Hintergrund

Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series: Haarbürste. 200 Franken. Wait… what?

Dominik Bärlocher
23.6.2020
Mitarbeit: Azaria Carfora
Schnitt: Armin Tobler

Die 200-fränkige Haarbürste aus dem Hause Y.S. Park bürstet die Haare. Wo liegt der Unterschied zur 20-Franken-Bürste und was hat das Teil drauf? Coiffeuse Azaria erklärt und testet.

«Das ist kompletter Bullshit. Ich würde nie mit dem Ding arbeiten», sagt Azaria Carfora. Die Blauhaarige ist Coiffeuse im Zürcher Studio HaarRock und hält eine Haarbürste in der Hand. Nicht irgendeine Haarbürste, sondern die Holzbürste 227×70 mm Nr. 66 GW0 aus dem Hause Y.S. Park, seines Zeichens Hersteller von Bürsten, Kämmen, Klammern und Möbeln für Haarpflegeprofis.

Für Laien sieht das Ding aus wie jede andere Bürste, ausser dass die Bürste – vom Hersteller offiziell «Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series» genannt – rund 200 Franken gekostet hat, als ich das Testobjekt bestellt habe.

Mittlerweile ist der Preis gesunken
Mittlerweile ist der Preis gesunken

Typischerweise ist der Preis jetzt gesunken. Wie immer, wenn du etwas teures kaufst. Merci, Galaxus-Lieferanten.

Was du für 200 oder 125 Stutz kriegst

Es kommt eine Bürste in einer durchsichtigen Kiste an. Die Beschriftung auf der Kiste ist zweisprachig: Japanische Kanji und Hiragana wechseln sich mit schlechtem Englisch ab.

Otherwise, the wood structure may happen to expand and end up with broken problem.
Verpackung, Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series

Zu Deutsch: Sonst könnte passieren die Holzstruktur sich expandieren und enden mit kaputtem Problem.

Und irgendwas mit Gemini hat die Bürste auch noch zu tun. Okay, cool. Die komplett überladene Verpackung hat mehr Text drauf als die durchschnittliche Betriebsanleitung eines iPhones. Aber immerhin wissen wir jetzt, dass die Bürste «Stylist' s [sic] Favorite!» ist. Glücklicherweise aber hat der Schweizer Lieferant dem Wortschwall der Verpackungsdesigner Y.S. Parks Einhalt geboten, indem da noch ein Sticker aufgeklebt wurde. Der warnt davor, dass die Bürste von Wasser ferngehalten werden soll. Das Englische erklärt, dass das Afrikanische Naturholz aus dem der Griff gemacht ist, sich verformen könnte, wenn es nass ist. Zu nahe an den Föhn darf das Ding auch nicht kommen, sonst schmelzen die Plastikborsten.

Der Borsten-Test

An der Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series sind zwei Borstentypen verbaut. Da sind Pins aus Polyamid und Borsten. Weisse Wildschweinborsten.

«Wildschweinborsten sind gut zum Haar, nicht allzu grob und laden das Haar nicht elektrisch auf», sagt Azaria. Zudem entfetten Wildschweinborsten dein Haar besser.

Sie schnappt sich eine Schere und ein Feuerzeug. «Wenn du wissen willst, ob das natürliche Borsten oder Plastik ist, dann brauchst du nur ein Feuerzeug.»

Die Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series haben Plastik- und Wildschweinborsten
Die Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series haben Plastik- und Wildschweinborsten

Sie schneidet eine Borste ab, zündet sie an.

«Natürliche Borsten zerfallen zu Asche und stinken nach verbranntem Haar, künstliche Borsten verklumpen und stinken nach verbranntem Plastik», sagt sie. Wenn du dir also nicht sicher bist, ob deine Bürste tatsächlich natürliche Borsten hat oder nicht, dann kannst du das so testen.

Warum die Bürste «Bullshit» ist

«Wildschweinborsten werden darum verwendet, da sie das Haar nicht elektrisch aufladen», sagt Azaria und blickt die Plastikborsten der Y.S. Park'schen Bürste fragend an. Denn Plastikborsten laufen Gefahr, dass sie deine Haare durch Elektrizität zu Berge stehen lassen.

Oder an deiner Backe ankleben.

Etwa so
Etwa so

Die Y.S. Park Curl Shine Styler Super G Series mag zwar super Grip haben, das Haar wunderbar einrollen und extrem gut in der Hand liegen, aber in diesem Moment stirbt die Bürste für Azaria als Werkzeug im Job. Denn nach einigen malen die Haare durchziehen, ziehen die langen blauen Haare der Bürste nach: Statische Elektrizität. Und wenn sie nicht an der Bürste hängenbleiben, dann kleben sie an der Backe.

«Das ist Bullshit. Damit würde ich nie arbeiten», sagt sie.

Denn ihre Kunden haben Ansprüche. Nicht nur an die Frisur. Sie könne dir auch eine gute Frisur mit oder trotz statischer Elektrizität zaubern, kein Problem: «Aber wenn du beim Coiffeur bist, dann willst du entspannen. Eine Coiffeuse, die sich wegen einer Bürste nervt, ist nicht entspannend», sagt sie und lacht.

Die Bürste des Profis

Das Werkzeug ist Azaria mindestens genauso wichtig wie das Handwerk. Stumpfe Scheren lassen auch die geschicktesten Hände inkompetent wirken. Schlechte Bürsten lassen auch die Frisur trotz geübten Handgriffen amateurhaft aussehen. Daher hat sie sich im Laufe ihrer Karriere Werkzeug zusammengesucht, mit dem sie die bestmögliche Arbeit leisten kann. In Punkto Bürste gibt es für sie nur eine:

«Ich setze auf meine gute, alte Alexandre», sagt sie und zückt eine schwarze Bürste aus einem kleinen Wagen. Die Bürste sieht benutzt aus, es fehlen nur die Haare zwischen den Borsten. Diese entfernt sie nach jedem Kunden. Gehört dazu.

«Die Alexandre ist nicht nur günstiger, sie liegt mindestens genauso gut in der Hand und ich bin nicht elektrisch.»

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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