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Beraterin für Babynamen: «Ich werde oft nach genderneutralen Namen gefragt»

Diese Entscheidung fürs Leben will gut überlegt sein: Andrea Horka unterstützt werdende Eltern bei der Suche nach dem perfekten Namen fürs Kind. Im Interview erzählt sie, welche Trends, Tücken und tollen Momente damit verbunden sind.

Ein Kind zu benennen ist ein grosser Moment. Du erlebst ihn ein-, zwei- vielleicht dreimal und schreibst damit Geschichte. Zumindest Familiengeschichte. Eines ist sicher: Irgendwann, wenn dein Kind diesen Namen längst mit Leben gefüllt und einmalig gemacht hat, steht es vor dir und fragt nach dem Warum. Warum ausgerechnet dieser? Und die Antworten darauf sind genauso verschieden wie die Menschen.

Es kann allerdings sein, dass bei der einen oder anderen Familie der Name Andrea Horka in der Erklärung vorkommt. Die Zürcherin ist mit babynamenconsulting.ch darauf spezialisiert, werdende Eltern bei der Auswahl zu unterstützen. Ein mir bislang völlig unbekannter Job, über den ich im Interview mehr erfahren will.

Wie gehst du vor, wenn du bei der Namenssuche zu Rate gezogen wirst? Es geht ja um eine sehr persönliche Frage und die Geschmäcker sind verschieden.
Ich verschicke ein Formular mit vielen Fragen und die Eltern können entscheiden, was sie beantworten möchten. Die meisten beantworten alles. Je mehr ich weiss, desto individueller kann ich die Liste mit Vorschlägen gestalten. Das macht auch mehr Spass.

Im persönlichen Kontakt musst du wahrscheinlich erstmal eine gute Beziehung aufbauen.
Ja, ich bekomme einen Einblick in etwas sehr Intimes. In vielen Fällen ist im Vorhinein niemand über den Namen informiert und er wird erst nach der Geburt bekanntgegeben. Ich denke, man tut auch gut daran, diese Entscheidung für sich zu treffen.

Gab es Fälle, in denen Paare dir freudestrahlend ihre Idee präsentiert haben, und du dachtest: Hilfe, das muss ich ihnen ausreden?
Nein, das hatte ich jetzt noch nicht, dass ich dachte: Der Name geht gar nicht. Das wäre der Fall, wenn das Kind einen Schaden davontragen würde. Alles andere ist Geschmackssache.

Aus den USA ist zu hören, dass dort immer mehr Mädchen den Namen eines männlichen Vorfahren bekommen, teils in leicht abgewandelter Form.
Es ist tatsächlich so, dass Mädchen zum Beispiel James und Jungen Rose heissen. Die USA sind uns diesbezüglich einen Schritt voraus. Die fragen im Zweifel einfach nach den Pronomen und wie ein Name ausgesprochen wird, dann ist das Thema erledigt.

Welche Regelungen gelten bei uns? Was darf ein Name nicht sein?
Schlussendlich entscheidet das lokale Zivilstandsamt. Das kann dann auch gerichtlich angefochten werden, wenn der Name abgelehnt wird. Aber ich kenne keinen Namen, der abgelehnt wurde. Er darf dem Kind einfach nicht schaden.

Was hältst du davon, mehrere Vornamen zu vergeben? Dann hat das Kind mehrere Optionen, falls es mit dem Rufnamen irgendwann unglücklich ist …
Ich finde das ganz schön. Von vielen Familien wird der zweite Name genutzt, um jemanden aus der Verwandtschaft zu ehren. Als Rufname wird er im Alltag aber nach wie vor selten verwendet.

Was ist den Leuten am wichtigsten, wenn sie sich auf Namenssuche begeben: Der Klang? Die Bedeutung? Oder etwas ganz anderes?
Die meisten Eltern suchen den «sweet spot» zwischen bekannt, aber nicht zu bekannt und individuell, aber gut aussprechbar. Viele wollen keinen aus den Top Ten der beliebtesten Vornamen.

Die genannten Namen sind schon länger vorne dabei. Erkennst du neue Trends?
Grundsätzlich sind Namen mit Bezug zur Natur im Kommen. Bei den Jungs zum Beispiel Rio, bei den Mädchen Celeste oder Luna. Ausserdem trenden genderneutrale Namen und Neukombinationen. Es ist nicht mehr so, dass die Namen alle 50 Jahre recycled werden.

Aber es gibt sie schon noch, die Klassiker?
Traditionelle Namen wie Oskar oder Konstantin werden bevorzugt bei den Jungs verwendet. Bei den Mädchen kommen eher neue Kombinationen vor. Das Suffix -lea ist beliebt und führt zu Namen wie Solea oder Malea. Auch Kombinationen mit oder -eva und -lia werden im Moment als ästhetisch empfunden. Zum Beispiel Silia, Felia oder Mileva.

Wann bist du persönlich mit deiner Dienstleistung zufrieden, was ist ein Erfolg für dich?
Wenn Eltern sagen, du hast uns nochmal neu inspiriert. Ich finde es schön, wenn Eltern einen Namen finden, mit dem sie beide zu hundert Prozent zufrieden sind.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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