Deshalb sind Panettone so teuer
Ratgeber

Deshalb sind Panettone so teuer

Simon Balissat
23.11.2021

Ich habe versucht, einen Panettone zu backen. Es hat nicht funktioniert. Daher gebe ich lieber 35 Franken für einen echten Panettone aus.

Die während mehrerer Stunden gewässerten Rosinen hätten auf einem Küchentuch getrocknet und dann bei Raumtemperatur aufbewahrt werden müssen. Punkt sechs und sieben des Rezepts habe ich überlesen und die gewässerten Träublein direkt aus dem Wasserbad in einen Behälter gegeben. Ein kapitaler Fehler am ersten der drei Tage. Die Rosinen werden dem Teig ganz am Schluss beigegeben. Der ohnehin schon sehr feuchte Teig hat die zusätzliche Flüssigkeit wohl nicht vertragen. Eigentlich sollte der Panettone im Ofen über sich hinaus wachsen.

Passiert ist nach dem Backen das:

Der Super-GAU ereignete sich beim Auskühlen. Panettone kühlen nämlich «kopfüber» aus, damit sie nicht in sich zusammenfallen. Dazu habe ich Essstäbchen in den Boden gestossen und versucht, den Kuchen auf meinem grossen Topf auszukühlen. Das hat in dieser Katastrophe geendet. Der Panettone war schlicht zu feucht, der Teig in der Mitte konnte gar nicht fertig backen und der ganze Kuchen ist auseinandergefallen.

So müsste der Panettone eigentlich hängen... Bild: Shutterstock
So müsste der Panettone eigentlich hängen... Bild: Shutterstock

Weshalb habe ich mich an dieser Königsdisziplin der Weihnachtsbackwaren versucht? Ich wollte beweisen, dass 35 Franken für einen handgemachten Panettone (die günstigste Variante, quasi der Panett-ohne) von einem Kilo Gewicht gerechtfertigt sind und keinesfalls Abzocke. So behaupten es zumindest nörglerische Sparfüchsen in der Kommentarspalte des folgenden Beitrags.

Da wäre zunächst der monetäre Aspekt. Wie viel kostet es, einen Panettone von einem Kilo selbst herzustellen? Dazu habe ich mich bei diesem Rezept der Kollegen «Pasta Pizza Bros» (denen ich keinerlei Schuld für mein Scheitern zuweise) bedient. Die Zutaten sind allesamt aus der Migros und (wo möglich) in Bio-Qualität.

ZutatMengePreis für eine PackungKalkulierter Preis
Honig 30 ml CHF 15.50 CHF 0.93
Bio Orangen 2 Stück CHF 3.60 CHF 1.44
Bio Zitrone 1 Stück CHF 0.55 CHF 0.55
Rum 1 Teelöffel CHF 1.45 CHF 0.29
Vanilleschote 1 Stück CHF 6.95 CHF 2.32
Frische Hefe 4 Gramm CHF 0.45 CHF 0.04
Eier 5 Stück CHF 4.45 CHF 3.71
Zucker 127.6 Gramm CHF 2.30 CHF 0.29
Weissmehl 468 Gramm CHF 2.90 CHF 1.36
Butter 100 Gramm CHF 3.95 CHF 1.98
Rosinen 170 Gramm CHF 3.35 CHF 1.42
Salz 7 Gramm CHF 0.95 CHF 0.01
Panettone Form1 StückCHF 20.00CHF 4.00
Gesamter PreisCHF 18.33

Preislich habt ihr also recht: Selbst mit den teuren Bio-Zutaten kostet der fertige Panettone bei Galaxus fast 17 Franken mehr. Nun kommt der Aufwand für die Produktion hinzu. Drei Tage dauert es, einen Panettone zu machen. Insgesamt vier Teige (einen Vorteig und drei weitere Teigschritte) gilt es herzustellen, zu kneten und ruhen zu lassen. Schliesslich wird der Panettone dann noch fast eine Stunde gebacken. Berechne ich pro Teig eine Viertelstunde plus eine weitere Viertelstunde für den Aromamix und aktive Zeit für das Backen, komme ich auf insgesamt eineinhalb Stunden aktiven Aufwand. 1,5 Stunden für 17 Franken, das ergibt einen Stundenansatz von 11 Franken 30. Nicht einmal das Rasenmähen bei meinen Eltern im Garten wurde in den 90ern so schlecht bezahlt.

Nie mehr Panettone

Kommt hinzu, dass der ganze Prozess grausam kompliziert ist. Mengenangaben mit Kommastellen in einem Rezept mit 35 Schritten sagt eigentlich schon alles. Wer Backen nicht als Hobby hat und nur aus Spargründen einen Panettone selbst machen will, lässt lieber die Finger davon.

Ich habe das Projekt Panettone ad acta gelegt. Vier Panettone-Formen sind noch übrig – die verschenke ich jetzt im Bekanntenkreis. Basta panettone fatto in casa.

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der vonJunk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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