Shutterstock/Marc Stephan
News & Trends

Empa-Studie: Wie laden wir künftig umweltverträglicher?

Wie lassen sich Elektroautos laden, damit die Rechnung für Klima und Kontostand aufgeht? Forschende haben Schweizer Carsharing-Daten analysiert. Sie plädieren für Technik, Transparenz und ein Anreizsystem.

Forschende der Empa und der Universität Genf haben anhand der Daten von rund 1,5 Millionen Nutzern des Carsharing-Anbieters Mobility das Ladeverhalten bei Elektroautos analysiert. Wer über das Jahr betrachtet auf den günstigsten Tarif achtet, spart im Schnitt 27 Prozent der Kosten. Wer hingegen möglichst klimafreundlich lädt, kann die Emissionen um bis zu 82 Prozent senken.

Laut der Studie produziert und exportiert die Schweiz vor allem bei hohen Strompreisen emissionsarmen Strom aus Wasserkraft. Wenn die Preise tendenziell niedrig sind, wird Strom aus fossilen Energieträgern importiert, der eine schlechte CO₂-Bilanz hat. Wohl denen, die eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach haben und den Verbrauch ihres Fahrzeugs darüber fast vollständig decken können.

  • Hintergrund

    ETH-Studie: Eigene Solaranlage liefert bis zu 90 Prozent des Stroms fürs Elektroauto

    von Martin Jungfer

Davon profitieren nur Wenige. Es kommen immer mehr E-Autos auf die Strassen, die auf öffentliche Lademöglichkeiten angewiesen sind. Deshalb steht die Carsharing-Studie exemplarisch für ein Problem, das es zu lösen gilt. Den Simulationen zufolge liesse sich bei einem CO₂-Preis von rund 30 Cent pro Kilogramm CO₂-Äquivalent klimaschonendes und preisoptimiertes Laden miteinander verbinden. Dann würde die ökonomische Wahl nicht mehr die schmutzigere sein. Dafür müssten dynamische Tarife die realen Emissionen des Stromverbrauchs abbilden.

Kosten und Emissionen kaum bekannt

«Die meisten Menschen in der Schweiz wissen nicht, wie hoch der Strompreis oder die CO₂-Emissionen im Moment des Ladens tatsächlich sind», wird der Empa-Forscher Elliot Romano in der Medienmitteilung zitiert. Die Berechnungen der Studie basieren auf stündlich wechselnden Strompreisen. Immerhin: Während bei uns lange nur Hoch- und Niedertarife für Tag und Nacht angeboten wurden, führen erste Energieversorger nun dynamische Strompreise ein.

  • Produkttest

    Isetta unter Strom: Der Microlino ist ein teurer Traum vom anderen Fahren

    von Michael Restin

Andernorts sei man bereits weiter: «In Ländern wie Dänemark sehen Nutzerinnen und Nutzer den aktuellen Strompreis per App und können bewusst ihre Ladezeiten wählen», sagt Co-Autor Sven Eggimann. Das funktioniere, aber dauerhaft brauche es automatisierte Systeme, die sich auf individuelle Präferenzen einstellen lassen und den Klima-Aspekt berücksichtigen. Dafür wären Echtzeit-Informationen zu Strompreisen und CO₂-Emissionen nötig.

Anreize sind gefragt

Da die meisten Menschen sich durch Kosten und Komfort überzeugen lassen, empfehlen die Forschenden Anreizsysteme. Neben dem errechneten CO₂-Preis könnten reservierte Parkplätze zu emissionsarmen Zeiten oder zusätzliche Gebühren bei «unflexiblem Ladeverhalten» weitere Massnahmen sein. Selbst tagsüber viel genutzte Carsharing-Fahrzeuge müssten nicht zwingend über Nacht ans Netz, wenn der Strom tendenziell schmutziger ist. «Durch kurze Ladepausen und zunehmend verfügbare Schnellladeinfrastruktur bleibt genügend Spielraum für ein emissionsarmes Laden», sagt Sven Eggimann.

Langfristig wird der steigende Strombedarf durch Elektroautos auch mit entsprechenden Optimierungen besonders im Winter zu einer grossen Herausforderung. Für das Jahr 2050 ergibt die Simulation in der kalten Jahreszeit ein Defizit von rund einer Terawattstunde pro Monat. «Dieses saisonale Versorgungsdefizit lässt sich nicht einfach mit zusätzlichen Batterien oder Tagesverschiebungen beim Laden beheben», erklärt Romano in der Medienmitteilung. «Elektrifizierung ist daher nur ein Teil der Lösung. Wer wirklich etwas fürs Klima tun will, setzt auf Carsharing, den öffentlichen Verkehr – und fährt insgesamt weniger.»

Titelbild: Shutterstock/Marc Stephan

6 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


E-Mobilität
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

News & Trends

Vom neuen iPhone bis zur Auferstehung der Mode aus den 80er-Jahren. Die Redaktion ordnet ein.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • News & Trends

    «Wie 9 Sekunden fernsehen» – von wegen: Google beschönigt KI-Ressourcennutzung

    von Debora Pape

  • News & Trends

    Putzen macht glücklich – sagt jedenfalls eine Studie

    von Stephan Lamprecht

  • News & Trends

    Vier von fünf Personen in der Schweiz haben Schlafprobleme

    von Martin Jungfer

2 Kommentare

Avatar
later