Produkttest

Durchzug programmiert: Fractal Torrent im Test

Kevin Hofer
4.10.2021

Mit dem Torrent versucht sich Hersteller Fractal Design mit einer neuen Formgebung. Statt einer Schachtel mit Kanten ist das Torrent eine Schachtel mit abgerundeten Kanten. Viel wichtiger als die Form ist bei einem Gehäuse jedoch der Airflow – und der ist erstklassig.

Das Torrent sieht eindrücklich aus. Die Front mutet wie ein futuristischer Antrieb an. Sie könnte direkt aus einem Science-Fiction-Film stammen. Die Front ist denn auch das Herzstück des Gehäuses: Sie ist bis auf die Musterung offen. Das Gehäuse schreit förmlich nach gutem Airflow – also wie gut frische Luft ins und heisse aus dem Gehäuse transportiert wird.

Luftige Sache

Das Torrent gibt es wie alle neuen Fractal-Gehäuse in mehreren Ausführungen: schwarz, grau und weiss, mit Glas- oder geschlossenem Seitenpanel und mit RGB-Lüftern oder solchen ohne Geblinke. Fractal stellt mir für das Review die graue Version mit Glas-Panels auf beiden Seiten und RGB-Lüftern zur Verfügung.

Das Torrent ist sehr gut verarbeitet. Es hat keine Farbabweichungen, alle Teile schliessen bündig, es scheppert oder wackelt nichts.

Hinter der Raumschiff-Front, die auch einen Staubfilter integriert hat, befinden sich zwei 180-Millimeter-RGB-Lüfter. Abgesehen von der Front gibt es in Bezug auf das Design einen entscheidenden Unterschied zu den anderen Fractal-Gehäusen: Statt einer Schachtel mit Ecken ist es jetzt eine Schachtel mit abgerundeten Ecken. Nicht gerade eine Design-Revolution, aber immerhin bricht das Torrent etwas mit der bisherigen Fractal-Design-Sprache «quadratisch, praktisch, gut».

Mit seinen 544×242×530 (L×B×H) Millimetern wirkt das Torrent auf mich als Mini-ITX-Fan riesig. Das liegt auch daran, dass die Füsse mit 35 Millimetern eher hoch sind. Dadurch können die drei vormontierten 140-Millimeter-Lüfter auch von unten ordentlich frische Luft anziehen.

Womit ich bei den Lüftern bin: Im Torrent lassen sich vorne und unten maximal zwei 180er oder drei 120/140er platzieren. All diese Lüfter sind dazu da, frische Luft ins Innere des Gehäuses zu transportieren. Als Ausstosslüfter ist maximal ein 140er hinten möglich. Das Gehäuse ist also auf positiven Druck ausgelegt.

Netzteil oben

Schaue ich mir die Rückseite des Gehäuses an, fühle ich mich in die 1990er-Jahre zurückversetzt. Das Netzteil wird beim Torrent oben angebracht. In modernen Gehäusen kommt es in der Regel unten zu liegen.

Die Seiten-Panels lassen sich ausklinken und sind innert Sekunden entfernt. Das Top-Panel ist mit zwei Fingerschrauben befestigt und die Front lässt sich ebenfalls einfach ausklinken. Sobald das Vorderteil weg ist, kann ich den unteren Staubfilter entfernen. Das Gehäuse lässt sich rasch und unkompliziert in seine Einzelteile zerlegen.

Die Lüfter unten sind an einer Halterung befestigt, die sich mit zwei Fingerschrauben entfernen lässt. So kann ich die Lüfter einfach ausserhalb des Gehäuses ab- und anmontieren oder auch einen Radiator für eine Wasserkühlung anbringen. Wenn ich die grossen Lüfter vorne durch kleinere ersetzen möchte, liegt im Lieferumfang eine entsprechende Halterung bei.

Oben hat es nebst Platz für das Netzteil auch drei Fillports. Über diese könnte ich eine Wasserkühlung befüllen, wenn ich denn eine einbauen würde. Was ich hier nicht tue. Vorne befinden sich der Power- und Reset-Knopf sowie ein USB-3.1-Gen-2-Typ-C-, zwei USB-3.0-Typ-A-Anschlüsse sowie ein HD-Audio-Steckplatz.

Fractal integriert im Torrent einen Fan-Hub, an dem sich bis zu neun 4-Pin-Lüfter anschliessen lassen. Weiter hat es diverse Klettverschlüsse, um die Kabel zu führen. Selbstverständlich dürfen auch Kabeldurchführungen, durch die ich die Kabel nach vorne bugsiere, nicht fehlen.

Apropos Fan-Hub: Gewisse Nexus-9P-Fan-Hubs in den Torrent-Gehäusen wurden bei der Produktion beschädigt. Sie können daher Kurzschlüsse verursachen. Fractal und Digitec Galaxus haben daher vor einigen Wochen den Verkauf ausgesetzt. Wenn du jetzt ein Torrent bei uns bestellst, kriegst du den neuen Fan-Hub mitgeliefert. Glücklicherweise wurden vor Bekanntwerden des Problems noch keine Gehäuse an Kundinnen ausgeliefert.

So baut es sich im Gehäuse

Apropos verkabeln: Da ich die Version mit RGB-Lüftern zum Testen habe, hat jeder Lüfter zwei Kabel: Ein PWM zur Steuerung und Stromversorgung und eines für die Beleuchtung. Ich muss also erst die PWM-Kabel zum Controller hinten führen und dann die RGB-Kabel
Seriell schalten und mit dem Mainboard verbinden. Das sind ziemlich viel Kabel.Entsprechend sieht es auf der Rückseite des Gehäuses um.

Selbstverständlich hätte ich mir auch etwas mehr Mühe geben können beim Kabel-Management. Da es sich um ein Testsystem handelt, ist es mir den Aufwandnicht Wert. Hast du die Gehäuse-Version mit RGB-Lüftern, ist der Kabelsalat also programmiert und du musst dir Zeit dafür nehmen.

So gut ist der Airflow

Wichtiger als das Design und die Bauerfahrung ist bei einem Gehäuse der Airflow. Wie immer teste ich das Gehäuse im Stock-Zustand, also so wie es geliefert wird. Ich schliesse keine zusätzlichen Lüfter an und lasse im BIOS die Lüftersteuerung auf Standard.

Üblicherweise verwende ich bei Gehäuse-Reviews ein Intel-System mit i9-10900K. Da dieses derzeit anderweitig im Einsatz ist, nehme ich mein Testsystem mit Ryzen 9 3900X und folgenden weiteren Komponenten:

Um den Airflow zu testen, lasse ich die beiden Stresstests – AIDA64 für die CPU, RAM und die SSD sowie FurMark für die GPU – während zwanzig Minuten laufen und überwache die Temperaturen mit HWiNFO64.

Bevor ich den Test starte, messe ich die Umgebungstemperatur und die Temperaturen der Komponenten sowie die Lautstärke im Leerlauf. Im Leerlauf messe ich mit meinem Schallpegelmessgerät knapp 33 dB Schall aus 30 Zentimetern Entfernung. Bis jetzt hatte ich noch kein Gehäuse, das so wenig Schall erzeugt. Die Umgebungstemperatur beträgt 22,4° Celsius.

Nachdem ich den Test gestartet habe, steigt der Lärmpegel innert Kürze auf rund 48 dB und bleibt während den gesamten zwanzig Minuten auf diesem Niveau. Das ist relativ laut. Beim Meshify 2 von Fractal, das bisher leiseste getestete Gehäuse, habe ich nur 42 dB unter Last gemessen. Die Raumtemperatur steigt während des Tests lediglich um 0,2 Grad Celsius.

Hier die Übersicht, wie sich die Temperaturen der Komponenten während den 20 Testminuten entwickeln:

Es sind denn auch die übrigen Komponenten, die für den erstklassigen Airflow im Torrent sprechen. Mit maximal 64 Grad Celsius bleibt die Grafikkarte 8 Grad kühler als beim Test im Define 7. Aber auch die Temperaturen von Mainboard und Chipset sprechen eine deutliche Sprache. Sie bleiben nämlich praktisch während des ganzen Tests unverändert. Der Airflow ist also exzellent und die Temperatur im Inneren des Gehäuses bleibt relativ stabil.

Top Gehäuse zu fairem Preis

Zwischen 200 und 250 Franken kostet das Torrent, je nach Ausführung. Wobei mein Testsample die teuerste Version ist. Das klingt nach viel. Wenn du aber bedenkst, dass du fünf wirklich gute Lüfter, in diesem Fall mit RGB, dazu bekommst, ist das mehr als ein fairer Preis. Die Lüfter alleine kosten 160 Franken.

Der Airflow im Torrent ist erstklassig und das Gehäuse gut verarbeitet. Zu bedenken gibt es die Netzteil-Positionierung: Da dieses oben eingebaut wird, stimmen gewisse Standard-Kabellängen nicht mehr. Die Kabel passen zwar, aber stellenweise nur knapp. Weiter wäre bei einem so grossen Gehäuse die Möglichkeit, noch mehr Laufwerke zu verbauen, wünschenswert.

Das sind kleine Kritikpunkte. Für die meisten schwerer wiegen wird das Design und die Grösse. Das ist schlicht Geschmackssache. Ich find die Front cool, aber mir ist das Torrent viel zu gross. Kannst du mit der Grösse und dem Design leben oder findest es gar toll, dann kann ich dir das Torrent empfehlen.

Hier geht’s zu allen Versionen des Torrents

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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