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Pulver gut, Kreuzband kaputt: Bist du fit für die Skiferien?
von Patrick Bardelli
Knapp 190 000 Unfälle bei Sport und Spiel ereignen sich jährlich in der Schweiz. Das zeigt die Statistik der Schweizerischen Unfallversicherung. Bei 18 Prozent handelt es sich gemäss Suva dabei um Schneesportunfälle.
Die Zahlen der Suva zu den jährlichen Nichtberufsunfällen in der Schweiz sind eindrücklich: Letztes Jahr gab es rund 600 000 solcher Unfälle, ein Plus von etwa 65 000 gegenüber 2021. Gut ein Drittel davon passiert bei Sport und Spiel und davon entfallen 18 Prozent auf den Schneesport. Insgesamt verursachen diese Sportunfälle jährlich laufende Kosten von über einer Milliarde Franken.
In der Zürcher Alphaclinic behandelt der Orthopäde Dr. med. Marcel Gloyer unter anderen auch die Betroffenen solcher Wintersportunfälle.
Nach einem schönen Winterwochenende herrsche am Montag oft Hochbetrieb in seiner Praxis, meint Marcel Gloyer. «Da melden sich jeweils mehrere Patientinnen und Patienten, die sich auf und neben den Pisten das Knie verdreht oder die Schulter verletzt haben.» Häufig sei mangelnde Fitness der Skifahrerinnen und Snowboarder ursächlich für die Unfälle. Hinzu komme die Tatsache, dass viele Leute ihre Hightech-Ausrüstung schlicht nicht gut genug beherrschen würden. «Viele von uns sind heute mit Material unterwegs, das noch vor wenigen Jahren nur Profis an den Füssen hatten», ergänzt Gloyer. So steigen die Tempi und damit die Unfallgefahr und -zahlen.
Bei den meisten Unfällen auf Piste und Co. handelt es sich um Selbstunfälle. Nur rund ein Fünftel geht laut Marcel Gloyer auf Fremdeinwirkung zurück. Die Aussage: «Ich bin auf der Piste von jemandem umgefahren worden», trifft also nur bei 20 Prozent der Fälle zu. Befragt der Orthopäde seine Patientinnen und Patienten zum Unfallhergang, gibt es in der Regel zwei Arten von Antworten:
Schaut man sich die Zahlen der Suva genauer an, fällt auf, dass beim Skifahren vor allem die unteren Extremitäten von Verletzungen betroffen sind, während es beim Snowboarden häufiger die oberen trifft. Und: Schlitteln ist weitaus gefährlicher als alle anderen Wintersportarten. Mit dem Schlitten passieren mehr Unfälle als beim Skifahren, Snowboarden und Langlauf zusammen. Diese Erfahrung macht auch Marcel Gloyer in seiner Praxis. Bei dem Thema verdreht er die Augen und sagt nur: «Bloss nicht Schlitteln.»
Auch die ungenügende körperliche Fitness spielt den Verletzungen in die Karten. «Das ganze Jahr wenig oder gar keinen Sport zu treiben und es dann in den Skiferien krachen zu lassen, ist keine gute Idee», sagt Marcel Gloyer dazu. Der Sportorthopäde empfiehlt deshalb, spätestens einige Wochen vor dem Skiurlaub Kraft und Ausdauer gezielt zu fördern. Dabei sollte der Schwerpunkt auf einer guten Stabilität der Rumpfmuskulatur liegen. Das Zauberwort heisst: Plank. Für Anfängerinnen und Anfänger reichen maximal 30 Sekunden im Unterarmstütz, mit der Zeit kann dies schrittweise auf zwei Minuten und mehr gesteigert werden.
Oder du gehst gleich zu den Profis und machst dort einen Fitnesstest. Das Technologieunternehmen Dynamic Devices AG mit Sitz in Zürich und Tokio entwickelt unter dem Markennamen «ddrobotec» seit über einem Jahrzehnt Produkte für den Sport- und Gesundheitsmarkt. Darunter eine KI-unterstützte Beinpresse, mit der speziell fürs Skifahren der Fitnessstand beider Beine gecheckt werden kann:
Wichtig sei auch, den Körper vor der Abfahrt auf Betriebstemperatur zu bringen, so Marcel Gloyer weiter. Du kennst das ziemlich sicher aus eigener Erfahrung: Man kommt nach zehn Minuten auf dem Sessellift ausgekühlt oben am Berg an oder ist diesen ewig in einer dieser Riesengondeln, wie eine Sardine in der Dose, hoch gekarrt worden. Steif und kalt stehst du in die Bindung und los geht's. Da ist der Crash oft vorprogrammiert. Um die Muskulatur aufzuwärmen, gibt es unzählige kurze Übungen. Hier ein Beispiel:
Weitere Übungen findest du hier.
Auch beim (Tabu-)Thema Alkohol auf Ski und Snowboard ist die Sache klar: Auf Schweizer Pisten gibt es zwar keine Promillegrenze, wer jedoch in angetrunkenem Zustand einen Unfall verursacht, kann sich strafbar machen oder es drohen unter Umständen Folgen bei Versicherungen und Renten. Darum den Glühwein oder den Kafi Luz aufs Après-Ski am Abend verlegen.
Und zum Schluss noch ein Rat vom Doktor: «Sollte nach einem Unfall das Gelenk geschwollen, blockiert oder instabil sein, heisst es: ab zum Spezialisten. Meist ist dann etwas nicht mehr so, wie es sein muss und man sollte ein MRI (Kernspintomografie) machen.»
Titelfoto: Shutterstock / Jan NedbalVom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.