
Hintergrund
Ausprobiert: Das hat mir ein Monat Wandpilates gebracht
von Anna Sandner
Pilates ist längst mehr als ein Fitness-Hype. Das Training bringt nachweislich jede Menge Vorteile für deinen Körper und Geist – von einer starken Mitte bis zu weniger Stress. Wie und warum Wandpilates noch leichter dabei hilft, gesund und fit zu werden, wie du die häufigsten Fehler vermeidest und drei einfache Übungen, um direkt loszulegen.
Hand aufs Herz: Wann hast du deine Wohnzimmerwand zuletzt als Trainingspartner genutzt? Wahrscheinlich nie. Dabei kann genau diese Wand dein Fitnessstudio für zu Hause werden – ganz ohne fancy Geräte oder teure Mitgliedschaft. Wandpilates kombiniert Pilates-Übungen mit der stabilen Unterstützung der Wand und das aus gutem Grund.
Wandpilates ist im Grunde Pilates mit eingebautem «Cheat-Code»: Die Wand gibt dir Feedback, hilft dir, Bewegungen präzise auszuführen und sorgt für Stabilität. Das ist gerade dann von Vorteil, wenn du neu einsteigst oder nach einer sanften, aber effektiven Trainingsmethode suchst. Du nutzt die Wand als Stütze, um klassische Pilates-Übungen zu intensivieren oder zu erleichtern. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll: Pilates-Training stärkt nachweislich die tiefe Rumpfmuskulatur, verbessert die Haltung und kann Rückenschmerzen lindern.
Mehrere Studien zeigen: (Wand-)Pilates-Übungen stärken gezielt die Muskeln rund um die Wirbelsäule. Das Ergebnis? Eine aufrechtere Haltung und weniger Rückenschmerzen – besonders für Menschen, die viel sitzen, kann das ein echter Gamechanger sein. In einer randomisierten Studie berichteten Teilnehmende nach einem Pilates-Programm über weniger Rückenschmerzen und mehr Beweglichkeit. Und auch die Flexibilität profitiert: Nach zwölf Wochen Pilates-Training wurde bei Erwachsenen eine verbesserte Beweglichkeit der hinteren Oberschenkel und der Wirbelsäule gemessen.
Nicht nur dein Rücken, auch dein Kopf wird sich freuen. Die bewusste Atmung und die Konzentration auf die Ausführung der Übungen fördern dein Körperbewusstsein und helfen dir, Stress abzubauen. Forschende fanden heraus, dass Pilates-Training die Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden steigern kann. Auch dein Gleichgewicht verbessert sich, was sich im Alltag – etwa beim Treppensteigen oder schnellen Richtungswechseln – schnell positiv bemerkbar macht.
Hier kommt die gute Nachricht: Wandpilates ist für fast alle geeignet. Egal, ob du gerade erst mit dem Training startest, nach einer Verletzung wieder einsteigen möchtest oder eine gelenkschonende Trainingsform suchst – die Wand gibt dir Sicherheit und hilft dir, Übungen korrekt auszuführen. Besonders für ältere Menschen oder Personen mit Gleichgewichtsproblemen bietet Wandpilates einen sanften Einstieg ins Training. Und auch bei chronischen Schmerzerkrankungen wurden mit Pilates-Übungen Verbesserungen bei Schmerz, Flexibilität und Angstzuständen beobachtet.
Starke Mitte: Die Core-Muskulatur – also Bauch, Rücken und Beckenboden – wird gezielt aktiviert und gestärkt. Das sorgt für mehr Stabilität im Alltag.
Bessere Haltung: Die Wand hilft dir, die Wirbelsäule in einer neutralen Position zu halten und so Haltungsschäden vorzubeugen.
Flexibilität: Dehnungen werden durch den Widerstand der Wand vertieft, die Beweglichkeit der Muskulatur verbessert sich.
Gelenkschonend: Im Vergleich zu vielen anderen Sportarten ist Wandpilates besonders sanft zu den Gelenken.
Stressabbau: Die bewusste Atmung und die langsamen, kontrollierten Bewegungen wirken mental entspannend und helfen, physische Verspannungen zu lösen.
Alltagstauglich: Alles, was du brauchst, ist eine freie Wand und eine rutschfeste Matte. Wandpilates lässt sich praktisch überall durchführen – zu Hause, bei der Arbeit oder auf Reisen.
Wenn du schon auf den Geschmack gekommen bist, kann ich dir das Buch von Pilates-Expertin Natalia Cichos-Terrero empfehlen.
Hier lernst du die Grundlagen des Pilates kennen, im Praxisteil geht’s dann direkt los mit Übungen, die du leicht in den Alltag einbauen kannst. Der Ratgeber ist schlicht, aber schön gestaltet, gut erklärt und angenehm bodenständig. Und was mir besonders gut gefällt: der wertschätzende Ton. Egal, wie fit, beweglich oder trainiert du gerade bist – alle sind willkommen.
Du willst sofort loslegen? Auch kein Problem: Hier kommen drei einfache Übungen, mit denen du es ausprobieren kannst – ganz ohne Vorkenntnisse:
Lehne deinen Rücken an die Wand, die Füße stehen hüftbreit etwa einen halben Meter entfernt. Rutsche so weit nach unten, bis deine Knie im 90-Grad-Winkel sind – als würdest du auf einem unsichtbaren Stuhl sitzen. Halte die Position 20 bis 30 Sekunden, atme ruhig weiter. Spürst du, wie deine Oberschenkel arbeiten? Perfekt!
Stell dich mit etwas Abstand zur Wand, die Hände auf Schulterhöhe an die Wand. Beuge die Arme langsam und bringe deinen Oberkörper Richtung Wand, dann drück dich wieder zurück. Beginne mit 10 bis 20 Wiederholungen, nach und nach kannst du dich je nach Kraft steigern. Achte darauf, dass dein Körper eine gerade Linie bildet – kein Hohlkreuz, kein Entenpo.
Stell dich in eine kleine Schrittstellung, die Handflächen an die Wand. Lehne dich sanft nach vorne, bis du eine Dehnung in den Waden und im Rücken spürst. Halte die Position 20 bis 30 Sekunden, dann wechsle die Seite.
Die besten Übungen helfen nichts – oder schaden sogar – wenn du sie nicht richtig ausführst. Das sind häufige Fehler, die du leicht vermeiden kannst:
Zu schnell starten: Lieber langsam und sauber als schnell und schlampig. Die Qualität der Bewegung zählt, nicht das Tempo.
Falsche Atmung: Atme bewusst und ruhig – das hilft nicht nur den Muskeln, sondern auch deinem Kopf.
Wand als Ablage statt als Trainingspartner: Nutze die Wand aktiv, spüre den Kontakt, aber lehne dich nicht einfach nur an.
Zu wenig Abwechslung: Kombiniere verschiedene Übungen, um alle Muskelgruppen zu fordern.
Nicht auf den Körper hören: Wenn etwas weh tut, sofort aufhören und gegebenenfalls medizinisches Personal fragen.
Also, worauf wartest du noch? Deine Wand ist schon bereit – und vielleicht entdeckt sie dabei auch endlich ihr wahres Talent.
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.