Samuel Buchmann
Produkttest

Nothing Ear (3) im Test: besser Telefonieren mit Mikrofon im Case

Für seine neuesten In-Ear-Kopfhörer hat sich Nothing etwas Besonderes ausgedacht: Ein Mikrofon im Case der Nothing Ear (3) soll die Sprachqualität beim Telefonieren auf ein neues Niveau heben.

Hersteller von In-Ear-Kopfhörern fällt es immer schwerer, ihre Modelle zu verbessern. Für die breite Masse sind die Optimierungen kaum erkennbar. Deswegen rücken andere Dinge in den Vordergrund, um sich von der Konkurrenz abzuheben: die Ladehüllen der Kopfhörer. Während JBL ein Display und Steuerelemente auf ihr anbringt, probiert es Nothing mit einem Mikrofon. Das sogenannte «Super Mic».

Telefonieren bei 95 Dezibel

Optisch gibt es an den Ohrhörern der Nothing Ear (3) nur minimale Änderungen zu ihren Vorgängern. Beim Case, das der Hersteller «Etui» nennt, dagegen umso mehr. Die untere Hälfte besteht nicht mehr aus transparenten Kunststoff, sondern aus Recycling-Aluminium. Das Case ist nach IP54 vor Spritzwasser geschützt. Zudem befinden sich neben dem USB-C-Anschluss zum Laden das Mikrofon sowie um die Ecke davon die Talk-Taste. Mit dieser aktiviere ich das Super Mic beim Telefonieren und kann es auch für andere Dinge nutzen.

Das Mikrofon befindet sich neben dem USB-C-Anschluss.
Das Mikrofon befindet sich neben dem USB-C-Anschluss.

Mit dem Super Mic will Nothing vor allem Hintergrundgeräusche beim Telefonieren minimieren. Bis zu 95 Dezibel laute Umgebungen soll es ausblenden können. Das entspricht schreienden Menschen, einer Küchenmaschine oder Schwerlastverkehr. Entsprechend stelle ich mich an eine viel befahrene Straße in Hamburg und führe Telefonate, während die LKW vorbeirollen.

Das Ergebnis ist beeindruckend gut. Ohne das Super Mic versteht mich mein Gegenüber gar nicht. Der Straßenverkehr ist zu laut. Drücke ich die Talk-Taste am Gehäuse der Ear (3) ändert sich das schlagartig. Ich bin zu verstehen und kann weiter telefonieren, ohne eine ruhigere Umgebung aufsuchen zu müssen. Die aktive Geräuschunterdrückung sorgt wie gewohnt dafür, dass ich selber alles gut verstehe, was mir erzählt wird.

Die Talk-Taste an der Seite des Gehäuses.
Die Talk-Taste an der Seite des Gehäuses.

Will ich die Talk-Taste bei einem längeren Gespräch nicht dauerhaft gedrückt halten, kann ich das Super Mic mit doppeltem Drücken auch fix aktivieren. Eine grüne LED neben dem Mikrofon zeigt mir, dass dieses aktiv ist. Für eine gute Verständlichkeit darf ich das Case beim Sprechen nicht weiter als 15 Zentimeter von meinem Mund entfernt halten.

Eine wichtige Einschränkung gibt es noch: Das Super Mic funktioniert derzeit offiziell nur für Gespräche – also Telefonate oder Videocalls. Die Verwendbarkeit in anderen Apps – zum Beispiel für Sprachnachrichten – ist unterschiedlich oder zumindest nicht optimiert. Hier bleibt nur ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Bei der Aufnahme von Videos lässt sich das Mikrofon nicht verwenden. Hier greift das Smartphone meist auf das interne Mikrofon zurück. Die Ear (3) sind mit ihrem Case also kein Ersatz für ein Ansteckmikrofon.

Das Mikrofon lässt sich für Telefonate und Videocalls nutzen, aber nicht für Videos.
Das Mikrofon lässt sich für Telefonate und Videocalls nutzen, aber nicht für Videos.

Im Etui der Ear (3) befinden sich zwei MEMS-Mikrofone. Die Abkürzung steht für Micro Electro Mechanical Systems, was bedeutet, dass es sich um sehr kleine Mikrofone handelt. Sie nutzen mit «Beamforming» eine Technologie, die Signale auf einen bestimmten Ort fokussiert, um die Stimme von den Umgebungsgeräuschen zu trennen. Während der Aufnahme ist das Case per Bluetooth mit den Ohrhörern verbunden. Diese senden wiederum die Stimme ans Smartphone weiter. Die Ohrhörer sind also mit zwei Geräten verbunden. Deswegen ist bei Nutzung des Super Mic keine weitere «Dual Connection» möglich.

Außerhalb von Telefonaten kann ich die Talk-Taste nutzen, um den Sprachassistenten auf meinem Smartphone zu aktivieren und mit ihm zu reden. Alternativ kann ich bei neueren Smartphones von Nothing Sprachnotizen im «Essential Space» ablegen, wo eine KI sie für mich kuratiert.

In der Hand habe ich die Kontrolle über die Talk-Taste, in der Hosentasche nicht.
In der Hand habe ich die Kontrolle über die Talk-Taste, in der Hosentasche nicht.
Quelle: Samuel Buchmann

Einen Nachteil hat die Talk-Taste: Ich habe das Case in der Regel in meiner Hosentasche und da ist es nicht immer alleine. Bei Bewegungen kann es passieren, dass die Taste gedrückt wird. Nicht schlimm, aber doch schon nervig, wenn meine Musik öfter kurz unterbrochen wird.

Guter Klang, hervorragendes ANC

Klanglich verspricht Nothing zwar auch einige Verbesserungen, aber die sind eher theoretischer Natur. Beim hörbaren Klang bemerke ich keinen Unterschied zu den Vorgängern. Das ist aber nicht schlimm, da schon die vorherigen Nothing Ear sehr gut klingen.

Die Treiber sind mit zwölf Millimetern einen Millimeter größer geworden und bestehen wieder aus Kunststoff. Bei den Ear hatte Nothing auf Keramik gesetzt. Polymethacrylimid (PMI) mit einem Rahmen aus thermoplastischem Polyurethan (TPU) für besseren Bass – um ganz genau zu sein. Ich freue mich auf jeden Fall über einen für In-Ears kräftigen Bass, der aber nichts übertönt. Die Mitten sind angenehm betont und die Höhen kommen gut zum Vorschein.

Es gibt nur kleine Änderungen an den Ohrhörern, in denen eine noch kleinere Antenne steckt.
Es gibt nur kleine Änderungen an den Ohrhörern, in denen eine noch kleinere Antenne steckt.

Für eine bessere Geräuschunterdrückung hat Nothing etwas an den Aufsätzen der Ohrhörer gearbeitet. Ihr Material soll noch besser im Ohr stecken und weniger Geräusche durchlassen. Zusätzlich nimmt die aktive Geräuschunterdrückung bis zu 45 Dezibel weg. Damit dämpfe ich nicht nur Hintergrundgeräusche, sondern kann bei angenehmer Lautstärke einen Podcast an einer viel befahrenen Straße hören.

Will ich meine Umgebung hören, schalte ich auf den Transparenz-Modus um. Dieser nimmt mit den Mikrofonen der Ohrhörer die Umgebung auf und bringt sie in mein Ohr. So höre ich auf dem Fahrrad zum Beispiel sich nähernde Autos oder könnte mich auch mit anderen Menschen reden, ohne die Stöpsel aus dem Ohr zu nehmen.

Das Gehäuse ist zwar noch transparent, aber nicht mehr weiß. Das Recycling-Aluminium dominiert mit seiner grauen Farbe.
Das Gehäuse ist zwar noch transparent, aber nicht mehr weiß. Das Recycling-Aluminium dominiert mit seiner grauen Farbe.

Nothing gibt für die Ear (3) eine Laufzeit von 5,5 Stunden mit aktiver Geräuschunterdrückung an. Mit Nachladen im Case erhöht sich die Laufzeit auf bis zu 22 Stunden. Ohne ANC sind es sogar 10 und 38 – mit AAC als Codec. Mit LDAC fällt die Akkulaufzeit kürzer aus. Kabellos dauert eine volle Ladung der Hülle und der Ohrhörer 120 Minuten, mit USB-C-Kabel sind es 70 Minuten. Bereits nach zehn Minuten soll dabei genug Strom für zehn Stunden Musikwiedergabe getankt sein.

Eine App für Einstellungen und mit Equalizer

Die Bedienung der Ear (3) erfolgt wie bei Nothing üblich über Drücken der Stiele der Ohrhörer. Einfaches oder mehrfaches Drücken sowie gedrückt halten steht dabei zur Auswahl. Falls mir die Standardbelegung nicht gefällt, kann ich sie in der Nothing-X-App ändern.

Die Startseite der Nothing-X-App in zwei Teilen und die Unterseite zum Super Mic.
Die Startseite der Nothing-X-App in zwei Teilen und die Unterseite zum Super Mic.

In der App kann ich zudem Spatial Audio aktivieren. Den räumlichen Klang unterstützen die Ear (3) mit entsprechendem Material. Zudem schalte ich dort «Bass Enhance» ein, was tiefe Töne in bis zu fünf Stufen verstärkt. Mit dem einfachen oder dem fortgeschrittenen Equalizer passe ich die Tonausgabe genauer an meine Vorstellungen an. Hier wähle ich zudem zwischen AAC und LDAC als Codec.

Um herauszufinden, ob die Hörer gut in meinem Ohr sitzen, kann ich einen Passformtest durchführen. Ist die Abschirmung nicht gut, empfiehlt es sich, die Größe der Aufsätze zu ändern.

Fazit

Das Super Mic sorgt für besseres Verstehen beim Telefonieren

Wer häufiger in lauten Umgebungen telefoniert, sollte die Nothing Ear (3) mit dem Super Mic auf dem Schirm haben. Es blendet Umgebungsgeräusche gut aus und sorgt für eine bessere Sprachqualität. Die Gesprächspartner werden sich bedanken.

Jenseits des Super Mics sind die Ear (3) ihren Vorgängern allerdings sehr ähnlich. Die Verbesserungen bei der Klangqualität und der aktiven Geräuschunterdrückung sind minimal – und beides war schon bei den Nothing Ear sehr gut. Hier lässt sich mit dem älteren Modell durchaus etwas Geld sparen.

Pro

  • Super Mic verbessert Sprachqualität beim Telefonieren
  • guter Sound
  • überzeugende aktive Geräuschunterdrückung

Contra

  • Upgrade lohnt nur für Viel-in-lauter-Umgebung-Telefonierer
  • Talk-Taste wird in Taschen ungewollte gedrückt
Nothing Ear (3) (ANC, 22 h, Kabellos)
Kopfhörer
Neu
CHF159.–

Nothing Ear (3)

ANC, 22 h, Kabellos

Titelbild: Samuel Buchmann

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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