Darina Schweizer
Hintergrund

Kokedama-Trend: Das ist meine «Kate Moos»

In meinem Wohnzimmer schwebt ein Pflänzchen ohne Topf: das Kokedama. Erfahre hier, wie du den japanischen Moosball selbst herstellst.

«Echt jetzt?!» Die Blicke meiner Redaktionskollegen sind, gelinde gesagt, «moosig» begeistert, als ich ihnen erzähle, dass ich an der Gartenmesse Giardina ein Kokedama herstellen will. Eine moosüberwachsene Schlammkugel soll man sich ins Fenster hängen? Wirklich? Braucht es diesen japanischen Trend?

Ich will es herausfinden. Mit Redaktionskollegin Stefanie Lechthalter – und gefühlt der Hälfte aller Schweizer Senioren und Seniorinnen – mache ich mich auf zur grössten Gartenausstellung unseres Landes.

Rein ins Grün

Im vierten Stock, versteckt in der hintersten Ecke, wartet das Reich der Kokedamas auf uns. Überall baumeln die kleinen Moosbälle an den Gestellen. Ein bisschen erinnern sie mich an die Hallelujah-Berge aus «Avatar». Irgendwie magisch.

Noch stehen wir ganz verträumt herum. Da wirbelt plötzlich eine zierliche Frau mit rötlichem Haar herbei. Es ist Chelsea Morrissey, Co-Founder & Maker von Die Macherei GmbH. «Wollt ihr gleich mit dem Workshop beginnen?» Das lassen wir uns nicht zweimal sagen.

Ein Pflänzchen muss her

Erstmal stehen wir aber vor der Qual der Wahl: Welches der kleinbleibenden Zimmerpflänzchen soll es sein? Ein Farn, ein Ziergras, ein Einblatt, ein Efeu, eine Sukkulente oder doch eine Mini-Orchidee? Die Zierspargel Asparagus setaceus hat es uns angetan. Jetzt geht’s ans «Dreckeln».

«Flap, flap!», lasse ich die Einweghandschuhe über meine Finger schnappen. In der linken Hand halte ich meine Zierspargel. Mit der rechten Hand löse ich, wie Chelsea, die trockene Erde von den Wurzeln. Dann greife ich in die Schüssel vor mir, in der ein nasser Erdklumpen aus Zimmerpflanzenerde liegt. Chelsea zeigt uns, wie wir diesen Stück für Stück an die Wurzeln drücken, bis das Pflänzchen in einem kleinen Erdball steckt.

Das ist nicht ganz so einfach wie zuvor mit der Erde. Immer wieder fliegen Moosstücke wie Haarteile im Wind davon. Also drücken wir sie etwas fester an. «Ha-haa», klingt es von Steffi herüber. Stolz hält sie ihren kleinen Moosball in die Höhe. Ich nicke anerkennend.

Nylon, der Retter

Beim Blick auf meinen unförmigen Moos-Goblin ziehe ich hingegen skeptische Falten: Wie zum Himmel soll das zusammenhalten? Chelsea trägt die Lösung in Form von grüner Nylonschnur heran. «Damit wickelt ihr das Kokedama ein», erklärt sie und lässt die Schnur in Kreisbewegungen um den Moosball gleiten.

Wir tun es ihr gleich. Was anfangs etwas Feingefühl benötigt, wird – je länger wir wickeln – immer einfacher. Schliesslich verknote ich die Schnur. Nun fühlt sich das Kokedama stabil an. Als Letztes verpasse ich ihm noch einen Haarschnitt: Heraushängende Mooshalme schnibble ich mit einer Schere ab. Das wird doch noch was, denke ich. «Wow!», raunt Steffi herüber. Der Kokedama-Bann hat uns gefangen.

Mit einer kleinen Tüte und ein paar Pflegehinweisen verabschieden wir uns von Chelsea. Und wir versprechen, uns über das Gedeihen unserer Moosbälle up to date zu halten.

Indoor oder Outdoor – das ist die Frage

Zu Hause packe ich mein Kokedama aus der Tüte und sprühe es, wie mir Chelsea geraten hat, mit etwas Wasser ein. Alternativ könnte ich es auch für fünf bis zehn Minuten in eine Wasserschale tauchen, abtropfen lassen und leicht ausdrücken. Nun habe ich zwei Möglichkeiten.

Zuerst hänge ich mein Kokedama ins Wohnzimmerfenster. Doch schnell sehe ich, dass das keine kluge Idee ist: Die Sonne prallt mit voller Wucht darauf. Also stelle ich den Moosball stattdessen in einen Glasbehälter an einen halbschattigen Platz.

Nun hoffe ich, die Schwaden werden sich auch bei mir bald verziehen – und es spriesst kein Schimmel. Die nächsten Wochen werden es zeigen. Zumindest hat mein Kokedama schon mal einen Namen. Weil es so klein und dürr ist, habe ich es Kate Moos genannt.

Wenn dir noch ein besserer Name einfällt oder du auch schon ein Kokedama hergestellt hast, lass es mich in den Kommentaren wissen.

Titelbild: Darina Schweizer

119 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Ich liebe alles, was vier Beine oder Wurzeln hat – besonders meine Tierheimkatzen Jasper und Joy sowie meine Sukkulenten-Sammlung. Am liebsten pirsche ich auf Reportagen mit Polizeihunden und Katzencoiffeurinnen umher oder lasse in Gartenbrockis und Japangärten einfühlsame Geschichten gedeihen. 


Garten
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Heimwerken
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Pflanzen
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    «Mama, wann säen wir endlich die Tomaten?»

    von Ann-Kathrin Schäfer

  • Hintergrund

    Plastik und Holz in der Blumenerde: So verteidigen sich die Hersteller

    von Darina Schweizer

  • Hintergrund

    Steingutobjekte mit Stehaufmännchen-Qualitäten

    von Pia Seidel