

Schlauch oder tubeless? Ich bin eigentlich für Letzteres, aber …

Die einen schwören auf den Schlauch, für die anderen gibt es nur tubeless. Was soll's also sein im Reifen? Wie so vieles beim Biken ist auch das eine Gretchenfrage. Meine Meinung? Ganz ehrlich, ich weiss es nicht.
Tubeless oder Schlauch, auch das ist unter Bikerinnen und Bikern beinahe schon eine Glaubensfrage. So wie: E-Bike oder Bio, mechanisch oder elektronisch schalten, Kette ölen oder wachsen und so weiter und so fort. Man könnte die Liste wohl endlos fortsetzen. Kürzlich war auch bei mir wieder einmal Umrüsten angesagt. Schlauch raus, Dichtmilch rein. Und zum ersten Mal eine (Achtung, hier kommt der nächste Aufreger) Tire Noodle.
Diese Kunststoffschaumeinlagen gibt es in vielen Farben, die alle ein wenig aussehen, wie die bunten Nudeln aus dem Schwimmunterricht.

Sie müssen nur die Nudel durch die Lasche ziehen
Wie war das nochmal beim Song von Mike Krüger?
Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche zieh'n. Und mit der kleinen Kurbel ganz nach oben dreh'n. Da erscheint sofort ein Pfeil. Und da drücken sie dann drauf. Und schon geht die Tube auf.Ungefähr so musst du dir den Wechsel vom Schlauch aufs Rad mit Felgenband, speziellem Ventil und Dichtmilch vorstellen. Heute verwenden wir dazu Produkte von Stan's. In der Theorie im Nu erledigt, in der Praxis kämpft man mit den Tücken des Objekts oder besser gesagt, der Objekte.

Und da ich zwei linke Hände habe, hole ich mir Hilfe vom Fachmann, der unter anderem die Tire Noodles in der Schweiz vertreibt. Stefan von Trail Supply hilft mir heute mein Gravelbike umzurüsten. Und erklärt mir vorab die Funktion der Tire Noodles. Diese werden mit dem Tubeless-Reifen in die Felge gelegt. Wenn der Reifen aufgepumpt wird, ziehen sich die Kunststoffschaumeinlagen zusammen. Entweicht Luft, dehnen sie sich wieder aus. Schön zu sehen in den folgenden Bildern:


Tire Noodles sollen Reifenbeschädigungen und Snakebites vorbeugen und zusätzlich auch als Felgenschutz dienen. Und revolutionieren laut Stefan die Performance auf langen Enduro-Abfahrten und Downhill-Trails oder ausdauernden Strassenausfahrten. Auf den jeweiligen Einsatzzweck abgestimmt soll das Defektrisiko minimiert und der Grip sowie der Fahrkomfort deutlich gesteigert werden.
Die Einlagen sollen es sogar ermöglichen, mit einem platten Vorder- oder Hinterreifen ohne Reparatur nach Hause zu fahren. Klingt verlockend, darum werde ich das in den nächsten Wochen ausgiebig testen und über meine Erfahrungen damit berichten.

Ende gut, fast alles gut
Zuerst muss umgerüstet werden. Stefan hat dafür ein Produkt eines Herstellers mitgebracht, den ich bisher noch nicht kannte.
Der tschechische Brand Zleen mit Sitz in Prag produziert Fahrradreifen für alle Modelle vom Citybike bis MTB. Und natürlich auch Pneus für Gravelbikes. Wir montieren heute den Wolf unter den Gravelreifen in der Pro-Version mit 42 Millimetern Breite.
Dieser Reifen soll auf allen Untergründen, egal ob trockene Waldabschnitte, Schotterstrassen oder schlammige Wege, guten Grip bieten, sowie ruhiges und schnelles Fahren ermöglichen. Wir werden sehen. Auch dieses Produkt teste ich in den nächsten Wochen und schreibe über meine Eindrücke.

Der Wechsel beim «Gran Turismo GR X» Gravelbike von Bixs vom Schlauch auf tubeless läuft dann zusammengefasst in etwa so ab:
- alten Reifen und Schlauch von der Felge nehmen
- Felgenband ist bei tubelessready Rädern bereits vormontiert
- falls kein Felgenband vormontiert ist, entsprechendes Tubeless-Felgenband einkleben
- Ventil einsetzen (Achtung: braucht spezielle Tubeless-Ventile beim Einsatz mit Tire Noodles)
- neuen Reifen evtl. mit Tire Noodles auf die Felge bringen
- Aufpumpen, bis es knackt (siehe Video)
- Luft wieder ablassen und mit ca. 60 - 80 Milliliter Dichtmilch füllen
- Aufpumpen und Räder in alle Richtungen drehen, damit sich die Dichtflüssigkeit verteilt und den Reifen und die Felge abdichtet
Wenn es knackt, sollte der Reifen richtig in der Felge sitzen und dann auch dicht sein. Sollte. Denn oft braucht es ein paar Ausfahrten, damit sich die Dichtflüssigkeit überall verteilt und alle undichten Stellen abdichtet. In meinem Fall verliert das Hinterrad auch nach der dritten kleinen Tour noch immer Luft und ich muss immer wieder pumpen. Das war jedoch beim letzten Bike, das ich auf tubeless umgerüstet habe, auch der Fall. Nach zwei Wochen war das Hinterrad dann dicht.
Weniger Pannen, mehr Sauereien
Bis der neue Reifen überhaupt auf der Felge sitzt, kann es einiges an Zeit und Nerven kosten. Ein Tipp: Die Seitenwände der Pneus mit Seifenwasser einseifen. Dadurch kriegt man den Gummi ein bisschen geschmeidiger auf die Felge. Leider ist trotzdem oft der Einsatz eines Reifenhebers vonnöten. Und damit steigt dann auch die Gefahr abzurutschen und die schöne neue Carbonfelge zu zerkratzen.


Zum Schluss kommt dann die Dichtflüssigkeit in den Reifen. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten der Befüllung. In der Regel durch das Ventil, wobei hier zuerst der Ventilkern herausgenommen wird und dann entweder direkt aus der Flasche oder mit einem speziellen Applikator befüllt wird.
Das Letztere hinterlässt bedeutend weniger Sauerei auf der Felge als die Variante direkt aus der Flasche.


Und jetzt: Schlauch oder Tubeless?
Zurück zur Eingangsfrage: Schlauch oder nicht Schlauch, das ist hier die Frage. Ich habe nicht wirklich eine Antwort darauf. Wenn ich mir Youtube-Videos zum Thema anschaue, dann sieht das immer kinderleicht aus. «Sie müssen nur ...» und zehn Minuten später sind zwei Räder auf tubeless umgerüstet. Meine, zugegeben bescheidene, Erfahrung sieht anders aus: Es ist ein Krampf, verursacht Kratzer auf der Felge und endet oft in einer Sauerei mit der Dichtmilch.
Ich habe das jetzt viermal mitgemacht: zweimal dabei zugeschaut, einmal unter Anleitung und einmal ganz alleine umgerüstet. Und es war jedes Mal ein ziemliches Geknorze. Wenn die Umrüsterei erst einmal durch ist, dann gerne tubeless. Ansonsten war ich jetzt die letzten Monate auf zwei Testbikes mit Schlauch unterwegs und hatte nie eine Panne.
Ausserdem solltest du zwei bis dreimal pro Jahr Dichtflüssigkeit nachfüllen, damit immer genügend Flüssigkeit im Reifen ist, um allfällige Löcher abzudichten. Dafür bietet Tubeless-Bereifung dann eindeutige Vorteile bei Schnelligkeit, Komfort, Grip und Pannensicherheit. Beim Gewicht hat die Kombination aus Reifen, Tire Noodle und Ventil mit 568 gegenüber 610 Gramm mit altem Reifen und Schlauch inkl. Ventil die Nase vorn.
Hinzu kommt dann aber noch die Flüssigkeit, die eine höhere Dichte hat als Wasser. Ich habe jetzt jedoch keine Lust meine Küchenwaage zu versauen und rechne daher einfach mal mit dem Faktor 1,3. 60 Milliliter sind dann rund 80 Gramm, das wären dann 648 Gramm pro Rad.
Ein bisschen mehr Gewicht, ein Kratzer hier, ein Spritzer da, dafür weniger Pannenanflälligkeit und mehr Leistung. Lohnt sich das im Vergleich zum Schlauch? Das entscheidet letztlich jede und jeder für sich.

Tubeless vs. Schlauch
Hast du eine Meinung zu Tubeless-Reifen im Vergleich zu Schlauchreifen, und wenn ja welche?


Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.