Produkttest

Der smarte Rasensprenger von Aiper im Test: groß und stark, aber nicht ausgereift

Der Irrisense von Aiper will meinen Rasen intelligent bewässern und dabei noch Wasser sparen, heisst es zumindest vom Hersteller. Beim Test verbrauche ich allerdings ungewollt zu viel Wasser.

Ich habe schon einige Bewässerungssysteme getestet, aber ein derart grosses Gerät wie der Irrisense von Aiper ist mir bislang nicht untergekommen. Er misst knapp 60 Zentimeter in der Höhe, der Standfuss ist grösser als ein DIN-A4-Blatt. Für die stolzen Masse gibt es zwei Erklärungen. Erstens hat der Irrisense hinter einer Klappe Platz für einen Kanister, zum Beispiel für Flüssigdünger. Bisher ist dieses Feature aber nicht nutzbar, auch ist ein Behälter ist nicht im Lieferumfang enthalten. Der Hersteller gibt dazu auch noch keine Informationen.

Wasser marsch! Der obere Teil des Irrisense dreht sich und verteilt das Wasser.
Wasser marsch! Der obere Teil des Irrisense dreht sich und verteilt das Wasser.

Zweitens ist der Irrisense so hoch, damit der Sprühkopf schon einmal einen guten Startpunkt hat, um Wasser möglichst weit zu spritzen. Zwölf Meter werden von Aiper angegeben. Im Test erreicht er das auch ohne Probleme. Andere Geräte, wie zum Beispiel der Aqua Precise von Gardena (hier mein Testbericht dazu), sind da weniger sprühstark. Für den Irrisense ist allerdings wichtig, dass du nicht mit zu dünnem Schlauch und zu wenig Wasserdruck aus der Leitung operierst. Ich habe mit einem ¾-Zoll-Schlauch und etwa drei Bar Druck getestet.

Vor dem Bewässern muss ich das Gerät, das ich vom Schweizer Aiper-Importeur für Testzwecke bekomme, auspacken und zusammenbauen. Es kommt in einem schönen Paket mit einer Schnellstart-Anleitung auf Karton und einem ausführlichen Benutzerhandbuch in verschiedenen Sprachen.

Im Karton finde ich alles, um den Irrisense in kurzer Zeit betriebsbereit zu haben. Auch ein Bodenanker für den Fall, dass ich das Gerät in einem Beet platzieren möchte.
Im Karton finde ich alles, um den Irrisense in kurzer Zeit betriebsbereit zu haben. Auch ein Bodenanker für den Fall, dass ich das Gerät in einem Beet platzieren möchte.

Das Gerät ist an sich sofort einsatzbereit. Fast zumindest. Natürlich braucht es einen Wasseranschluss. Im Karton finde ich ein Rückschlagventil, zwei unterschiedlich grosse Schnellverbindungsstücke und eine Schnellkupplung mit Gewinde. Am Irrisense ragt unten auf der Rückseite ein Stück Schlauch mit ¾-Zoll-Anschluss heraus. Es ist keine besondere Herausforderung, meinen Gardena-Gartenschlauch anzuschliessen.

Kaum drehe ich den Wasserhahn auf, merke ich, dass der Anschluss des Irrisense nicht ganz dicht ist. Das Wasser spritzt ziemlich wild heraus. Um das Problem zu beheben, zerlege ich ihn kurz in seine Einzelteile und setze ihn noch einmal neu und fester zusammen, bis er so dicht ist, wie ich es eben hinbekomme. Ein paar Tropfen drücken dennoch irgendwo durch. Was schlecht ist bei einem Gerät, das dauerhaft an einem offenen Wasserhahn angeschlossen ist – und eigentlich ja beim Wassersparen helfen will.

So wild hat es gespritzt, bevor ich die Anschlüsse noch einmal nachgezogen habe.
So wild hat es gespritzt, bevor ich die Anschlüsse noch einmal nachgezogen habe.

Und noch immer kann ich den Irrisense nicht in Betrieb nehmen. Denn das Teil braucht Strom. Zum Glück habe ich im Garten Steckdosen. Dank eines 10-Meter-Verlängerungskabels kann ich den Standort einigermassen flexibel wählen. Trotzdem kann es gut sein, dass das schwarze Stromkabel und allenfalls auch der Gartenschlauch sichtbar in deinem Garten liegen. Ziemlich sicher hast du nämlich genau nicht am perfekten Platz zum Aufstellen die Steckdose und den Wasserhahn in der Nähe.

Apropos in der Nähe. Für die Inbetriebnahme des Irrisense brauchst du dein Smartphone und musst in Bluetooth-Reichweite bleiben. In der Aiper-App verbinde ich den Irrisense mit meinem WLAN, damit ich jederzeit und von überall aus die Bewässerung steuern kann. Beim Einrichten fragt mich Aiper nach meiner Wohnadresse und zeigt mir dann ein verschwommenes Satellitenbild des Grundstücks. Auf dem soll ich mit Punkten die zu bewässernde Rasenfläche markieren und den Standort des Bewässerungsturms angeben. Das ist jedoch reichlich ungenau und ich muss später ohnehin die Fläche noch einmal einmessen.

Auf einer Satellitenaufnahme aus Google Maps versuche ich die Rasenfläche zu markieren. Eigentlich sinnlos, wie ich aber erst später herausfinde. Immerhin: Du siehst jetzt in etwa die L-Form der Rasenfläche bei mir im Test.
Auf einer Satellitenaufnahme aus Google Maps versuche ich die Rasenfläche zu markieren. Eigentlich sinnlos, wie ich aber erst später herausfinde. Immerhin: Du siehst jetzt in etwa die L-Form der Rasenfläche bei mir im Test.

Zum Standort: Der Irrisense kann maximal einen Kreis mit zwölf Metern Radius abdecken, das sind über 440 Quadratmeter. Hast du zum Beispiel eine Fläche mit 20 Meter Länge, musst du den Irrisense irgendwo auf halber Strecke platzieren. Mit seinem 360-Grad-Kopf kann er dann beide Seiten gut erreichen. Ich habe eine L-förmige Rasenfläche mit zwei etwa zehn Meter langen Teilflächen. Deshalb platziere ich den Irrisense an der Winkelecke.

Dann geht es ans Einmessen. Die App sagt mir, was zu tun ist. Mit vier Pfeiltasten bestimme ich die Länge des Wasserstrahls und lenke die Wurfrichtung. Meine Aufgabe: Das Ende des Wasserstrahls an den Rand der Rasenfläche steuern und dort dann jeweils Randpunkte setzen, die die Form der zu bewässerten Fläche definieren.

Das klingt einfacher als es ist. Die Steuerung über die App ist eher träge und der Wasserstrahl ist alles andere als präzise. Es ist auch weniger ein Strahl als vielmehr ein Regenfächer. Das liegt an einer kleinen Gummilippe am Auslassventil. Grundsätzlich ist es ja gut, wenn sich das Wasser in kleineren Tröpfchen über eine breitere Fläche verteilt. Es führt aber dazu, dass sich der Irrisense in einer selbst produzierten Wasserwolke wiederfindet und die Luftfeuchtigkeit rund ums Gerät bald so hoch wie im indischen Monsun ist.

Wegen der breiten Streuung – rund drei Meter in fünf Meter Abstand – und wegen der starken Vernebelung ist es kaum relevant, wie genau ich die Kontur der Rasenfläche beim Einrichten erfasse. Es wird immer irgendetwas nass, das ich lieber trocken hätte. Zum Beispiel die Scheiben der Sitzplatz-Verglasung. Und das «adaptive Nachsprühen», wie im Video oben zu sehen, scheint mehr zu schaden als zu nützen. Bei leichtem Wind wird alles noch schlimmer. Der Irrisense spritzt das Wasser recht hoch, etwa 2,50 Meter, um Reichweite zu bolzen. Entsprechend verweht es den Strahl recht stark.

Hier ist gut zu sehen, wie breit der Irrisense streut. Zu breit, als dass ich gezielt Konturen definieren könnte.
Hier ist gut zu sehen, wie breit der Irrisense streut. Zu breit, als dass ich gezielt Konturen definieren könnte.
Auch hier sollte der Irrisense nur den Rasen rechts der Mauer bewässern. Stattdessen werden auch die Mauer, das Holz und die Sträucher nass.
Auch hier sollte der Irrisense nur den Rasen rechts der Mauer bewässern. Stattdessen werden auch die Mauer, das Holz und die Sträucher nass.

Im Test habe ich bei Windstille gemessen, wie gleichmässig die Wasserverteilung ist. Kurz gesagt: nicht gut. In auf der Rasenfläche aufgestellten Gefässen finden sich nach drei Runden Beregnung sehr unterschiedliche Wassermengen, die Abweichung liegt bei bis zu 50 Prozent.

Davon abgesehen gibt es ein paar clevere Ideen, wie der Irrisense bewässert. Er besprüht zum Beispiel auch gut den Bereich direkt vor sich, ausserdem soll er sein Wasser wie einen sanften Landregen auf die Erde fallen lassen, was besonders praktisch bei neu angesäten Rasenflächen ist.

Hier siehst du die Gummilippe, die für einen breiteren Wasserstrahl sorgt.
Hier siehst du die Gummilippe, die für einen breiteren Wasserstrahl sorgt.
Der Irrisense hat auch eine Anzeige für den aktuellen Druck, in der US-Metrik PSI, also Pound-force per square inch. Kannst du jeweils umrechnen – oder die Anzeige ignorieren. Sie bringt keinen Mehrwert.
Der Irrisense hat auch eine Anzeige für den aktuellen Druck, in der US-Metrik PSI, also Pound-force per square inch. Kannst du jeweils umrechnen – oder die Anzeige ignorieren. Sie bringt keinen Mehrwert.

Gute App, wenig Konnektivität

Richtig gut gefällt mir die App von Irrisense. Sie ist logisch aufgebaut und ich finde in den Menüpunkten jeweils schnell, was ich suche. Das Einrichten von Zeitplänen geht einfach und ist selbsterklärend. Weil der Irrisense einen Regensensor hat und auf lokale Wetterdaten zugreift, setzt er einen Bewässerungsplan auch aus oder passt ihn an, wenn der Rasen von Mutter Natur bereits bewässert wurde. Eine Schnittstelle zu Smart-Home-Systemen bietet Aiper dagegen bisher nicht. Immerhin: Die App zeigt dir Daten zum Wasserbrauch und der Bewässerungshistorie an – sofern dich das interessiert.

Der Regensensor weiss, wenn es regnet. Aber er weiss nicht, wie stark.
Der Regensensor weiss, wenn es regnet. Aber er weiss nicht, wie stark.

Extrem unpraktisch finde ich, dass ich eine erfasste Bewässerungsfläche nicht anpassen kann. Will ich etwas ändern, muss ich sie komplett löschen und neu anlegen. Und es ist auch nicht möglich, eine zweite Fläche zu erfassen, falls du zum Beispiel den Turm in einem verwinkelten Garten an zwei Standorten einsetzen wollen würdest. Aiper geht dann wohl davon aus, dass man sich einfach ein zweites Gerät kauft.

Fazit

Okay, aber für den Preis einfach nicht gut genug

Schuster, bleib bei deinen Leisten, sagt der Volksmund. Ich würde auch der Firma Aiper raten, sich die gute Reputation auf dem Gebiet von Saugrobotern für Pools nicht zu gefährden. Denn der Irrisense wirkt auf mich irgendwie nicht ganz zu Ende gedacht. Dass es beim stolzen Preis von über 600 Franken keine Smart-Home-Integration gibt, ist enttäuschend.

Ja, er ist ansprechend designt, wirkt futuristisch und kann eine sehr grosse Fläche Rasen bewässern. Aber er hat Schwächen in der Funktionalität. Für meist doch eher kleine Schweizer Gärten ist der Bewässerungsstrahl zwar kräftig, aber wird viel zu stark gestreut und ist dadurch ungenau. Vielleicht ist das Gerät eher für grössere amerikanische Vorgärten gedacht, bei denen es nicht so auf Genauigkeit, sondern mehr auf Grösse ankommt.

Pro

  • hohe Reichweite von zwölf Metern
  • bewässert relativ grosse Fläche
  • 360 Grad schwenkbar
  • verständliche App
  • einfache Einrichtung

Contra

  • benötigt Stromanschluss
  • relativ gross und damit auffällig
  • Wasserstrahl sehr breit und hoch, dadurch sehr ungenau und windanfällig
  • in der App lässt sich nur eine Karte speichern, keine nachträglichen Anpassungen möglich
  • keine Smart-Home-Integration

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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