

Seltsame Produkte, von denen du nicht wusstest, dass du sie bald willst – Teil 2
Gerade als ich dachte, es könnte nicht seltsamer werden, haben mich neue Lampen, Wohnaccessoires und Möbel, die ich an der Milan Design Week gesehen habe, vom Gegenteil überzeugt.
Die denkwürdigsten aller Debüts der vergangenen Mailänder Designwoche haben ungewöhnliche Formen, skurrile Schmuckelemente und Farbexplosionen vereint. Das könnte ein leiser Protest gegen den Minimalismus sein oder schlicht ein Plädoyer für mehr Diversität. Bestimmt zeigt es aber, dass Designerinnen und Designer den Kern (core) der Gemütlichkeit in schrägen (weird) Wohnaccessoires und Möbeln zu sehen scheinen. Somit hatte die Plattform Pinterest recht, als sie Weirdcore Anfang des Jahres als Megatrend 2023 ankündigte. Denn die ausgestellten Stücke waren ausgefallener als je zuvor. Überzeug dich selbst:
1. Angekettet
Normalerweise kommen Ketten um den Hals. Lindsey Adelman macht sie zum dekorativen Verbindungsstück ihrer Mobiles. Die New Yorkerin hat vor Kurzem eine neue Plattform «LaLAB» gegründet, die sich in erster Linie der Fantasie widmen soll und in Mailand die erste Arbeit namens «Fantastical Illuminated Works» präsentiert. Sie besteht aus drei neuen Lampenserien – Cages, Mobiles und Rock Lights – die sich wie ein Mobile aus unterschiedlichen Komponenten zusammensetzen. Sie bestehen unter anderem aus Kristallen, Keramikkugeln und handgestrickten Ketten. Und das ist noch nicht alles: Die Lampen hängen von der Decke und baumeln fast bis zum Boden herunter. Da kann höchstens ein Futon drunter liegen.

Quelle: Pia Seidel

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2. Let's get physical
Die Künstlerin Stef Fusani hat in Alcova zwei Objekte gezeigt, die sich aus anthropomorphen Formen zusammensetzen. Die Standbeine erinnern zum Beispiel an Füsse. Eine andere Stelle, aus der Wasser fliesst, an eine Hand. Ja, du liest richtig. In den Objekten fliessen nicht nur Körperteile zusammen, sondern auch Wasser. Es plätschert sachte von einem ins nächste Becken.

Quelle: Pia Seidel

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3. Weder Fisch noch Vogel
Elisa Uberti wollte weg von der Modebranche und standardisierten Formen. Deshalb schafft sie heute Skulpturen und Lampen, die sich an der Schnittstelle von Kunst und Design bewegen. In Mailand hat sie gerade einige Objekte vorgestellt. Ihre Formsprache ist von der Natur, dem Nomadentum, der Architektur und der Poesie des Weltraums inspiriert, wie Uberti sagt. Die vielen Nennungen erklären, warum die Objekte so ausserirdisch wirken und sich keinem Motiv so wirklich zuordnen lassen.

Quelle: Pia Seidel

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4. Spielspass
Das Designstudio Indefinito glaubt an Veränderung durch Experimente und möchte innovative Produkte schaffen, die lange gefallen. Ein erstes Beispiel dafür hat es an der Veranstaltung Salone Satellite gezeigt: das modulare Sofa «Millebolle». Es soll wie LEGO zum Zusammenbauen und Verweilen einladen und sich dabei an seine Nutzenden sowie die Umgebung anpassen. Seine kugelförmigen Module sind durch simple Schnürsenkel miteinander verbunden. Ob das hält? Ja, zumindest während der Messe ;).

Quelle: Pia Seidel

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5. Bitte anschnallen
Tavinho Camerino ist gelernter Architekt und seit 2017 auch Designer. Er hat seine experimentelle Lampe «Rebenque Light» ebenfalls an der Salone-Satellite-Veranstaltung inszeniert. Sie setzt sich zum Teil aus traditionellen Lederpeitschen zusammen, die normalerweise auf Strassenmärkten im Hinterland von Alagoas, einem kleinen Bundesstaat im Nordosten Brasiliens, zu finden sind. Für den Brasilianer ist diese Lampe ein Beispiel für die menschliche Fähigkeit, scheinbar einfache Materialien in etwas Aussergewöhnliches zu verwandeln. In der Tat: Mit ihrem Erscheinungsbild ist mir das Design gleich aufgefallen.

Quelle: Pia Seidel

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6. Big Brother
Der neue Stuhl aus der Kollektion «T4» von der Möbelmarke Uma Objects erinnert an die 90er-Jahre – aber auf eine gute Art und Weise. Er wurde vom Design-Beratungsbüro Holloway Li entworfen. Mit seiner niedlichen Marshmallow-Form versprüht das üppige, modulare Sitzmöbel aus lackiertem Fiberglas und Leinenstoff viel Optimismus. Die Inspiration für ihn stammt aus der Automobilindustrie – und dem Reality-TV. Tatsächlich ist das Design laut Uma Objects an die Ästhetik der «Big Brother»-Häuser angelehnt.

Quelle: Pia Seidel

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7. Ein Denkmal
Milan Pekař nimmt alltägliche Gegenstände oder Architekturelemente und repliziert sie mit Keramik. Dabei ignoriert er oft ihre primäre Funktion. Diesmal hat er in der Triennale seine Säulen namens «The End of Civilisation» (Das Ende der Zivilisation) vorgestellt. Sie sind von Ruinen aus der Antike inspiriert. Der Keramiker hat ihnen jedoch einen Anstrich verpasst. Statt weiss oder beige, sind sie pastellfarben. Ausserdem kommen sie wortwörtlich etwas schräg daher und gleichen dem Schiefen Turm von Pisa.

Quelle: Pia Seidel
So gelingt der denkwürdige Einrichtungstrend
Du willst den Trend nach Hause holen? Dann leg dir Designstücke zu, die etwas ironisch gemeint sind, an Körperteile oder aber an Comicfiguren erinnern. Hauptsache, sie bringen dich im ersten Moment mindestens zum Stirnrunzeln.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.