Hintergrund

«Die Geschichte hinter einem Objekt ist für mich das Schönste»

Fein kuratierte Geschenkboxen, die auf den Empfänger zugeschnitten sind. Dafür steht Alejandra Lauper mit «I Love My Gift». Das kleine Label aus Zürich Wiedikon unterstützt Quartierläden und will sich von minderwertigen Plastikgeschenken abheben.

«Für Kinder gibt’s kaum schöne Möbel oder Spielsachen. Alles ist grell bunt und aus Plastik.» Ikea-Einheitsbrei und mangelhafte Qualität kommen Alejandra nicht ins Haus. Die Grafikerin sucht für ihre zwei Kinder überall nach Alternativen – in Brockis, auf Flohmärkten und in Quartierläden. «Eines Tages benötigte ein Freund ein Geschenk für sein Patenkind und bat mich und meine Freundin um Hilfe, weil er nichts Schönes und keine Zeit fand.» Das ist der Startschuss fürs eigene Business. Unter dem Namen «I Love My Gift» verkauft Alejandra individuelle Geschenkboxen, die die Sinne und Kreativität stimulieren.

Ein ästhetischer Experimentierkasten

«Eine der ersten Boxen war eine zum Eistee Selbermachen», erinnert sich Alejandra. Damit lässt sich nicht nur ein leckeres Getränk brauen, sondern auch experimentieren. Durch eine Zutat wird die Flüssigkeit knallig lila, die durch diverse andere Komponenten der Kiste wieder verändert werden kann. «Mir ist wichtig, dass die Boxen nicht nur ansprechend aussehen, sondern auch funktionstüchtig sind und einen Zweck erfüllen. Staubfänger braucht niemand.» So befinden sich in der Eisteebox neben einer naturbelassenen Teemischung unter anderem auch ein Tee-Ei, ein Trichter, Glasgefässe und Zimtstangen. Dabei achtet Alejandra auf einen Mix zwischen alt und neu und auf gute Qualität. «Die Sachen sollen lange halten und Spass machen, nicht nach dreimaligem Gebrauch kaputt in der Ecke liegen.»

Die Objekte in der Box schön aussehen, aber auch funktionieren. Imitate für Kinder kommen Alejandra nicht in die Kiste.
Die Objekte in der Box schön aussehen, aber auch funktionieren. Imitate für Kinder kommen Alejandra nicht in die Kiste.

Objekte mit Geschichte

Die gute Qualität spielt auch einem anderen zentralen Thema in die Hände: Nachhaltigkeit. Alejandra ist Stammkundin in Brockis und auf Flohmärkten, aber auch bei Privatleuten oder Ladenauflösungen wird sie fündig. «In Aarau hat jemand eine Werkstatt von seinem Vater geerbt und alles darin verkauft. Dort habe ich viele Boxen und Werkzeuge gefunden. Manchmal musst du einfach Glück haben.» Diese Geschichten hinter den Produkten machen für sie einen grossen Teil der Faszination aus. «Einmal habe ich Kinderbänke aus dem Waisenhaus in Basel abgeholt. Das Wissen darum, dass die Möbelstücke dazu beigetragen haben könnten, den Kindern etwas Normalität zu schenken, macht sie gleich so viel spezieller.»

Diese Geschichten und das Alter beziehungsweise der Seltenheitsgrad der Objekte machen es ihr teilweise schwer, sich davon zu trennen. «Ich habe keine Lieblingskiste, in allen steckt viel Herzblut drin. Aber wenn ich rare Buchstabenstempel oder alte Wäscheklammern, die einem Kunstobjekt gleichkommen, in eine Box packe, tut das schon etwas weh.» Wenn sich dann der neue Besitzer darüber freut, ist der Trennungsschmerz sofort wieder vergessen.

«Solche Stempel sind kaum mehr auffindbar, deshalb fällt es mir schwer, sie wegzugeben.»
«Solche Stempel sind kaum mehr auffindbar, deshalb fällt es mir schwer, sie wegzugeben.»
Drei Generationen von Wäscheklammern.
Drei Generationen von Wäscheklammern.

Gegen das Lädelisterben

Die neuen Produkte gehen da schon leichter aus der Hand. Die holt sie wenn immer möglich aus Quartierläden. So die Stoffe vom Idaplatz, Pipetten aus der Bergapotheke und Bienenwachs von Wabe3. Alle Läden liegen wie ihr Zuhause im Zürcher Kreis 3, in Wiedikon. «Diese Lädeli zu unterstützen, ist eine persönliche Lebenshaltung, die in die Kisten übergeht. Und erfreulicherweise auch an meine eigenen Kinder», sagt Alejandra. Ihre Tochter stöbert immer wieder durch den Lagerbestand und bastelt damit kleine Kunstwerke. «Am liebsten würde sie für all ihre Freunde individuelle Boxen zusammenstellen. Dann muss ich sie wieder auf den Boden der Tatsachen holen und erklären, was für einen Wert die Sachen haben.»

Eine Ecke des Gemeinschaftsbüros dient als Lager für «I Love My Gift»
Eine Ecke des Gemeinschaftsbüros dient als Lager für «I Love My Gift»

Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Kisten selbst sind bewusst gewählt. Sie sollen das Thema repräsentieren und gleichzeitighochwertig und schön sein. Die Postbox zum Beispiel kommt in Form eines Briefkastens daher, die kleine Eisteebox in einer alten Militärgamelle. «Allein die Verpackung kostet oft viel Aufwand und Geld. Es ist mir aber wichtig, das alles zusammen Sinn macht.» Ausserdem soll in der Kiste immer wieder alles einfach verstaut werden können, weshalb sie für Alejandra genauso wichtig ist, wie die Objekte, die sich darin befinden.

Die Postbox ist auch ein Briefkasten.
Die Postbox ist auch ein Briefkasten.

Die Sachen verstaut sie momentan in ihrem Gemeinschaftsbüro, das ebenfalls in Wiedikon liegt. Denn «I Love My Gift» ist bislang ganz klar ein Hobby. «Das muss es auch sein, wenn man bedenkt, wie viel Aufwand in eine Box fliesst.» Bis sie passende Gegenstände findet, die möglichst plastikfrei, qualitativ hochwertig, regional und optisch ansprechend sind, kann es eine Weile dauern. Denn die meisten Boxen werden auf Wunsch gefertigt. Das kann von einem Geschenk für einen kleinen Detektiv-Fan bis zu einem für eine Fliegenfischerin im Pensionsalter reichen.

Qualität und Regionalität hat seinen Preis

Mit diesem Wissen im Hinterkopf verwundert es, dass der eine oder andere am Preis herummäkelt, obwohl sie die Idee super finden. Vor allem, dass diese Kritik öfter von Leuten kommt, die selbst wert auf Bio und Fairtrade legen. «Sie sollten am besten wissen, dass nachhaltiges Einkaufen seinen Preis hat.» Nachhaltigkeit und Wiederverwendung treffen zwar den Zeitgeist, beim Preis höre es für viele aber doch auf. «Ich verstehe, wenn jemand nicht so viel Geld ausgeben kann, aber dennoch gute Produkte will. Für diese Leute bin ich dann auch jederzeit bereit, kleinere Boxen zusammenzustellen, die vielleicht nur 60 Franken kosten.»

Nach den Zukunftswünschen gefragt, hat Alejandra gleich ein Szenario vor Augen. «Am liebsten hätte ich einen eigenen kleinen Laden, wo Kunden ihre eigenen Boxen individuell zusammenstellen können.» So hätte sie immer den direkten Austausch mit den Menschen, den sie so schätzt. «Ich will die Geschichte der Objekte an die Käufer weitergeben und zusammen mit ihnen brainstormen.» Sie sei aber auch Realistin genug, um zu wissen, dass so etwas nicht funktionieren würde, da das Geld bei den meisten eben doch nicht so locker sitzt. «Aber träumen darf ich ja. Und die Geschenkböxli bereiten mir auch im jetzigen Zustand wahnsinnig viel Freude.» All den Beschenkten mit Sicherheit auch.

Alejandra in ihrem Element. Es ist sofort klar, dass sie ihr Projekt lebt.
Alejandra in ihrem Element. Es ist sofort klar, dass sie ihr Projekt lebt.

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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