
Meine Arbeit ist dann erfolgreich, wenn du sie nicht siehst

Es fällt mir immer schwer, meinen Freunden, meiner Familie und manchmal sogar meinen Arbeitskollegen zu erklären, was ich als Interaction Designer eigentlich mache. Ich antworte dann meistens mit einem kurzen «ich gestalte die Webseite» – aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Es ist nicht nur die halbe Wahrheit, es entspricht auch nicht all den Themen, mit denen ich und meine Kollegen bei Digitec Galaxus uns beschäftigen. So wie Verkäufer nicht nur verkaufen und Pfleger nicht nur pflegen, mache auch ich mehr als Pixel am Bildschirm herumzuschubsen. Meine Arbeit ist dann erfolgreich, wenn sie für dich nicht sichtbar ist. Klingt komisch? Ich versuche es zu erklären.
Es gibt Dinge in unserem Alltag, die du magst. Weil sie gut aussehen, ihren Job einzigartig gut erledigen oder weil du eine emotionale Bindung zu ihnen aufgebaut hast. Die «User Experience» kann als die Gesamterfahrung definiert werden, die entsteht, wenn du etwas benutzt oder mit etwas interagierst. Dieses Etwas kann fast alles sein. In meinem Berufsfeld steht die «User Experience» in Zusammenhang mit einem technischen Gerät, einer Software oder einer Webseite.
Wir erleben jeden Tag hunderte solcher Interaktionen, ganz unbewusst. Der Staubsaugerbeutel, der erst nach dem dritten Anlauf richtig sitzt. Die TV-Fernbedienung mit den 127 Tasten, obwohl man immer nur die gleichen vier Tasten braucht. Die Software, die sich gefühlt alle sieben Minuten updaten will. Oder die schicke italienische Kaffeemaschine, die zwar tollen Espresso macht, sich aber erst nach kompletter Demontage reinigen lässt.
Form follows function. Oder doch nicht?
Schlechte Benutzererfahrungen sind frustrierend und können zu einer Abneigung gegenüber Dingen führen. Einer guten Benutzererfahrung hingegen schenken wir selten Beachtung. Ein Produkt, das keine Bedienungsanleitung braucht. Oder die Webseite, die genau die richtige Information darstellt, nach der du gesucht hast. So viel vorweg: Positive Benutzererfahrungen entstehen nicht zufällig, sondern sind das Resultat eines ausführlichen gestalterischen Prozesses.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung unserer Umwelt ist die Diskussion, was ein gutes Produkt ausmacht und wie man ein gutes Produkt gestaltet, um einiges komplexer geworden. Denn immer mehr digitale Geräte vereinen unterschiedliche Funktionen. Das beste Beispiel ist dein Smartphone: Es ist Computer, Agenda, Uhr, Wecker, Kompass, Briefkasten und vielleicht sogar Pulsmessgerät in einem.
Heutzutage geht es immer weniger darum, nur die äussere Form eines Produkt zu gestalten, sondern auch wie wir es benutzen, damit interagieren und welche emotionale Beziehung wir zu ihm aufbauen. Gutes Design hat die Aufgabe, Technologie für alle zugänglich und verständlich zu machen. Dafür setzen wir Interaction Designer uns ein.
«Interaction Designer untersuchen das Verhalten und die Motivation der Nutzer mit dem Ziel, bessere Erlebnisse zu gestalten. Denn gute Produkte brauchen keine Gebrauchsanweisung.»
Diskutieren, feilen, verhandeln – bis alles passt
Unsere beiden Onlineshops haben sich in den letzten Jahren konstant weiterentwickelt und bieten dir heute viel mehr Möglichkeiten als nur Produkte einzukaufen: Du kannst Bestellungen selbständig stornieren und deine gebrauchten Produkte verkaufen. Du kannst Magazinartikel wie diesen hier lesen und in der Community mitdiskutieren.
Damit das alles funktioniert, laufen viele Prozesse im Hintergrund, welche für dich nicht sichtbar sind. Damit dein bestelltes Produkt am nächsten Tag bei dir im Briefkasten ankommt, sind viele Spezialisten vom Logistiker bis zum Softwareentwickler involviert. Interaction Designer kümmern sich darum, dass Prozesse optimal ineinander greifen. Für dich als Kunde soll das alles nicht sichtbar sein. Es soll einfach funktionieren.
Wir Interaction Designer bilden kein eigenes Team. Wir sind in verschiedene Entwicklungsteams integriert, wo Personen aus verschiedenen Berufen zusammen an der gleichen Aufgabe arbeiten. Team «Rocket» mit zehn Mitgliedern beschäftigt sich zum Beispiel mit allen Themen rund um die Community. Backend Engineers, Frontend Engineers, Business Analysten, Product Owner und Interaction Designer verbessern gemeinsam bestehende Funktionen oder setzen neue Ideen um. Die verschiedenen Experten tragen dabei zur optimalen Lösung bei.
Während wir Interaction Designer uns hauptsächlich auf die Bedürfnisse der Benutzer konzentrieren, gilt es auch unternehmerische und technologische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die Balance zwischen diesen drei Polen zu finden ist nicht immer einfach. Dazu gehört, dass wir viel diskutieren, dass wir einander überzeugen und gegenseitig vermitteln müssen. Und ab und zu auch: dass wir eine gute Idee verwerfen.
Wir räumen die Steine aus dem Weg
Natürlich sprechen wir Interaction Designer auch miteinander: Das tun wir in unserer Gilde, wo wir gegenseitig von unseren Erfahrungen lernen. In der Gilde finden wir auch ein gemeinsames Verständnis unserer Mission. Wir festigen dort unsere Grundhaltung, dass wir mit Verständnis und Einfühlungsvermögen auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen.
Das heisst, dass wir unsere eigene Haltungen, Vorlieben und Meinungen in den Hintergrund stellen. Der Kunde steht im Zentrum. In welchem Moment braucht er welche Informationen für einen Kaufentscheid? Wann will er inspiriert werden, wo braucht es Motivation, Sicherheit oder Bestätigung? Eine Herausforderung, zumal es nicht «die Kundin» oder «den Kunden» gibt. Ich finde, es ist ein Glück, dass die unterschiedlichsten Menschen bei uns einkaufen. Das macht meine Arbeit zwar nicht einfach, aber umso spannender.
Grundlage für unsere Arbeit sind die Daten, wo und wie sich Kunden auf unseren Webseiten bewegen. Wir sammeln so viel Feedback wie möglich und werten die Shopdaten aus. Wir sprechen aber auch mit dem Kundendienst über die häufigsten Anfragen und Probleme. Manchmal laden wir Kunden zu Interviews ein und probieren neue Ideen direkt mit ihnen aus.
Zwei Beispiele, woran wir arbeiten
Bis vor kurzem haben wir mit einem Teil der Besucher in unseren Onlineshops ein neues Feature auf den Produktseiten getestet. Nun ist das Feature für alle verfügbar: Vielleicht ist dir der kleine Block mit den Produktinformationen schon aufgefallen. Er blendet sich automatisch ein, sobald du auf der Seite nach unten scrollst.
Warum machen wir das? Wir wissen aus unseren Untersuchungen, dass viele Nutzer, wenn sie sich für ein Produkt interessieren, mehrere Fenster im Browser gleichzeitig geöffnet haben. Meistens auch von unterschiedlichen Anbietern. Bei sehr ähnlichen Produkten wie zum Beispiel einem Mobiltelefon oder einem Notebook geht schnell die Orientierung verloren. Auf welchem Browsertab befinde ich mich gerade? Welches Produkt war das jetzt schon wieder?
Mit dem kompakten Balken, der sich oben an die Produktseite heftet, verlierst du auch dann die Orientierung nicht, wenn du dich in den Spezifikationen eines Produktes befindest. Er soll dir als Lesezeichen dienen, wenn du dich durch den Shopping-Dschungel hangelst. Derzeit ist noch unklar, ob wir dieses Feature final in den Shop einbauen werden. Die Messungen dazu laufen.
Ein zweites Beispiel ist die überarbeitete Suche und die Suchergebnisseite. Wir wissen, dass die Suche für viele Nutzer ein wichtiger Einstiegspunkt ist. Mit dem stetig wachsenden Sortiment gewinnt sie laufend an Bedeutung. In den letzten Monaten haben wir intensiv daran gearbeitet, die Suche zu verbessern. Visuell haben wir das Suchfeld vereinfacht und vergrössert.
Seit einigen Wochen siehst du nun auf einen Blick ob es zu deinem Suchbegriff ein Produkt, einen Artikel, einen Eintrag aus der Community gibt oder ob wir eine Hilfeseite für das Thema anbieten. Neu werden dir Korrekturvorschläge angezeigt, wenn du dich vertippst. Auch die Suchergebnisseite haben wir komplett neu strukturiert.
Diesen Anpassungen ging eine Recherchephase voraus: Wir haben Suchanfragen analysiert und unsere Ideen mit echten Usern getestet. So konnten wir die Suche visuell und inhaltlich deutlich verbessern. Die Suche ist heute nicht nur schneller sondern auch cleverer. Hat aber noch lange nicht ausgelernt.
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