

Ein Joint fürs Mitgefühl?
In psychologischen Tests haben sich Kiffer als einfühlsamer erwiesen. Das könnte mit einer höheren Konnektivität zwischen Hirnarealen zu tun haben, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind.
Verantwortlich für die Rauschwirkung ist das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), das vor allem an CB1-Rezeptoren bindet. Zahlreiche dieser Andockstellen befinden sich im anterioren zingulären Kortex (ACC), einem Bereich der Grosshirnrinde, der eine wichtige Rolle bei mitfühlenden Empfindungen spielt. Das nahmen die Wissenschaftler um Olalde-Mathieu zum Anlass, die Empathie von Menschen zu testen, die sich regelmässig einen Joint ansteckten.
In einem ersten Teil der Studie bearbeiteten 85 Cannabiskonsumenten den kognitiven und affektiven Empathietest (TECA), der untersucht, wie gut Menschen in die Schuhe anderer schlüpfen und positive wie negative Emotionen erkennen und nachempfinden können. Verglichen mit einer aus 46 Probanden bestehenden Kontrollgruppe erzielten die Versuchspersonen unterm Strich höhere Werte, was auf mehr Empathie hinweist.
Diese Gabe könnte auf neuronale Besonderheiten zurückzuführen sein, vermuten die Autoren. Einen Teil ihrer Probanden – 46 Konsumenten und 34 Kontrollpersonen – testeten sie anschliessend mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) und stellten bei den Kiffern eine vergleichsweise erhöhte Konnektivität zwischen dem CB1-rezeptorreichen ACC und Hirnregionen fest, die mit Empathie und Emotionen zu tun haben.
«Diese Ergebnisse eröffnen spannende Möglichkeiten, Cannabis bei der Behandlung von Erkrankungen einzusetzen, die mit Defiziten während sozialer Interaktionen einhergehen, zum Beispiel Soziopathie, soziale Angst oder ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörungen», so Olalde-Mathieu.
Kein Hinweis auf Kausalität
Dafür sind jedoch weitere Studien notwendig: Die Ergebnisse des Forscherteams zeigen zwar einen Zusammenhang zwischen Empathie und Cannabiskonsum, liefern jedoch keinen Hinweis auf Kausalität. Demnach ist es zwar möglich, dass Cannabis empathisch macht. Genauso gut kann es jedoch sein, dass von Natur aus mitfühlende Menschen eine Neigung zum Kiffen haben.
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