Samuel Buchmann
Hintergrund

Fine Art Printing – Teil 2: Farbmanagement

Falsche Farben sind ein Ärgernis, egal ob am Monitor oder auf dem Papier. In diesem Deep Dive ins Farbmanagement lernst du, was du dagegen tun kannst.

Ich möchte dir herzlich gratulieren. Du hast tatsächlich auf einen Artikel mit «Farbmanagement» im Titel geklickt. Ein Thema, das die meisten Leute meiden wie der Teufel das Weihwasser. Dabei es ist wichtig. Besonders, wenn du fotografierst – und ganz besonders, wenn du Bilder druckst.

Im zweiten Teil meiner Serie zu Fine Art Printing geht es nicht nur ums Drucken, sondern um die gesamte Kette des Farbmanagements. Denn die muss lückenlos stimmen. Falls du Teil eins der Serie verpasst hast, findest du ihn hier:

Das Prinzip dieses Artikels: So verständlich wie möglich, so tief wie nötig. Er ist deshalb relativ lange. Wenn du schon Vorwissen hast, kannst du dich entlang der Zwischentitel zu den Themen hangeln, die dich besonders interessieren. Am Ende findest du zudem eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.

Warum es Farbmanagement braucht

Farben und Kontraste sollen so aussehen, wie du es beabsichtigst. Vielleicht wie die Realität. Vielleicht auch anders. Wichtig ist, dass du diesen Entscheid bewusst treffen kannst. Das Problem: Von der Aufnahme bis zur Betrachtung eines Prints passieren viele Schritte automatisch – und wenn du nicht aufpasst, anders, als du es vielleicht willst.

Kameras, Monitore und Drucker haben unterschiedliche Farbräume, die sie darstellen können. Und sie benötigen teilweise Signale in unterschiedlichen Formaten. Einfach gesagt sprechen sie verschiedene Sprachen und haben unterschiedlich grosse Wortschätze.

Die Informationen müssen deshalb übersetzt werden. Von der Realität auf den Kamerasensor, vom Sensor auf den Computer, vom Computer auf den Bildschirm und vom Computer auf einen Drucker. Dafür braucht es Wörterbücher.

Diese Wörterbücher heissen im Farbmanagement ICC-Profile. Das sind Dateien, die Zahlen und mathematische Formeln enthalten. Denn Farben werden als Nummern gespeichert. Für die Darstellung am Monitor zum Beispiel im Format «Rot, Grün, Blau». Ein ICC-Profil kann diese Werte in eine andere Sprache übersetzen. Zum Beispiel in die eines Druckers, also «Cyan, Magenta, Gelb, Schwarz». Und es kann Werte von einem Farbraum in einen anderen konvertieren.

Gäbe es auf der Welt nur einen Sensor, einen Monitor, einen Drucker und ein Papier, wäre das eine einfache Sache: Jemand müsste diese Tabellen einmal korrekt berechnen und alles wäre gut. Weil es aber von allem unzählige Varianten gibt, wird es kompliziert: Es braucht nicht nur Farbprofile, die zwischen verschiedenen Sprachen übersetzen. Es braucht auch welche, die Abweichungen einzelner Geräte von der Norm korrigieren.

Willkommen in der Hölle im Farbmanagement.

Was du wie kalibrieren kannst

Von der Aufnahme bis zum Druck können drei Arten von Fehlern entstehen:

Einige Probleme lassen sich nicht gänzlich vermeiden, andere schon. Im Folgenden erfährst du, wie du drei Phasen eines Bildes kalibrieren kannst: Aufnahme, Anzeige, Druck.

Kalibrierung der Aufnahme

Farbkarten wie den ColorChecker gibt es in unterschiedlichen Grössen. Sie sind teuer, weil sie extrem genau sein müssen. Je mehr Farbfelder die Karte hat, desto exakter stimmt am Ende das Farbprofil. Meiner Erfahrung nach gibt es aber selbst dann noch Abweichungen zur Realität. Wegen des Aufwands finde ich diese Methode zudem nur für statische Setups wie eine Station für Produktfotografie sinnvoll.

Kalibrierung des Monitors

Ganz anders sieht es beim Bildschirm aus. Dessen Kalibrierung ist simpel und immer eine gute Idee. Das gilt auch, wenn du Fotos nicht für den Druck bearbeitest. Zwar sieht ein Bild auf dem nächsten Monitor sowieso wieder anders aus. Doch ein kalibriertes Gerät bietet den bestmöglichen Durchschnitt.

Kalibrierung des Druckers

Du hast dein Bild auf einem kalibrierten Monitor bearbeitet und bist zufrieden damit. Nun musst du dafür sorgen, dass es korrekt in die Sprache des Druckers übersetzt wird. Auch dafür braucht es wieder ein ICC-Profil. Jedes Druckermodell ist verschieden und auf jeder Papiersorte sehen die Tinten anders aus. Pro Drucker-Papier-Kombination brauchst du also ein eigenes Profil.

Es gibt zwei Stufen der Drucker-Kalibrierung:

Die richtigen Einstellungen

Farbmanagement muss lückenlos sein. Eine einzige falsche Einstellung reicht, um das Ergebnis zu verfälschen. Zum Glück sind viele automatisch richtig. An einigen Stellen gibt es jedoch Stolperfallen.

Einstellungen in der Kamera

Einstellungen bei der Bildbearbeitung

Bei der Bildbearbeitung kannst du zwei Fehler machen:

Einstellungen am Monitor

Falls du deinen Monitor nicht kalibrieren willst, such nach einer möglichst neutralen Einstellung. Viele Bildschirme haben zum Beispiel einen sRGB-Modus. Der ist zwar meist nicht besonders akkurat, aber besser als die übersättigten Standardeinstellungen mit zu viel Kontrast. Einige Monitore kommen ab Werk auch mit einem AdobeRGB-Modus.

Für Fine Art Printing kalibrierst du deinen Monitor aber besser selber. Dabei kannst du verschiedene Parameter bestimmen: Farbraum, Helligkeit, Gammakurve und Weisspunkt. Diese Einstellungen stimmst du auf das durchschnittliche Endgerät oder -Produkt ab. Die Faustregeln:

Die Software speichert nach der Kalibrierung das entstandene ICC-Profil automatisch am richtigen Ort und aktiviert es in den Systemeinstellungen. Sollte das aus irgendwelchen Gründen nicht klappen, kannst du es selber auswählen. Auf MacOS unter «Systemeinstellungen» > «Displays» > «Farbprofil». Auf Windows versteckt sich die Einstellung tief in den Menüs. Am einfachsten gibst du im Suchfeld «Farbverwaltung» ein.

Einstellungen beim Drucken

Fine-Art-Drucker sind ziemlich rückständige Geräte. Hier funktioniert so gut wie gar nichts automatisch oder intuitiv. Besonders, wenn du mit Papieren von Drittherstellern wie Hahnemühle arbeitest – was du meiner Meinung nach auch tun solltest (mehr dazu im nächsten Teil dieser Serie).

Du musst der Software und dem Drucker vier Dinge mitteilen:

  • Welches Format dein Papier hat
  • Welches ICC-Profil dein Papier benötigt
  • Was mit Farben ausserhalb des Druckerfarbraums passieren soll
  • Welche Druckeinstellungen dein Papier benötigt

Ärgerlicherweise sind diese Einstellungen je nach System und Programm an unterschiedlichen Stellen zu finden. Die Screenshots in diesem Artikel stammen aus Lightroom unter MacOS Sonoma.

Das Papierformat findest du in Lightroom links unten unter «Seite einrichten». In Photoshop befindet es sich hingegen im Dialogfenster der «Druckeinstellungen». Die Auswahl an Formaten ist riesig. Du könntest hier auch den randlosen Druck aktivieren. Davon raten Experten aber ab, weil der Druckkopf ein wenig über das Papier hinaus drucken muss. Das tut dem Drucker nicht gut.

  • Unter MacOS Sonoma musst du den Finder öffnen und mit gedrückter Alt-Taste im Menü auf «Gehe zu» drücken. Dort öffnest du «/Library/ColorSync/Profiles».
  • Unter Windows 11 findest du den Ordner mit den ICC-Profilen hier: «\Windows\system32\spool\drivers\color».

Danach erscheint das Profil in deinem Druckprogramm: in Lightroom in der rechten Spalte unter «Farbmanagement», in Photoshop im Druck-Fenster ebenfalls unter «Farbmanagement». Druckst du auf einem Canon-Drucker mit Canon-Papier oder auf einem Epson-Drucker auf Epson-Papier, sind die nötigen ICC-Profile im Druckertreiber integriert. In diesem Fall kannst du das Farbmanagement auf «Vom Drucker verwaltet» stellen.

Die Renderpriorität legst du direkt unterhalb des ICC-Profils fest. Sie bestimmt, was mit Farben passiert, die ausserhalb des Farbraums des Druckers liegen:

Bei vielen Fotos spielt es keine Rolle, welchen der beiden Renderprioritäten du wählst, weil der Farbraum des Bildes komplett in den Zielfarbraum passt. Ist das nicht der Fall, erzielst du je nach Bild mit «Perzeptiv» oder «Relativ Farbmetrisch» das bessere Ergebnis. Bei letzterem solltest du in Photoshop den Haken bei «Tiefenkompensierung» setzen. Lightroom macht das schon automatisch.

Die Druckeinstellungen findest du in Lightroom links unten und in Photoshop im Druck-Dialog ganz oben. Wichtig sind hier vor allem die Papier-Einstellungen. Bei Epson sind sie unter «Optionen» > «Druckereinstellungen». Bei Canon unter «Optionen» > «Qualität und Medium».

Licht beim Betrachten

Überleg dir jedoch, was mit deinem Print passieren wird. Wo hängst du ihn auf oder betrachtest ihn? Falls das Bild für einen düsteren Flur bestimmt ist, kannst du es aufhellen und Kontrast hinzufügen. Und unter Kunstlicht wirken Farben gelber als bei Tageslicht. Auch das kannst du kompensieren, wenn du willst.

TL;DR: das Wichtigste in Kürze

Farbmanagement ist ein gigantisches Thema. Schon dieser Artikel ist lang und zu jedem einzelnen Punkt gibt es auf Fachportalen riesige Abhandlungen. Hier nochmal die wichtigsten Punkte in Kürze:

Falls du dich von Farbmanagement erschlagen fühlst, lass mich dir Mut machen: Die meisten Dinge wiederholen sich oder du musst sie nur einmal korrekt einstellen. Der Aufwand lohnt sich. Ist erstmal alles eingerichtet, sparst du Zeit, Nerven und Druckmaterial – und kannst dich den kreativen Entscheidungen widmen.

Um eine kreative Entscheidung geht es auch Im dritten und letzten Teil dieser Serie: die Wahl des Papiers.

Titelbild: Samuel Buchmann

68 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


Büro
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Foto und Video
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Peripherie
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Fine Art Printing – Teil 1: Drucker

    von Samuel Buchmann

  • Hintergrund

    Fine Art Printing – Teil 3: Papier

    von Samuel Buchmann

  • Ratgeber

    Smartphone-Fotos auf Papier: Diese Mini-Drucker überzeugen

    von Michelle Brändle