Anika Schulz
Produkttest

Ist die Farbe von «Anna von Mangoldt» ihr Geld wert?

Anika Schulz
25.9.2025
Bilder: Anika Schulz

Fünf Liter Wandfarbe für knapp 200 Euro. Was das Produkt kann und was nicht, habe ich ausprobiert. In der Hauptrolle: mein Flur.

«Du renovierst doch gerade deine Wohnung. Hast du Lust, die Farbe von ‹Anna von Mangoldt› zu testen? Wir haben sie ganz neu im Shop.» Mit dieser Frage trat mein Chef Martin an mich heran. Drei Wochen später steht ein großer Karton in meinem Flur. Der Farbenhersteller aus dem nordrhein-westfälischen Warburg hat mir ein Rundum-Sorglos-Paket geschickt. Fünf Liter Wandfarbe, eine Rolle, eine Wanne, einen Pinsel, sogar ein Rührholz.

Als Sparfüchsin recherchiere ich kurz den Preis: 170 Franken oder 190 Euro, nur für die Farbe. Zum Vergleich: 2,5 Liter meiner All-Time-Favourite-Farbe von «Schöner Wohnen», mit der ich kürzlich das Schlafzimmer aufgehübscht habe, kosten 40 Euro. Das Werkzeug kommt noch dazu. Schluck. Ob ich mir die Anna-von-Mangoldt-Farbe für DEN Preis auch selbst kaufen würde? Spoiler: Jein. Aber von vorne.

Die Farbauswahl

Ein Blick in unser Sortiment verrät mir: «Anna von Mangoldt» verkauft unglaublich viele Farben, die sich nur in Nuancen unterscheiden. Du kannst ein Altweiß namens «Schneewittchen» bestellen, aber auch Weiß mit violett-gelben Untertönen. Oder Weiß mit einem Hauch von Rosa. Da ich sowohl schockverliebt als auch dezent überfordert bin, schicke ich einer Anna-von-Mangoldt-Mitarbeiterin ein Foto von meinem Flur. Mein Wunsch: «Etwas Helles und Dezentes. Kein Grün, kein Blau.»

Der Flur vorher: Alle Wände sind weiß.
Der Flur vorher: Alle Wände sind weiß.

Die nette Frau am anderen Ende des Internets schlägt mir den Bestseller «Architect’s Delight» vor – ein helles Mausgrau. «Macht sich gut in kleinen Räumen», verspricht sie. Ein Muster lehnte ich dankend ab, da ich anhand eines kleinen Farbkärtchens ohnehin nicht einschätzen kann, wie am Ende die ganze Wand aussieht.

Los geht’s.

Der erste Eindruck

Vor dem Streichen muss die Farbe kräftig durchgerührt werden. Und schon da merke ich: Die Masse ist wahnsinnig dickflüssig. So dickflüssig, dass sogar der Rührstab senkrecht drin stehen bleibt. Das spricht für eine hohe Qualität der Farbe. Ich befürchte aber schwieriges Verarbeiten. Schließlich muss ich die Farbe ja mit Muskelkraft auf die Wand bringen. Ich suche einen Hinweis, dass ich die Farbe zur Not mit einem beherzten Schluck Wasser verdünnen kann, finde aber keinen.

Die Farbe ist so dick wie Pudding.
Die Farbe ist so dick wie Pudding.

Was die Deckkraft angeht, zeigt mir ein Test auf einem Stück Pappe, dass «Anna von Mangoldt» nicht an Pigmenten gespart hat. Ein Pinselstrich und die Pappe ist satt mausgrau. Ein Blick auf die Zusammensetzung bestätigt meine Vermutung: Weißpigment (die Grundlage für jeden Farbton) kommt noch vor Wasser an zweiter Stelle. Mein «Architect’s Delight» ist übrigens die Resist-Version. Will heißen: Es ist besonders wisch- und stoßfest und daher für Flure, Bäder und Küchen geeignet.

Der erste Anstrich

Ich mache mich an die Wand. Sie ist mit Raufaser tapeziert und in Weiß gestrichen. Die Kanten streiche ich mit dem Pinsel und bin erst mal völlig von den Socken: Ich hatte noch nie, wirklich nie, so einen guten Pinsel. Er zieht astrein gerade Linien, kein Ausfransen, nichts. Wer eine einigermaßen ruhige Hand hat, braucht nicht mal die Fußleisten abzukleben.

Der Pinsel ist der Hammer. Er streicht super gleichmäßig.
Der Pinsel ist der Hammer. Er streicht super gleichmäßig.

Leider sinkt meine Laune schlagartig, als ich die Farbe mit der Rolle großflächig auftrage. Denn «Architect’s Delight» ist so dickflüssig, dass es nicht in die kleinen Vertiefungen der Raufasertapete fließt. Es sei denn, ich drücke die Rolle fast mit Gewalt an die Wand. Vielleicht liegt es auch daran, dass mir das Anna-von-Mangoldt-Team eine Rolle für glatte Untergründe geschickt hat – und meine Raufaser nicht «glatt» genug ist?

Laut Anleitung soll ich die Farbe zweimal auftragen. Was ich tue. Ergebnis: Mein Arm wird lahm. Außerdem spitzt es durch das Aufdrücken bisweilen recht unschön, womit wir beim nächsten Problem wären.

Ist die Farbe erst einmal an die Decke oder den Türrahmen getropft, bekomme ich sie kaum wieder runter. Farben anderer Hersteller konnte ich recht problemlos wegwischen, solange sie noch nass waren. Nicht so das Anna-von-Mangoldt-Produkt. Die Farbe enthält so wenig Wasser, dass sie sofort anzieht. Eigentlich ja gut. In dem Fall aber blöd. Patzer kann ich nur ausgleichen, indem ich großzügig mit den Resten meines Brillux-Maler-Weiß drüberstreiche.

Uff. Der erste Anstrich ist fast geschafft. Du siehst, die Farbe verteilt sich nicht gleichmäßig.
Uff. Der erste Anstrich ist fast geschafft. Du siehst, die Farbe verteilt sich nicht gleichmäßig.

Ich konfrontiere Anna von Ketteler, die Geschäftsführerin der Farbmanufaktur, mit meinen durchwachsenen Eindrücken. Ihre Einschätzung: «Dass du die Farbe so schlecht verstreichen konntest, liegt höchstwahrscheinlich daran, dass deine Wand zu trocken war. Du hättest grundieren müssen. Oder die Farbe für den Erstanstrich tatsächlich mit etwas Wasser verdünnen.» Aber woher hätte ich das als DIYlerin wissen können? Insbesondere, nachdem ich den Hinweis zur Verdünnbarkeit auf dem Farbeimer verzweifelt gesucht habe. Anna räumt ein: «Ja, da hast du Recht. Wir müssen an unserer Beratung noch arbeiten. Und Du bist sicherlich nicht die Erste, die diese Probleme hat. Insofern ist es gut, dass ich dein Feedback bekomme. Ein QR-Code, der zu Streichtipps für DIY führt, könnte helfen.»

Reverse Painting

Zurück zu meinem Flur. Wer seine Wände farbig gestrichen hat, möchte sie vielleicht auch irgendwann wieder in Weiß haben. Auch das will ich testen. Ich streiche das kleine Stück Wand über und neben der Tür mit dem Brillux-Maler-Weiß über, nachdem das Mausgrau über Nacht getrocknet ist. Und auch hier ist es sehr mühsam. Ich muss dreimal über die Wand rollen, bis nichts mehr durchscheint. Ja, ich weiß, das ist ein Qualitätsmerkmal, aber … hmpf. Die Kanten bearbeite ich mit meinem neuen Lieblingspinsel, was meine Laune zumindest zeitweise hebt. Leiter rauf, Leiter runter. Eine Schicht trocknen lassen. Von vorn. Uff. Dieser Produkttest ist der reinste Sport.

Brillux vs. Anna von Mangoldt: Wer gewinnt?
Brillux vs. Anna von Mangoldt: Wer gewinnt?

Das Saubermachen

Nach dem Streichen reinige ich das Werkzeug. Schließlich bin ich so verliebt in den Pinsel, dass ich ihn unbedingt weiterverwenden möchte. Ich spüle ihn gemeinsam mit der Rolle im Waschbecken aus. Wegen der hohen Pigmentierung dauert es recht lange, bis das Wasser halbwegs klar ist.

Gut, dass ich zum Streichen alte Socken angezogen habe.
Gut, dass ich zum Streichen alte Socken angezogen habe.

Das Ergebnis

Nach zwei Tagen bin ich endlich mit der grauen Wand zufrieden. Alle Fehlerchen sind übermalt, alle weißen Löcher auf der Raufasertapete verschwunden. Ich fühle mich zwar wie von der Farbrolle, äh … dem Laster überfahren, aber ja: «Architect’s Delight» macht was her. Je nach Lichteinfall schimmert es mehr weißlich oder bläulich. Und obwohl ich ja ursprünglich gar kein Blau wollte, gefällt mir der Ton richtig gut. Insbesondere in Verbindung mit meinem Holzfußboden sieht das edel aus.

Der Flur nachher: Die rechte Wand ist Architect's-Delight-grau. Die Türen habe ich anschließend in Weiß lackiert.
Der Flur nachher: Die rechte Wand ist Architect's-Delight-grau. Die Türen habe ich anschließend in Weiß lackiert.

Und der happige Preis? Ja, nun. Der Hersteller rechtfertigt ihn mit der Langlebigkeit der Farbe, der Produktion in Deutschland und der Tatsache, dass jeder Eimer nach dem Anmischen eine strenge Qualitätskontrolle durchläuft. «Wir nehmen eine Probe und verstreichen sie. Dann halten wir unser Universalmuster daneben und prüfen, ob der Farbton korrekt ist», erklärt die Geschäftsführerin. Sie beteuert, dass DIYler ihre Zielgruppe sind. «Die Leute kommen wegen der Farbauswahl zu uns. Die vielen Schattierungen bekommst du nämlich im Baumarkt nicht. Und es sind überwiegend Eigentümer, die beim Einzug renovieren und es sich gemütlich machen wollen.»

Also wie ich. Und trotzdem: Ich erwarte für knapp 200 Euro pro Fünf-Liter-Eimer ein anwendungsfreundliches Produkt UND eine idiotensichere Anleitung. Deswegen würde ich die Farbe für DIY-Zwecke nur mit Vorsicht empfehlen. Zumindest, bis das Anna-von-Mangoldt-Team die DIY-Hinweise überarbeitet hat. Oder du hast ein sehr solides Vorwissen beim Streichen, dann geht es auch. Mir war die Verarbeitung zu anstrengend. Auch wenn ich nun ahne, woran es wohl bei meinem Flur lag. Ich kann mir aber gut vorstellen, die Farbe von einem Profi auftragen zu lassen. Vielleicht gebe ich dem Produkt irgendwann eine zweite Chance.

Dass Anna von Ketteler mein Feedback so wertschätzend aufgenommen hat, gibt ein kleines Extra-♥️.

Fazit

Farbe für die Ewigkeit – im Guten und im Schlechten

Farbe für die Ewigkeit – im Guten und im Schlechten Als Do-it-Yourself-Produkt macht mir die Resist-Farbe von «Anna von Mangoldt» wenig Spaß. Da die Farbauswahl allerdings grandios ist und mir das Endergebnis trotz aller Mühen gefällt, bekommt das Produkt drei Sterne plus ♥️.

Pro

  • gigantische Farbauswahl mit vielen Untertönen
  • toller Pinsel, der astrein gerade Linien zieht
  • edles Finisch

Contra

  • Farbe sehr dick, Streichen anstrengend
  • Patzer kaum zu entfernen
  • dürftige Anleitung
Titelbild: Anika Schulz

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Als Kind wurde ich mit Mario Kart auf dem SNES sozialisiert, bevor es mich nach dem Abitur in den Journalismus verschlug. Als Teamleiterin bei Galaxus bin ich für News verantwortlich. Trekkie und Ingenieurin.


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