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Epigenetik: Wie Sport unsere Zellen verändert

Sport kann unser Erbgut verändern - genauer gesagt, jene molekularen Markierungen, die Gene steuern. Fachleute wollen daran ablesen, welcher Sport wem am meisten nützt.

Bei den sportlichen älteren Herren waren Gene, die für die Energiegewinnung, den Muskelaufbau oder den Schutz vor freien Radikalen gebraucht werden, weniger stark methyliert als bei den unsportlichen Probanden. Diese Gene werden bei ihnen folglich häufiger abgelesen und in die entsprechenden Proteine übersetzt, wie das Team um Regenberg feststellte.

Nicht nur die DNA – auch ihre Verpackung ist wichtig

Ob Gehirn-, Muskel- oder Leberzelle – im Prinzip enthält jede unserer Zellen dasselbe Erbgut. Welche Gene darin abgelesen werden und der Zelle ihr typisches Aussehen sowie ihre Funktion verleihen, bestimmt unter anderem die Epigenetik. Man kann sich das wie eine Art Textformatierung vorstellen: Anhand bestimmter Markierungen erkennt die Zelle, welche Stellen im Erbgut besonders wichtig sind.

Warum Sport gegen Diabetes hilft

Einer der wichtigsten Effekte von regelmässigem Sport: Man baut Muskelmasse auf. Das lässt uns nicht nur besser aussehen, sondern kurbelt auch unseren Stoffwechsel an. Wir reagieren sensibler auf Insulin, jenes Hormon, das die Zuckeraufnahme in unsere Zellen steuert. Dieser Mechanismus ist bei Menschen mit Diabetes gestört.

«Das Tolle ist: Man kann auch mit Sport den Blutzuckerspiegel regulieren», sagt Pharmakologin Annette Schürmann. Darum rate sie Diabetikern stets dazu, ihre körperliche Aktivität zu steigern. Schürmann untersucht am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, welche genetischen und epigenetischen Veränderungen zur Entstehung von Diabetes führen. Daraus wollen die Forscher neue Erkenntnisse zur Behandlung der Volkskrankheit schöpfen.

Das Tolle ist: Man kann auch mit Sport den Blutzuckerspiegel regulieren.
Annette Schürmann, Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

Wie viel Sport muss sein?

Genetik und Epigenetik beeinflussen sich gegenseitig

Früher dachten Wissenschaftler, dass man einzig anhand solcher Sequenzunterschiede erklären könne, weshalb Menschen für manche Krankheiten besonders anfällig sind. Dass diese Erklärung nicht ausreicht, zeigt sich beispielsweise bei eineiigen Zwillingen. Obwohl ihr Erbgut identisch ist, entwickeln sie nicht zwangsläufig dieselben Krankheiten.

Vielmehr sei es so, dass sich Epigenetik und Genetik gegenseitig beeinflussen, sagt Bloch. Sind bei jemandem in einem bestimmten Gen beispielsweise besonders viele Cytosine enthalten, so kann dieses besonders stark methyliert werden. Das kann sich am Ende sowohl positiv als auch negativ auf die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Person auswirken. Welchen Einfluss Sport – und eine damit einhergehende Veränderung der Methylierung – hätte, ist schwer abzuschätzen.

Alkohol ist ein hervorragender epigenetischer Regulator.
Wilhelm Bloch, Deutsche Sporthochschule Köln

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