Hintergrund

Vom Verbrenner zum Elektroauto – ein Erfahrungsbericht mit Höhen und Tiefen

Seit einigen Monaten ist unser Familienauto elektrisch. Davor hatte ich viele Fragen und einige Bedenken. Jetzt haben sich die meisten in Luft aufgelöst. Aber eben nicht alle.

Dies ist ein Erfahrungsbericht. Ich will dich nicht überzeugen, selbst auch auf ein E-Auto umzusteigen. Fährst du einen Diesel oder Benziner, hast du sicher gute Gründe dafür. Das hier sind meine ganz persönlichen Überlegungen, warum ich mich vom Diesel verabschiedet habe. Und ein paar Fakten und Erfahrungen nach gut drei Monaten. Kritik habe ich durchaus noch; die findest du in der zweiten Hälfte des Beitrags.

Zweitens konnten wir im Herbst eine Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach installieren. Der Energieberater bestätigte, dass ein Elektroauto ein ziemlich dankbarer Abnehmer für den selbst produzierten Strom sei. Wie schön, dass dann – drittens – inzwischen auch familientaugliche Elektroautos auf den Markt kamen. Wir entschieden uns, den Familienkombi gegen einen Skoda Enyaq zu tauschen.

Bis wir ihn hatten dauerte es dann wegen Chipmangel und Ukraine-Krieg zwar fast zwölf statt fünf Monate. Aber das Warten hat sich gelohnt. Aus diesen Gründen:

1. Elektrische Fahrfreude

Elektrisch angetriebene Autos haben gegenüber Verbrennern den Vorteil, dass die Energie quasi verzögerungsfrei auf die Antriebsachse geht. Das volle Drehmoment steht sofort zur Verfügung, während es beim Verbrenner von der Drehzahl abhängig ist, die über Schaltvorgänge im Getriebe erst erreicht werden muss.

So ein kleiner Sprint an der Ampel kostet Akkuleistung. Danach packt mich das schlechte Gewissen. Dank Rekuperation im Elektroauto kann ich meine Sünde aber zum Teil wieder tilgen. Bremse ich oder bremst der Motor bergab selbst, gewinnt er Energie zurück und lädt damit den Akku. Das geht so weit, dass man bei der Heimfahrt aus den Bergen den Akku am besten gar nicht zu 100 Prozent auflädt, weil sonst die bei der Passabfahrt gewonnene Energie keinen Platz mehr hat.

2. Laden? (Fast) kein Problem

Die meisten Ladesäulen, die wir bisher angesteuert haben, sind mit Kabel ausgestattet. Aber: Es gibt auch Ladesäulen, bei denen du auf dein eigenes Kabel angewiesen bist. Für solche Fälle empfiehlt sich ein zweites Standard-Ladekabel für unterwegs im Auto zu haben.

Laden nur mit App oder Karte

Viele Ladenetz-Anbieter haben übrigens Kooperationen untereinander, sodass oft die Karte des einen auch bei den Ladesäulen des anderen funktioniert. Aber hier den Überblick zu behalten, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, wenn du dich nicht jede Woche damit beschäftigst. In der App werden immerhin Ladeleistung und Preise transparent angegeben, und meistens stimmen auch die Angaben, ob die Ladesäule gerade frei oder besetzt ist.

3. Geringere Kosten

Unterwegs steigen meine Kosten schon heute. Statt 15 Rappen im Niedertarif kostet die Kilowattstunde an Ladesäulen zwischen 50 und 79 Rappen. Entsprechend schrumpft der Preisvorteil, bleibt aber bestehen. Und natürlich ist das eine Milchbüechli-Rechnung, weil ein Elektroauto in der Anschaffung immer noch teurer ist als ein herkömmlich angetriebenes. Und ja, eine Wallbox installiert mir auch niemand kostenlos.

Mein Kollege Dominik hat hier einmal exemplarisch einen genaueren Kostenvergleich erstellt:

4. Ziemlich reines Ökogewissen

5. Einiges nervt noch

Es gibt, bei allen Vorteilen, aber auch Dinge, die mich ärgern. Nicht so sehr, dass ich wieder zurück zum Verbrenner wechseln würde, aber doch genug, dass du sie kennen solltest, finde ich.

Software in Elektroautos

Ich nutze so oft wie möglich Apple Car Play. Damit kann ich die Inhalte meines iPhones auf den Screen im Auto spiegeln und die Apps direkt dort bedienen.

Route und Ladestopps planen

Auf längeren Strecken mit dem Elektroauto, ab etwa 300 Kilometern, brauche ich unterwegs eine Lademöglichkeit. In der Theorie kann das Navi mir bei der Routenplanung helfen. In der Praxis macht es aber Vorschläge, die ich nicht annehmen will. Es sind oft zu langsame Ladepunkte oder sie sind zu weit weg von der Autobahn. Oder du fährst hin, und alle Ladesäulen sind besetzt. Oder die Ladestationen existieren nur in der Datenbank von Skoda, aber nicht in der Realität.

Laden am Rande der automobilen Gesellschaft

Wenn du elektrisch unterwegs bist, wirst du dich als Teil einer Avantgarde fühlen, als Pionier. Bisher fahren auf Schweizer Strassen ja nicht einmal zwei von 100 Autos elektrisch. So ein Pionier muss unentdecktes Land urbar machen. In Deutschland zum Beispiel sind Ladesäulen für E-Autos häufig in den dunklen Ecken der Autobahnraststätten zu finden, irgendwo hinten links bei den Müllcontainern.

In Italien fühlte ich mich als Exot, aber immerhin als willkommener, der hier und da sogar zum kostenlosen Laden eingeladen ist. Im Land der Kleinwagen sind Elektroautos noch nicht weit verbreitet, was immerhin an den Ladesäulen einen freien Platz garantiert.

Tipps zum Weiterlesen

Falls du mehr wissen willst zum Thema Elektroauto, kannst du deine Fragen als Kommentar zu diesem Beitrag stellen. Ich werde sie gerne beantworten. Falls du selbst schon Elektroauto fährst und ich einen wichtigen Punkt vergessen habe, darfst du das auch als Kommentar vermerken. Genauso wie Wünsche und Vorschläge für weitere Themen rund um die Elektromobilität.

Hier gibt es von mir noch ein paar interessante Quellen, die ich für die Recherche nutze:

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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