
Frauen mit Neandertaler-Gen haben leichtere Schwangerschaft

Ein vom Neandertaler übernommenes Gen hat einen unverhofften Effekt: Es sorgt für eine Schwangerschaft mit weniger Komplikationen. Kein Wunder, dass es vergleichsweise häufig ist.
Vor rund 40 000 Jahren gelangte eine Genvariante des Neandertalers ins Erbgut der modernen Menschen, die bis auf den heutigen Tag erhalten ist – und bis jetzt Wirkung zeigt: Offenbar hilft sie, eine Schwangerschaft mit weniger Komplikationen zu durchlaufen. Dadurch sind Familien, in denen das Neandertaler-Gen häufig ist, im Schnitt kinderreicher, zeigen Daten aus Grossbritannien.
Zu diesem Schluss kommen jetzt Wissenschaftler um Hugo Zeberg vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Wie sie im Fachmagazin «Molecular Biology and Evolution» erläutern, ändert die Genvariante, wie die Zellen den Rezeptor für das Schwangerschaftshormon Progesteron zusammenbauen. Progesteron ist unter anderem wichtig dafür, die Gebärmutter für das Einnisten des befruchteten Eis vorzubereiten. Das hat offenbar zur Folge, dass Trägerinnen dieser V660L-Variante seltener Fehlgeburten erleiden und auch seltener über Blutungen zu Beginn der Schwangerschaft berichten.
Da Trägerinnen dieser Genvariante im Schnitt mehr Nachwuchs haben, ist es wenig verwunderlich, dass das Gen vergleichsweise häufig im Erbgut heute lebender Menschen vorkommt. Knapp ein Drittel aller Frauen, die nicht afrikanischer Herkunft sind, haben es. Drei von hundert Frauen haben sogar zwei Kopien davon.
Andere Neandertaler-Gene sind deutlich seltener, viele sogar so selten, dass der umgekehrte Prozess am Werk zu sein scheint: Sie wurden im Lauf der letzten Jahrtausende aus dem Erbgut der heute lebenden Menschen ausgesondert, vermutlich weil sie ihren Trägern Nachteile brachten.
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