Luca Fontana
Hintergrund

Sony-TV-Chef im Gespräch: «8K? Der Markt will das nicht»

Luca Fontana
15.3.2025

Sony gegen den Rest der TV-Welt: Während Samsung, LG, TCL und Hisense Marktanteile erobern, setzt Sony auf ein anderes Erfolgsrezept. Ich habe mit Shoji Charlie Ohama über Strategien, den Konkurrenzkampf und die grossen Trends der Branche gesprochen.

Vor wenigen Tagen hat Sony ausgewählten Journalisten in London einen ersten Einblick in die nächste Display-Technologie gegeben, die das High-End-TV-Segment aufmischen soll: RGB-LED. Ein neuer Ansatz, der noch präzisere Farbabstufungen und mehr Helligkeit liefern soll – doch die Konkurrenz schläft nicht.

Während Samsung und LG weiter auf Mini-LED und OLED setzen und TCL sowie Hisense das Feld mit aggressiven Preisen aufrollen, verfolgt Sony einen eigenen Kurs: Weniger Marktanteil, mehr Bildqualität. Doch wie lange geht diese Strategie noch auf? Und was macht RGB-LED tatsächlich besser als andere Technologien?

Ich hatte vor Ort die Gelegenheit, mit Shoji Charlie Ohama, Head of TV und Home Audio Video für Europa, darüber zu sprechen. Doch es blieb nicht nur bei RGB-LED. Wir sprachen über Sonys wackelnden Platz in einem hart umkämpften Markt, die ungewisse Zukunft von Micro-LED, die Frage, ob 8K am Ende doch nur ein teurer Marketing-Gag ist – und warum Sony trotz wachsender Konkurrenz überzeugt ist, dass Qualität letztlich über Masse siegt.

Wie betrachtet ihr ihn dann?
Der TV-Markt ist riesig und extrem vielfältig. Auf der einen Seite hast du winzige, günstige 19- oder 22-Zoll-Modelle, auf der anderen Seite gigantische 115-Zoll-Premium-TVs. Wenn es uns nur um Marktanteile ginge, könnten wir einfach auf Masse setzen und billige Einstiegsmodelle raushauen – dann sähen die Verkaufszahlen gleich ganz anders aus.

Aber das wollt ihr nicht?
Nein. Unser Fokus liegt seit jeher auf dem mittleren bis gehobenen Preissegment. Klar, das macht uns nicht so gross wie Samsung oder LG und preislich bestimmt nicht so aggressiv wie TCL oder Hisense. Aber genau in unserem Bereich – bei hochwertigen TVs – sind wir dafür richtig stark.

«Ein Panel allein macht noch kein grossartiges Bild – die Prozessorleistung entscheidet.»

Ich verstehe. Profitabilität geht vor Masse.
Ja und nein. Natürlich müssen wir als Unternehmen profitabel sein. Aber uns geht es nicht darum, möglichst hohe Margen zu erzielen – sondern darum, dass unsere Kundschaft für ihr Geld die bestmögliche Bildqualität bekommt. Das ist unser Anspruch.

Kannst du das genauer erläutern?
Seit Jahren liegt unser Fokus auf der perfekten Bildoptimierung. Heute nennt jeder seinen Prozessor «AI-powered» – aber wir haben schon lange zuvor mit fortschrittlichen Algorithmen gearbeitet. Sony-TVs gewinnen nicht ständig Awards, weil wir die hellsten oder grössten Displays haben, sondern weil wir das natürlichste und präziseste Bild liefern, und zwar direkt aus der Verpackung heraus.

«Jeder kann ein Panel einkaufen – aber nicht jeder kann es so optimieren, dass es sein volles Potenzial entfaltet.»

Wer produziert denn die RGB-LED-Panels für euch?
Das kann ich leider nicht verraten. Aber ich kann dir sagen: Unser Backlight-System – also die Hintergrundbeleuchtung und das Dimming – wird sich von der Konkurrenz unterscheiden. Auch wenn das Panel selbst ähnlich sein mag, sorgt unser Ansatz für ein ganz anderes Ergebnis. Wie genau? Das bleibt natürlich unser Geheimnis.

«Wenn Micro-LED wirklich die Zukunft für Consumer-TVs wäre, hätten wir längst erschwingliche Modelle.»

Also glaubst du, dass Micro-LED für immer ein Business-Produkt bleibt?
Aktuell sieht es stark danach aus. Wenn Micro-LED wirklich die Zukunft für Consumer-TVs wäre, hätten wir längst erschwingliche Modelle. Aber das ist nicht passiert. Vielleicht gibt es irgendwann ja den grossen Durchbruch – aber heute ist und bleibt es eine Technologie für High-End-Business-Anwendungen.

Okay, dann zum nächsten «grossen Trend» – 8K. Ihr habt seit 2022 keine neuen 8K-Modelle mehr vorgestellt. Glaubt Sony überhaupt noch daran?
Ganz ehrlich? Der Markt will es nicht. Die Nachfrage ist einfach nicht da. Denn 8K ist nicht vergleichbar mit dem Sprung von Full HD auf 4K. Damals gab es einen klaren Mehrwert: grössere Bildschirme, mehr Details, bessere Inhalte. Aber bei 8K? Es gibt kaum Inhalte.

Aber viele Hersteller sagen, 8K-Upscaling reiche völlig aus.
Upscaling kann zwar helfen – aber es ersetzt kein echtes 8K. Wenn das Ausgangsmaterial nur in Full HD oder 4K vorliegt, lässt es sich nicht magisch in echtes 8K verwandeln. Viele TV-Hersteller bewerben ihre Upscaling-Technologie gross. Aber wenn man genau hinschaut, sieht hochskaliertes 8K oft kaum besser aus als gutes 4K.

Also liegt das Problem vor allem am fehlenden Content?
Genau. Wo sind denn die 8K-Inhalte? Streaming-Anbieter setzen fast ausschliesslich auf 4K. Selbst klassisches Fernsehen ist in vielen Ländern noch nicht einmal komplett in 4K angekommen. Die Wahrheit ist: Kaum jemand schreit nach noch mehr Pixeln.

Ist 8K am Ende dann doch nur ein sehr teurer Marketing-Gag – so wie damals 3D-TVs?
Das ist schwer zu sagen – aber der Vergleich ist nicht ganz falsch. Es gibt Szenarien, in denen 8K Sinn macht: riesige Screens, professionelle Anwendungen, vielleicht irgendwann fürs Gaming.

«8K? Der Markt will es nicht. Die Nachfrage ist einfach nicht da.»

Verstanden. Dann meine letzte Frage: Wo steht Sony in zehn Jahren im TV-Markt?
Oha!

Dann bleibt Sony auch in Zukunft eine Premium-Marke?
Ja – und mehr als das. Wir entwickeln kontinuierlich neue Technologien, um unser Portfolio zu stärken. RGB-LED ist ein Beispiel, aber auch unsere Weiterentwicklungen bei Prozessoren.

Das klingt, als würde Sony sich als eine Marke sehen, die im Idealfall den gesamten Bildverarbeitungsprozess in der Hand hat.
Exakt. Sony ist mehr als nur Fernseher. Wir sind das Bild – von der Linse bis ins Wohnzimmer.

Perfekt, das war’s! Vielen Dank für das Gespräch.
Hat Spass gemacht!


Titelbild: Luca Fontana

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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