Das Team aus Baraawe jubelt am World Football Cup 2018. Quelle: Con Chronis/CONIFA
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World Football Cup 2018: Wer wird Weltmeister der Aussenseiter?

Du willst die Zeit bis zur WM mit internationalem Fussball überbrücken? Dann kommt dir der World Football Cup in London vielleicht gerade recht. Eine kleine Geografie- und Ethnologie-Lehrstunde ist dabei garantiert inklusive.

Kurz vor dem Kick-off der Fussball-WM in Russland geht in und um London ein Turnier für die Stiefkinder des Weltfussballs über die Bühne. Für Regionen und Volksgruppen, die keinen Platz in der FIFA finden, gibt es die Confederation of Independent Football Associations (ConIFA) und ihren «World Football Cup». Wenn Baraawe auf Nordzypern trifft oder Matabeleland Kabylie herausfordert, dann ist die «grosse» Weltmeisterschaft weit weg. Die Teilnehmerliste des dritten World Football Cup studierst du am besten gemeinsam mit Geografen, Ethnologen und Politologen. Oder kennst du…

… Szeklerland?
… Ellan Vannin?
… Cascadia?

Nein? Szeklerland bezeichnet ein Gebiet im Osten von Siebenbürgen in Rumänien, Ellan Vannin heisst die Isle of Man in der lokalen Sprache Manx und Cascadia findet sich in Nordamerika. Das Gebiet erstreckt sich entlang der Kaskadenkette über das kanadische British Columbia und die US-Staaten Washington und Oregon. Alle drei sind keine unabhängigen Länder und haben keine Chance auf einen Platz im derzeit 211 Nationen umspannenden Reich der FIFA. Beim World Football Cup 2018 kämpfen sie um die Krone der Aussenseiter. Die Begegnungen der KO-Phase kannst du am 5., 7. und 9. Juni hier im Live-Stream schauen.

Die Eröffnungsfeier des WFC 2018.
Die Eröffnungsfeier des WFC 2018.
Quelle: Con Chronis/CONIFA
Im Auftaktspiel schlug Baraawe Tamil Eelam mit 4:0.
Im Auftaktspiel schlug Baraawe Tamil Eelam mit 4:0.
Quelle: Con Chronis/CONIFA

Wo der Fussball keine Grenzen haben soll

Der Weltfussball ist längst ein globales Spiel, aber er kennt Grenzen. Und wo es Grenzen gibt, wird es schnell politisch. Bei der ConIFA soll Politik keine Rolle spielen, sondern einfach nur Fussball. «Freedom to play football» – die Freiheit, Fussball zu spielen. Das hat sie sich auf ihre Fahnen geschrieben.

ConIFA möchte zwischen Gesellschaften, Nationen, Minderheiten und isolierten Regionen aus aller Welt, durch Freundschaft, Kulturaustausch und die Freude am Fußball, Brücken schlagen.

2013 in Schweden gegründet, will die von ehrenamtlichen Mitarbeitern geführte Organisation allen die Chance geben, unter der Flagge zu spielen, der sie sich zugehörig fühlen. Ihre 47 Mitglieder repräsentieren Minderheiten und Volksgruppen aus aller Welt. Alleine die Tatsache, dass sie das tun, macht die Angelegenheit für einige natürlich doch politisch – und damit manchmal auch kompliziert.

Schon der Weg zum Turnier kann kompliziert sein

Weltfussballmeister 2016 und damit Titelverteidiger ist Abchasien. Die Region gilt völkerrechtlich als Teil von Georgien, betrachtet sich aber als selbständig, was nur von einer Hand voll souveräner Staaten anerkannt wird. Abchasien durfte das Turnier im Jahr 2016 unter anderem deshalb ausrichten, weil seinen Spielern das Visum für die Einreise nach Ungarn zur Europafussballmeisterschaft 2015 (Gastgeber: Szeklerland) verweigert wurde.

Weltfussballmeister! 2016 jubelte Abchasien über ein 6:5 nach Elfmeterschiessen gegen Punjab.
Weltfussballmeister! 2016 jubelte Abchasien über ein 6:5 nach Elfmeterschiessen gegen Punjab.
Quelle: CONIFA

Doch auch das Teilnehmerfeld in Abchasien war längst nicht vollständig: Ellan Vannin sagte die Teilnahme aufgrund einer Reisewarnung ab, auch die Grafschaft Nizza als Titelverteidiger nahm nicht teil und Spieler der Roma bekamen keine Reisedokumente. Mit der Freiheit ist es eben nicht immer so einfach, auch nicht im Fussball. In London sind diesmal 16 Mannschaften zusammengekommen, die in insgesamt 48 Partien um den Titel spielen.

Teils haben sie sich sportlich qualifiziert, teils Wildcards erhalten oder als Nachrücker einen Platz übernommen wie Tuvalu, da Kiribati die weite Reise ins Vereinigte Königreich nicht antreten konnte. Gastgeber in London ist Baraawe, das dort seinen Verbandssitz hat, aber eine somalische Volksgruppe vertritt. Ja, es ist kompliziert. Doch sobald der Ball einmal rollt, ist alles andere vergessen. Dann sind für 90 Minuten nur noch die Grenzen des Spielfelds wichtig – egal ob bei der Fussball-Weltmeisterschaft oder bei der Welt-Fussballmeisterschaft.

Grosser Titel, grosser Jubel!
Grosser Titel, grosser Jubel!
Quelle: CONIFA
Abchasiens Spieler nach dem Sieg 2016.
Abchasiens Spieler nach dem Sieg 2016.
Quelle: CONIFA

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Titelbild: Das Team aus Baraawe jubelt am World Football Cup 2018. Quelle: Con Chronis/CONIFA

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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