«Du bist Profisportlerin? Und als was arbeitest du wirklich?»
Auf dem Flüelapass, 2383 m ü. M.
Hintergrund

«Du bist Profisportlerin? Und als was arbeitest du wirklich?»

Gibt es etwas Schöneres, als seine Leidenschaft zum Beruf zu machen? Seit meinem 22. Lebensjahr bin ich Profi-Sportlerin. Tagtäglich trainiere ich von morgens bis abends – was will ein Sportfanatiker mehr? Allerdings ist nicht immer alles eitel Sonnenschein.

In der Schweiz hat der Berufssportler immer noch einen eher schlechten Stellenwert. Wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde und von meinem Leben als Sportlerin berichte, höre ich öfters: «Und was arbeitest du wirklich?». Verständlich, denn wirklich viel zu Hause bin ich nicht mehr. Gerade in den Wintermonaten versuche ich, den kalten Temperaturen zu entfliehen. So kommt es vor, dass ich für längere Zeit auf den kanarischen Inseln oder an einem anderen, wärmeren Ort der Erde verweile. Während andere den ganzen Tag im Büro sitzen, schwimme, fahre oder laufe ich in der ganzen Weltgeschichte herum.

Dank meinem Beruf durfte ich bereits Orte auf der ganzen Welt besuchen, Orte die ich womöglich nie gesehen hätte ohne den Sport. Es ist schön, dass ich mit meinen erst 26 Jahren bereits so viele verschiedene Kulturen, Sprachen und Menschen rund um den Globus kennen und schätzen lernen durfte. In Cozumel, das ich als Trainingsort sehr schätze, habe ich beispielsweise jemanden kennengelernt, bei dem ich während der Trainings im Ferienhaus wohnen darf. Diese Gastfreundschaft berührt mich.

Mittlerweile habe ich mich so an die schönen Erlebnisse gewöhnt, dass mich, wenn ich zwei oder drei Monate am Stück in der Schweiz bin, das Fernweh packt. Umgekehrt vermisse ich bei längeren Auslandaufenthalten die Heimat. Ständig herumfliegen kann ich nicht: Die Reisekosten sind ein grosser Budgetposten. Besonders der Transport des Velos ist sehr teuer und kostet manchmal fast mehr als mein Ticket. Darum plane ich dann manchmal längere Aufenthalte und nehme an mehreren Rennen in einem Land teil.

Das hört sich alles sehr schön an und natürlich verstehe ich, dass man da schon mal neidisch werden kann. Aber ganz so einfach wie es aussieht und sich anhört, ist es dann eben doch nicht.

Sieben-Tage-Woche

Ich trainiere eigentlich sieben Tage die Woche, mit einem Entlastungstag. Entlastungstag bedeutet, dass ich jeweils «nur» eine Sportart trainiere. An den anderen Tagen trainiere ich jeweils fünf bis sechs Stunden und meistens zwei oder alle drei Sportarten. Das Ganze variiert nach der Intensität oder der Länge der Einheit, dazu kann ich aber sicherlich in einem späteren Beitrag noch Genaueres berichten. Wie ihr sieht, ganz so locker ist es dann doch nicht.

Ein Tag im Juli sah beispielsweise so aus: Ich fuhr um 9.30 Uhr mit meinem Rad los und war, mit einer kurzen Pause, fast sieben Stunden unterwegs, einen Pass nach dem anderen hoch und wieder runter. Mit euch teile ich natürlich nur die Bilder, die ich den ganzen Tag von der wunderschönen Landschaft gemacht habe. Dass die fast vier Stunden, die ich insgesamt aufwärts fuhr, nicht immer so lässig waren, sieht man auf diesen Fotos nicht. Oder dass ich auf den letzten 20 Kilometern, bei der fast einzigen flachen Strecke, ständig gegen den Wind ankämpfen musste, kann man auch nicht sehen. Nach dem Rad hiess es dann so schnell wie möglich umziehen, rein in die Laufschuhe und dann noch eine gute halbe Stunde im Wettkampftempo zu laufen. Um 17.30 Uhr war ich dann wieder zu Hause und war wortwörtlich den ganzen Tag am Trainieren.

Die Strecke führte von Silvaplana nach Zernez, Susch, dann vom Flüelapass runter nach Davos, dann von Davos nach Alvaneu, Albulapass hoch, runter nach La Punt und wieder zurück nach Silvaplana. Google veranschlagt für die Strecke über 12 Stunden ;)

Tage wie dieser sind sehr anstrengend und nicht immer ganz einfach. Man hat auch immer wieder Momente, in denen man fast keine Motivation mehr hat und lieber aufhören würde. Für mich sind es jedoch genau diese Trainings, die mich Tag für Tag stärker machen. Es ist wie bei jedem anderen Job: immer wieder gibt es Arbeiten oder Trainings, die man lieber macht als andere – und trotzdem müssen alle gemacht werden.

Eure Céline ☺️

7 Personen gefällt dieser Artikel


User AvatarUser Avatar

Schon im Kindesalter war Sport ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Seit 2011 habe ich den Sport zu meinem Beruf gemacht. Als Profi-Triathletin schwimme, fahre und laufe ich durchs Leben und darf dies als meine Arbeit bezeichnen. Ich freue mich, regelmässig von meinen Abenteuern rund um den Sport und aus der ganzen Welt zu berichten. 


Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Skeleton Loader

  • Skeleton Loader

  • Skeleton Loader

Kommentare

Avatar