
Produkttest
Dyson 360 Vis Nav im Test: supersauber, aber mit Anlaufschwierigkeiten
von Lorenz Keller
Der Saugroboter Matic soll besser sein als alle anderen. Die Entwickler, die früher bei Google Nest arbeiteten, haben gewagte Entscheidungen getroffen – nicht nur beim Preis.
Matic heisst der neue Staubsaugerroboter aus den USA, der bereits auf der Webseite des Start-ups vorbestellt werden kann und nächsten Frühling auf den Markt kommen soll.
Entwickelt haben ihn zwei ehemalige Google-Ingenieure, die bei der Tochterfirma Nest an Kameras und smarten Türklingeln gearbeitet haben. Im Gespräch mit «The Verge» geben sich die Gründer selbstbewusst: Nach sechs Jahren Entwicklungszeit soll der Roboter besser sein als alle anderen.
Das muss er auch, denn schon der Vorverkaufspreis ist mit 1500 Dollar 300 bis 500 Dollar höher als die meisten Topmodelle anderer Hersteller. Ab März 2024 kommt der Matic dann vorerst in den USA regulär in den Handel und soll dort 1800 Dollar kosten. Das ist nochmals deutlich teurer als der momentane Preis-Primus, der Dyson 360 Vis Nav, den ich vor kurzem ausführlich getestet habe.
Neben des hohen Preises gibt es eine weitere Gemeinsamkeit: Sowohl Dyson wie Matic setzen zur Navigation primär auf Kameras. Bei der Neuheit aus den USA ist das sogar die grosse Spezialität.
Gleich fünf Kameras sind eingebaut. Sie sollen eine 3D-Karte der Umgebung erstellen, ganz ähnlich wie bei Google Streetview. Danach soll der Saugroboter wie ein selbstfahrendes Auto durch die Wohnung rollen und jedes Hindernis erkennen: Stuhlbeine, Kabel, Kinderspielzeug, Schuhe und so weiter. Die Hersteller versprechen: In 10 von 10 Fällen navigiert der Roboter präzise von A nach B.
Vorbildlich: Die ganze Berechnung und das Erstellen der Karte erfolgt auf dem Gerät selbst. Du brauchst also nicht mal eine Internetverbindung, um ihn zu betreiben. Und das Start-up verspricht auch, dass keine Daten in die Cloud gesendet werden. Der Roboter kann einerseits saugen, andererseits auch feucht aufnehmen und sogar Flüssigkeiten putzen. Da er mit den Kameras auch den Schmutz erkennt, wechselt er fliessend zwischen den Reinigungsmethoden. Auch Teppiche werden natürlich erkannt.
Spannend dürfte sein, wie der Matic mit dunklen Räumen und verschmutzten Kameras klar kommt. Probleme, die Dyson mit der Kamera-Navigation auch noch lösen muss.
Die Optik des Matic ist ganz anders als bei anderen Saugrobotern. Er sieht eher so aus, als würde er auch gleich die Absaugstation mitschleppen: eine kantige Kiste mit zwei grossen Rädern und einem Saugarm vornedran.
Der Roboter hat Platz für einen grossen Akku: 2,5 Stunden Staubsaugen sind möglich oder gar drei Stunden Mopping. Mit einer Höhe von 20 Zentimetern wird Matic unter Sofas oder Betten seine Mühe haben. Wieder eine Gemeinsamkeit mit Dyson, die bei der ersten Generation ihres Saugroboters ebenfalls auf eine hohe Bauweise setzten – und dafür stark kritisiert wurden.
Die Kameratechnik ermöglicht eine Gestenerkennung, um Befehle zu erteilen. Auch über Sprache kannst du dem Roboter Anweisungen geben: «Matic, putz bitte hier!» oder «Matic, nimm bitte das Badezimmer feucht auf!» Der Matic soll alle paar Stunden automatisch herumfahren und nach Staub und Schmutz suchen. Zudem lernt er die Gewohnheiten im Haushalt und putzt etwa immer nach dem Abendessen die Küche.
Ist der Schmutzbehälter voll, parkiert Matic direkt beim Abfalleimer und schickt dir eine Benachrichtigung. Du kannst nun den Staubsack herausnehmen und entsorgen. Der soll für eine Woche bis einen Monat halten – je nachdem wie oft du saugst und vor allem wie viel Flüssigkeit der Roboter aufnehmen soll.
Denn auch die Flüssigkeit kommt in den «Staubsack» und wird dort von speziellen Kristallen gebunden. Der Vorteil dieser Konstruktion: Du musst nur einen Sack entsorgen – und die ganze Konstruktion ist HEPA-Luftfilter-zertifiziert.
Die speziellen Beutel musst du natürlich separat kaufen. Matic will dir dafür ein Abo für 15 Dollar pro Monat andrehen, mit dem du unbegrenzt Beutel sowie Ersatzbürsten erhältst sowie eine erweiterte Garantie. Wie viel die Beutel einzeln kosten, ist unklar.
Gerade in Europa dürfte es der Hersteller mit diesem Geschäftsmodell dann schwer haben. Denn zusätzlich ein Abo zum teuren Einstandspreis finden die meisten Userinnen und User nicht akzeptabel. Und auch der Staubbeutel steht entgegen dem Trend zum beutellosen Staubsauger. Insgesamt muss der Matic als teurer Newcomer deutlich besser putzen als die Konkurrenz, um auf dem Markt eine Chance zu haben.
Titelfoto: MaticGadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.