Hintergrund

Meine Reise zum 10-Gigabit-Internet

Ich habe mir das 10-Gigabit-Galaxus-Internet-Abo gegönnt. Was braucht es, um diese Leistung tatsächlich nutzen zu können? Was kostet die nötige Hardware und lohnt sich der Aufpreis?

Schon lange liebäugle ich mit dem Upgrade meiner Leitung, die läppische ein Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) schafft. Die höheren Abokosten für 10-Gigabit oder noch mehr waren mir bisher zu teuer. Ganz zu schweigen von der neuen Hardware, die dafür nötig ist. Mit der Einführung von Galaxus Internet, das ich als Mitarbeiter noch etwas günstiger erhalte, konnte ich nicht länger widerstehen. Das Abo ist aber nur der erste Schritt. Ein Erfahrungsbericht.

Ausgangslage

Ich wohne mit meiner Familie in einem dreistöckigen Einfamilienhaus mit Keller. Es handelt sich um ein über 100‑jähriges Backsteinhaus. Beton muss das WLAN zwar nicht durchdringen, dick sind die Wände dennoch. Deshalb habe ich schon vor Jahren Netzwerkkabel in alle wichtigen Zimmer eingezogen. Dadurch muss ich keine WLAN-Repeater verwenden, die per Funk mit dem Router kommunizieren, sondern nutze Access Points, die per Netzwerkkabel verbunden sind.

Bis vor diesem Projekt hatte ich Cat-6-Kabel in den Wänden. Die garantieren Geschwindigkeiten bis zu 1 Gbit/s – bis 55 Meter sogar 10 Gbit/s. Letzteres bemerkte ich leider erst, nachdem ich sie schon durch Cat 7 ersetzt hatte. Jänu, das war noch das mit Abstand Günstigste am Ganzen.

Der Glasfaseranschluss befindet sich im Parterre, wo auch der Router steht.

Hier fliesst der 10 Gbit/s-Datenstrom aus dem Router.
Hier fliesst der 10 Gbit/s-Datenstrom aus dem Router.

Da ich viel spiele und Games immer grösser werden, lade ich regelmässig riesige Datenmengen runter. Wenn ein neues Spiel erscheint, kann es gar nicht schnell genug gehen. Eine halbe Stunde warten? Ich habe doch keine Zeit zu verschenken. Streamen ich oder meine Familie noch gleichzeitig auf einem oder mehreren Geräten einen Film, stockt entweder der Stream oder der Download-Speed sinkt. Unhaltbare Zustände, ich weiss. Ich bin froh, dass du mich verstehst.

Mein Ziel: Ich möchte 10-Gigabit-Leitungen in allen drei Stockwerken inklusive Keller. Daran schliesse ich meinen PC und WLAN-Access-Points an, welche die volle Bandbreite nutzen können. Ich erwarte, dass mein Download-Speed massiv steigt und dass währenddem ich Spiele herunterlade, mehrere gleichzeitige Videostreams ruckelfrei möglich sind. Ausserdem soll das System möglichst zukunftssicher sein.

Voraussetzung für 10-Gigabit: Damit ich die neue Internet-Leitung überhaupt ausreizen kann, müssen alle verbundenen Geräte und Kabel den nötigen Standard erfüllen. Das sieht in meinem Fall wie folgt aus:

  • PC: Verfügt bereits über ein 10-Gigabit-fähiges Mainboard.
  • Router: Galaxus Internet bietet leider noch keine freie Router-Wahl. Der mitgelieferte Zyxel AX7501-B1 ist aber für 10-Gigabit ausgelegt. Er besitzt allerdings nur einen 10-Gigabit-Port.
  • Access Points: Meine bisherigen unterstützen nur den Wi-Fi-5-, respektive 6-Standard und werden ersetzt.
  • Netzwerk-Switch: Sind noch 1-Gigabit-Modelle und werden ersetzt.
  • Netzwerkkabel: Sind noch mehrheitlich Cat 6 und werden durch Cat 7 ersetzt – auch wenn das nicht zwingend nötig wäre.

Schon vom Schiff aus ist klar: Das Upgrade wird teuer. Ich habe mich schliesslich für die folgenden Produkte entschieden.

Nach vielen zufriedenen Jahren mit Fritz!-Hardware probiere ich es mit den hochgelobten Ubiquiti-Access-Points. Die UniFI 7 Pro XG unterstützen Wi-Fi 7, das theoretisch Leistungen von bis zu 23 Gbit/s ermöglicht. Da ich kein Grossraumbüro betreibe, ist das selbst für mich etwas exzessiv. Dass die UniFI 7 Pro XG hingegen als eines von wenigen Geräten einen Uplink von 10 Gbit/s ermöglichen, nützt mir schon mehr. Die Leistung verteilt sich auf die drei Bänder 6 Gigahertz (GHz) mit bis zu 5.8 Gbit/s, 5 GHz mit 4.3 Gbit/s und 2.4 GHz mit 688 Mbit/s.

Ausserdem verspricht Ubiquiti eine Abdeckung von 140 Quadratmetern, was einiges mehr ist als meine alten WLAN-Geräte, die nicht alle Ecken erreichen. Ich benötige drei Access Points, weil ich zu den bestehenden zwei auch noch einen dritten im Keller aufstellen will.

Bei den Switches wähle in den TP-Link TL-SX105. Er ist passiv gekühlt, was wichtig ist, weil einer davon in meinem Büro steht. Er hat zwar nur fünf Ports, aber das reicht fürs Erste und solche mit noch mehr Anschlüssen kosten ein Vielfaches. Der Switch ist «unmanaged», bietet also keine Verwaltungsfunktionen. Aber die benötige ich für unser kleines Privatnetzwerk auch nicht.

Was ich hätte brauchen können, wären PoE-Ports. Denn die Access Points von Ubiquiti werden mit Power over Ethernet, also per Netzwerkkabel, mit Strom versorgt. Weil der Switch das nicht kann, benötige ich zusätzlich drei Ubiquiti 10G PoE++. Die schalte ich zwischen Netzwerkbuchse und Access Point. Sie werden über ein separates Netzteil mit Strom versorgt.

Das orange Cat-7-Kabel ist etwas dicker. Je nach Länge tun es aber auch noch Cat 6 für 10 Gbit/s.
Das orange Cat-7-Kabel ist etwas dicker. Je nach Länge tun es aber auch noch Cat 6 für 10 Gbit/s.

Nicht ganz das Apple unter den Netzwerkanbietern

Da dieser Text mehr Erfahrungsbericht als Hardware-Test ist, streife ich den Setup-Prozess nur kurz. Im Gegensatz zur Zeit, die ich benötige, bis alles sauber läuft. Dabei wäre die Einrichtung eigentlich ganz einfach. Den Router kann ich ohne Probleme in Betrieb nehmen. Die Switches sind abgesehen von meinem Kabelmanagement des Grauens schnell ausgetauscht. Damit ist mein PC bereits startklar.

Bei der Teamsitzung am nächsten Morgen merke ich allerdings, dass noch überhaupt nichts stimmt. Ich verliere alle paar Sekunden die Verbindung. Der Packetlosstest verrät, dass ich bis zu 65 Prozent Paketverlust habe. Einen halben Tag starte ich Geräte neu, tausche Kabel aus, schliesse die alten Switches wieder an, bis ich am Ende wieder alles genau so einstecke wie vorher: Und plötzlich läuft es ohne Probleme. Was lerne ich daraus? Nichts, ausser, dass Technik der Teufel ist.

Nach dem Einrichten habe ich erst mit massivem Paketverlust zu kämpfen.
Nach dem Einrichten habe ich erst mit massivem Paketverlust zu kämpfen.

Weniger umständlich, aber auch nicht glatt, verläuft die Inbetriebnahme der Access Points. Von «Ubiquiti ist das Apple der Netzwerkgeräte», wie es mein Chef nennt, spüre ich bisher wenig. Der Zyxel-Router unterstützt «noch» keinen Bridge-Modus und mit DMZ befasse ich mich vielleicht ein andermal. Darum kann ich noch keinen Ubiquiti-Router verwenden und somit auch kein Unifi-Netzwerk aufsetzen. Damit gehen viele Vorteile des Ubiquiti-Systems flöten. Dazu gehört womöglich auch ein einfacher Setup-Prozess. Der hängt nämlich mehrmals fest. Als es schliesslich klappt, bekomme ich trotzdem noch eine Verbindungsverlust-Meldung in der Unifi-App. Die kann ich ignorieren und danach sind die Access Points bereit.

Ohne Unifi-Netzwerk kann ich die Ubiquiti-Access-Points nur von meinem Smartphone aus steuern.
Ohne Unifi-Netzwerk kann ich die Ubiquiti-Access-Points nur von meinem Smartphone aus steuern.

Maximaler Speed nur per Kabel

Auf der Website Speedtest erreiche ich am PC eine Downloadgeschwindigkeit von knapp 8 Gbit/s und einen Upload von 3.5 Gbit/s. Das sind nicht ganz die versprochenen 10 Gbit/s, aber eine klare Steigerung von meinen bisherigen 1 Gbit/s. Bei der Gaming-Plattform Steam liegt mein neuer Rekord bei 607 Megabyte pro Sekunde (MB/s), das entspricht fast 5 Gbit/s. Möglich, dass die Steam-Server hier der limitierende Faktor sind. Das 60 Gigabyte (GB) grosse «Dying Light The Beast»ist damit in unter zwei Minuten heruntergeladen.

Parallel dazu lasse ich vier 4K/HDR-Youtube-Streams laufen. Pro Stream empfiehlt Google rund 35 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Ohne den Download könnte ich also theoretisch 285 davon laufen lassen. Der einzige Hinweis darauf, dass mein Internet auf Hochtouren läuft, ist der hörbare Lüfter meines PCs. 10-Gigabit-Netzwerkkarten werden sehr heiss – wie auch die Switches – und das hört man. Steam senkt bei dieser Auslastung den Speed auf rund 300 MB/s, aber das ist immer noch fast dreimal mehr als das bisherige Maximum.

Steam reizt die neue Leitung schon ordentlich aus.
Steam reizt die neue Leitung schon ordentlich aus.

Beim WLAN fallen die Geschwindigkeitsunterschiede weniger drastisch aus. Zum einen besitze ich noch keine Geräte mit Wi-Fi 7. Die Geschwindigkeit und Features bleiben daher auf Wi-Fi 6 limitiert. Die Unifi 7 Pro XG sind eine Investition in die Zukunft. Zum anderen schliesse ich Geräte wie Konsolen, TVs und dergleichen, wenn immer möglich, über Netzwerkkabel an. Damit bleiben noch Handhelds, Laptops, Smartphones und Tablets, die das WLAN nutzen.

Einen spürbaren Unterschied merke ich beim Herunterladen am Laptop. Beim Test bin ich maximal zwei Meter vom Access Point entfernt. Mein Macbook Pro erreicht im 6-GHz-Netz bis zu 1500 Mbit/s. Das theoretische Maximum wäre 2400 Mbit/s. Mit den alten Access Points kam ich nicht über 600 Mbit/s. Die beiden Handhelds Steamdeck und Lenovo Legion Go S beherrschen nur 5 GHz, reizen aber auch das nicht aus. Über 500 Mbit/s komme ich damit nicht, was an zu wenig verbauten Antennen oder einem schlechten WLAN-Chip liegen kann.

Keinerlei Einschränkungen stelle ich mehr fest, wenn vier Geräte gleichzeitig über das WLAN streamen. Hier spielen die 10-Gbit/s-fähigen Access Points ihre Stärke aus. Selbst wenn keines der verbundenen Geräte diese Geschwindigkeit alleine ausreizen kann. Gemeinsam übersteigen sie durchaus die früheren 1 Gbit/s. Hätte ich noch meine PS5 mit ihren maximal 850 Mbit/s am WLAN, dann sowieso. In unserer Familie mit jüngeren Kindern wird das WLAN bisher aber noch nicht ausgereizt. Mit gamenden Teenagern sieht es vermutlich anders aus.

Die Ubiquiti-Access-Points funktionieren aktuell noch ohne Unifi-Router.
Die Ubiquiti-Access-Points funktionieren aktuell noch ohne Unifi-Router.

Bessere Abdeckung, aber kein perfekter Handshake

Die WLAN-Abdeckung hat sich ebenfalls verbessert. Im Erdgeschoss ist der Zyxel-Router die einzige WLAN-Quelle. Er ist zwar zentral gelegen, dafür in einem Schrank. Dennoch deckt er anders als die alte Fritzbox 5530 zuverlässig das ganze Stockwerk ab. Besser, aber nicht perfekt, sieht es im ersten Stock aus. Dort befindet sich der Access Point im Kinderzimmer und damit nicht genau in der Stockwerksmitte. Im Badezimmer, dem entferntesten Raum, habe ich nach wie vor nur ein schwaches Signal. Im obersten Stockwerk ist der Access Point an einer ähnlichen Stelle. Da alle Räume mehr oder weniger angrenzend sind, reicht die Abdeckung dort auch bis in die hinterste Ecke. Der Fritzbox Repeater 2400 hatte da bereits Mühe.

Das sah auch schon schlimmer aus.
Das sah auch schon schlimmer aus.

Beim Galaxus Internet kann ich wie erwähnt bislang nicht ohne Weiteres einen alternativen Router verwenden. Darum bleibt der Nutzen eines Ubiquiti-Systems beschränkt. Dennoch sind die Übergänge von einem Access Point zum nächsten, wenn ich das Stockwerk wechsle, meist fliessend. Ich kann keine Unterbrüche feststellen. Egal, ob ich ein Dokument bearbeite oder ein Video schaue. Allerdings passiert es manchmal, dass ich mit dem Access Point eines anderen Stockwerks verbunden bleibe, obwohl ein anderer ein stärkeres Signal bietet. Möglich, dass dieses Problem mit einem Unifi-System behoben werden kann.

Lohnt es sich?

Seit knapp einem Monat brummt der 10-Gigabit-Motor und meine Download-Leitungen glühen. Schaue ich mir an, wie schnell ich bei Steam Games herunterlade, kann ich die Frage mit einem eindeutigen «Ja» beantworten, denn das ist für mich ein grosser Gewinn. Den Flaschenhals bei gleichzeitigem Download und mehreren Videostreams konnte ich ebenfalls ausmerzen. Die Installation verlief allerdings nicht ohne Komplikationen.

Noch schmerzhafter sind allerdings die Investitionen. Das Setup für unser Einfamilienhaus kostet knapp 1000 Franken. Bei den Access Points gibt es sicherlich preiswertere Lösungen. Rational gesehen, lohnt sich das komplette Netzwerk-Upgrade für die meisten nicht. Wenn du aber für die Zukunft gerüstet sein und möglichst hohe Download-Speeds haben willst, gibt es wenig Alternativen. Mein Fazit: Ein 10-Gigabit-Heimnetzwerk ist teuer, aber leider geil.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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