blockiert jedoch den Airflow. Halte ich während des Tests meine Hand über den Deckel, weht mir im besten Fall das laue Lüftchen des CPU-Kühlers in die Hand. Mit dem Thermometer messe ich dort rund 50° Celsius.

Auffällig gut ist das Resultat der Grafikkarte. Die wird maximal 67° Celsius warm. Beim Review der Karte habe ich zwischen 60° und 65° Celsius gemessen – und das auf der offenen Testbench. Erstaunlich ist das gute Resultat jedoch nur bedingt: Die Karte profitiert vom ganzen Airflow des 140-Millimeter-Intake-Lüfter, der direkt auf die 1660 Super bläst.

Leider wird der ganze Airflow durch die Karte abgeblockt. Das Mainboard und die SSD werden mit 55° und 62° Celsius relativ warm. Auch das Chipset wird mit 74° Celsius ziemlich warm. Beim Review des H1 habe ich bei Mainboard und Chipset 49° respektive 63° Celsius gemessen. Das sind sechs respektive elf Grad weniger.

Die Lärmemission hält sich für die offene Bauweise des Gehäuses im Rahmen: Aus dreissig Zentimetern Entfernung messe ich mit meinem dB-Messgerät 41.5 dB. Das empfinden wir Menschen als leise.

Fazit: Schickes Gehäuse mit Airflow-Defizit

Mit dem Osmi 3.1 liefert HGC ein schön designtes Gehäuse ab, das mit seiner guten Bauerfahrung überzeugt. Bei der Verarbeitung gilt es einzig die fehlenden Staubfilter oben und unten zu bemängeln.

Beim Airflow stösst das Gehäuse jedoch an Grenzen. Der Intake-Lüfter unten ist eine gute Idee, jedoch wird der Airflow durch die GPU gestört und Mainboard, RAM und Co. bekommen beinahe keinen Luftstrom ab. Hier wäre eventuell eine Sandwich-Bauweise mit zwei Kammern, einer für die CPU und einer für die GPU, besser gewesen. Dann wäre jedoch ein Riser-Kabel nötig, um die GPU mit dem Mainboard zu verbinden.

Die Test-CPU Ryzen 9 3900X ist schlicht Overkill für das Osmi. Mit einer kleineren CPU, wie einem i5-10600K oder einem Ryzen 5 3600X, würde das Gehäuse die Wärmeentwicklung problemlos meistern. Willst du darin einen Gamer-PC verbauen, sehe ich eher eine dieser CPUs in Kombination mit einer GTX 1660 Super. Da der Airflow bei der GPU sehr gut ist, könntest du sogar eine RTX 2060 verbauen.

19 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


Gaming
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Computing
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Produkttest

Unsere Expertinnen und Experten testen Produkte und deren Anwendungen. Unabhängig und neutral.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    NZXT H1: Hammer Gehäuse zu (scheinbar) schwindelerregendem Preis

    von Kevin Hofer

  • Produkttest

    Ein Gehäuse mit Ecken und vor allem Kanten: Kolink Rocket

    von Kevin Hofer

  • Produkttest

    Noctua NH-P1 im Test: So geht passive Kühlung

    von Kevin Hofer